392 Siebentes Buch. Finanzwesen.
stempelung entrichtet. Die §§ 22 bis 27 des Gesetzes finden daher auf Staats-
lotterien keine Anwendung.
Durch die Versteuerung von Reichswegen erlangen Lotterieloose nicht die
Eigenschaft, im ganzen Reiche umzulaufen. Daher gelten noch die Landesgesetze,
welche das Spielen in auswärtigen Lotterien verbieten, z. B. Verordnung, betreffend
das Spiel in auswärtigen Lotterien, sowie die Unternehmung öffentlicher Lotterien
oder Ausspielungen durch Privatpersonen (Preuß. Ges.-S. 1847, S. 261) 1. Einer
weiteren Stempelabgabe in den einzelnen Bundesstaaten unterliegen dagegen
die der Reichs-Stempelsteuer unterworfenen Werthpapiere nicht (auch keiner sog.
Taxe, Sportel und dergl.).
Dem Reichsstempel unterliegen nicht: a) gerichtliche oder notarielle Beurkun-
dungen der unter 4) bezeichneten Geschäfte, sowie die von solchen Urkunden ertheilten
Ausfertigungen, beglaubigten Abschriften und Auszüge (8 18); b) Urkunden über
Eintragung im Grundbuche.
Stempelmarken, welche nicht in der vorgeschriebenen Weise verwendet find,
werden als nicht verwendet angesehen. In Beziehung auf die Verpflichtung zur
Entrichtung der in diesem Gesetze festgesetzten Abgaben ist der Rechtsweg zulässig
binnen sechs Monaten nach der Leistung.
Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz oder die zu dessen Ausführung erlassenen
Vorschriften, welche darin mit keiner anderen Strafe belegt sind, werden mit einer
sog. Ordnungsstrafe von 3 bis 30 Mk. bestraft. Dieselbe Strafe tritt ein, wenn in
den Fällen der §§ 3, 18 und 25 sich aus den Umständen ergiebt, daß eine Steuer-
hinterziehung nicht beabsichtigt war. Die auf Grund dieses Gesetzes zu verhängenden
Strafen sind bei Genossenschaften und Actiengesellschaften gegen die Vorstandsmit-
glieder, bei Commanditgesellschaften gegen die persönlich haftenden Gesellschafter, bei
offenen Handelsgesellschaften gegen die Gesellschafter nur im einfachen Betrage,
jedoch unter Haftbarkeit derselben als Gesammtschuldner, festzusetzen. Hinsichtlich
des administrativen Strafverfahrens wegen der Zuwiderhandlungen gegen dieses
Gesetz, der Strafmilderung und des Erlasses der Strafe im Gnadenwege, der Voll-
streckung der Strafe, sowie der Verjährung der Strafverfolgung finden die ent-
sprechenden Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Wechselstempelsteuer u. s. w., vom
10. Juni 1869 (8§§ 17, Satz 1, 18, 19)2 sinngemäße Anwendung (§ 36). Die
auf Grund des Gesetzes erkannten Geldstrafen fallen dem Fiskus desjenigen Staates
zu, von dessen Behörden die Strafentscheidung erlassen ist. Die Verwandlung einer
Geldstrafe, zu deren Zahlung der Verpflichtete unvermögend ist, in eine Freiheits-
strafe findet nicht statt. Auch darf zur Beitreibung von Geldstrafen ohne Zustimmung
v — wenn dieser ein Deutscher ist, kein Grundstück subhastirt werden
8 37).
Die Reichs= und Landesbehörden haben darauf zu achten, daß das Gesetz
befolgt wird.
Die Kassen des Reichs find von der Entrichtung der durch dieses Gesetz unter
(den Tarifnummern) 1, 2, 3 angeordneten Abgaben befreit. Andere subjective Be-
freiungen finden, soweit nicht ausdrücklich Ausnahmen angeordnet sind, nicht statt.
Bei Zweifeln über Börsenpreis, Börsenusancen, kaufmännische Geschäftsformen
sind Sachverständige zu hören, welche von den Handelsvorständen bestellt werden (§ 44).
§ 41. Erhebung, Verwaltung, Controle und Rechtsweg in Ansehung
der Reichssteuern.
Art. 36, Abs. 1 der Reichsverfassung bestimmt: „Die Erhebung und Verwaltung
der Zölle und Verbrauchssteuern (Art. 35) bleibt jedem Bundesstaate, soweit der-
selbe sie bisher ausgeübt hat, innerhalb seines Gebietes überlassen."“
1 Vgl. Entsch. des Reichsger. in Straff., Bd. I, * Oben S. 375 f. Also beträgt die Ver-
S. 219, 274. Gerichtsstand ist auch an dem jährung, auch wenn die Handlung an sich eine
Orte begründet, wo die Loose untergebracht Uebertretung ist, fünf Jahre; Entsch d. Neichsger
werden sollen. in Straff., Bd. XXX, S. 283.