Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

8 38. Die Zölle. 355 
In der Vorschrift, daß Deutschland ein Zoll= und Handelsgebiet bildet, ist 
enthalten, daß die Waaren eines jeden Bundesstaates (außer aus dessen Zoll- 
ausschlüssen) in jedem anderen Bundesstaate bezüglich der Verzollung und Ver- 
steuerung wie einheimische gelten, also gleich behandelt werden (Reichsverfassung 
Art. 33, Abs. 2). Daraus folgt sodann, daß Binnenzölle eines Bundesstaates, 
wie der Gemeinden ausgeschlossen sind !, und daß aus dem Zollauslande kommende 
Waaren in allen Bundesstaaten der nämlichen (Reichs-) Abgabe unterliegen, und daß 
umgekehrt die Bedingungen für die Ausfuhr zollinländischer Waaren, aus welchem 
Bundesstaate fie auch sein mögen, die gleichen sind. Im Interesse der Zoll= und 
Handelseinheit liegt es, daß vom Reiche verzollte Gegenstände nur noch in be- 
schränktem Maße einer Verbrauchsabgabe durch die Bundesstaaten und Gemeinden 
unterliegen, und daß auch sonst die Landes= und Communalabgaben nicht bloß 
von den zollausländischen, sondern auch von den zollinländischen Consumartikeln 
möglichst eingeschränkt und jedenfalls gleiche sind. Daraus erklärt sich, daß die 
freie Verfügung der Bundesstaaten wie der Gemeinden namentlich bezüglich der 
Besteuerung von allgemeinen Gebrauchsgegenständen erheblich beschränkt ist 
(Art. 2 bis 7 des Zollvereinigungsvertrages vom 8. Juli 1867). Ferner bedingt die 
Zoll= und Handelseinheit, daß Chaussee= und Brückengelder, sowie ähnliche Abgaben 
in allen Bundesstaaten ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Benutzer 
der Chausseen, Brücken u. s. w. gleichmäßig und möglichst niedrig bemessen sind 
(Zollvereinigungsvertrag vom 8. Juli 1867, Art. 22). Endlich folgt aus diesem 
Principe, daß die Organisation der Verwaltung für die Zölle und die gemeinschaft- 
lichen Verbrauchssteuern nach gleichen Grundsätzen in allen Bundesstaaten geregelt 
wird (Art. 19 des Zollvereinigungsvertrages vom 8. Juli 1867), daß eine Ueber- 
wachung der Erhebung und Verwaltung der Zölle und gemeinschaftlichen Ver- 
brauchssteuern — eine wechselseitige oder eine reichsseitige — stattfindet (Art. 36 
der Reichsverfassung), daß auch die gleichen Normen über Bestrafung und Verfolgung 
der Vergehen und Uebertretungen wider die Zoll= und Steuergesetze gelten, daß die 
Strafen wirkungsvoll bemessen sind (Vereinszollgesetz §§ 134 ff. u. f. w.), und daß 
das Fetraptesahren energisch, zweckdienlich und mit wechselseitigen Rechtshülfen aus- 
gerüstet ist 2. 
Rechtlich wird die Zoll= und Handelseinheit gesichert durch die Ausschließlichkeit 
der Reichsgesetzgebung (Art. 35 der Reichsverfassung) „über das gesammte Zoll-= 
wesen — sowie über die Maßregeln, welche in den Zollausschlüssen zur Sicherung 
der gemeinsamen Zollgrenze erforderlich sind" 3. Vorschriften über das Zollwesen 
sind nun nicht bloß in Reichsgesetzen, sondern schon im älteren Rechte enthalten. 
Es bestimmt nämlich Art. 40 der Reichsverfassung: „Die Bestimmungen in dem 
Zollvereinigungsvertrage vom 8. Juli 1867 bleiben in Kraft, soweit 
sie nicht durch die Vorschriften dieser Verfassung geändert sind und so lange sie 
nicht auf dem im Art. 7, beziehungsweise 78 bezeichneten Wege abgeändert sind."“ 
Nun bestimmt Art. 1, Abs. 2 dieses Vertrages vom 8. Juli 1867: „Bis 
dahin" bleiben die Zollvereinigungs-Verträge vom 22. und 30. März und 11. Mai 
1833, vom 12. Mai und 10. Dezember 1835, vom 2. Januar 1836, vom 8. Mai, 
19. Oktober und 13. November 1841, vom 4. April 1853 und vom 16. Mai 1865, 
nebst den zu ihnen gehörenden Separatartikeln zwischen den vertragenden Theilen 
ferner in Kraft, soweit sie bisher noch in Kraft waren und nicht durch die folgenden 
Artikel abgeändert find 5." 
1 Vgl. hierzu § 8, Abf. 1 des Vereinsgoll= 
geseczes vom 1. Juli 1869 und weiter unten. 
Seee weiter unten. 
2 Siehe oben S. 174. 
über die Bildung und Ausführung des Deutschen 
Zoll= und Handelsvereins“, und Awar der Ver- 
trag vom 22. Mmärh 1833, dort Bd. I, S. 1(A), 
der vom 30. März 1833 (Anschluß von Sachsen) 
2 
4 Das heißt, solange der Vertrag läuft, 
letzt also für immer, da durch Abschnitt VI der 
Richswversassung das Vereinsverhältniß ein un- 
kündbares erfassungsverhältniß geworden ist. 
Die Verträge find abgedruckt in der 
„Sammlung der Verträge und Verhandlungen 
  
Rd. 1, S. 112 (B), vom 11. Mai 1833 (Anschluß 
des Thüringischen Vereins), Bd. I, S. 177 (C)h, 
vom 12. Mai 1835 (Anschluß von Baden), Bd. 11, 
S. 1 (D), vom 10. Dezember 1835 (Anschluß 
von Nassau), Bd. II, S. 200 (E), vom 2. Jan. 
1836 (Anschluß von Frankfurt), Bd. II, S. 269(F), 
237 
 
	        
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