Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

§ 41. Erhebung, Verwaltung, Controle u. Rechtsweg in Ansehung der Reichsstenern. 393 
Zunächst ist hierbei hervorzuheben, daß diese Bestimmung nicht nur hinsichtlich 
der in Art. 35 bezeichneten Zölle und Verbrauchssteuern, sondern auch hinseichtlich 
derjenigen Steuern und Abgaben gilt, welche auf Grund des Art. 70 der Reichs- 
verfassung eingeführt sind (Stempelsteuer) oder in Zukunft eingeführt werden. Dies 
ergiebt sich u. A. schon daraus, daß das Reich eine eigene Verwaltung nur führt, 
wo sie ihm besonders übertragen ist. 
Schon zur Zeit des Zollvereins hatten ferner einzelne Staaten sich ganz oder 
theilweise des Rechts begeben, die Zölle und die gemeinschaftlichen Steuern in ihren 
Gebieten zu verwalten. Insbesondere war dies im Thüringischen Zoll= und 
Handelsverein geschehen, der seinen Sitz in Erfurt hat 1. Art. 36 will diese Ab- 
machungen nicht beseitigen, sondern bestehen lassen; keineswegs will er sie zum 
kueicherccht erheben, so daß die Abänderung derselben nach wie vor den Contrahenten 
zusteht . 
Daß die Erhebung und Verwaltung der Zölle und der gemeinschaftlichen 
Steuern den Einzelstaaten und zwar regelmäßig jedem in seinem Gebiete zustehen 
sollte, findet sich schon in den alten Zollvereinigungsverträgen ausgesprochen, z. B. 
in Art. 19 des Vertrages vom 8. Juli 1867. An letzterer Stelle ist die noch 
heute gemäß Art. 40 der Reichsverfassung gültige Vorschrift hinzugefügt: „Es 
werden daher in jedem dieser Staaten bei den Lokal= und Bezirksstellen für die 
Erhebung und Aufsicht, welche nach der hierüber besonders getroffenen Uebereinkunft 
nach gleichförmigen Bestimmungen angeordnet, besetzt und instruirt werden sollen, 
die Beamten und Diener auch ferner von der Landesregierung ernannt.“ Die 
Zoll= und Steuerbehörden find sonach Landesbehörden, die Zoll= und Steuer- 
beamten Landesbeamte. Dagegen find die Einzelstaaten (§ 16, Abs. 2 des Ver- 
trages vom 8. Juli 1867) auch dafür verbindlich, für die Diensttreue? der bei 
der Zoll-(und Steuer--) Verwaltung von ihnen angestellten Beamten und Diener 
und für die Sicherheit der Kassenlokale und Geldtransporte in der Art zu haften, 
daß Ausfälle, welche an den Zoll-(oder Steuer.) Einnahmen durch Dienstuntreue 
eines Angestellten erfolgen oder aus der Entwendung bereits eingezahlter Gelder 
entstehen, von derjenigen Regierung, welche den Beamten angestellt hat oder welche 
die entwendeten Bestände erhoben hatte, ganz allein zu vertreten sind. 
Nach Art. 3, § 6 und Art. 19 des Vertrages vom 8. Juli 1867 soll die 
Verwaltung und die Organisation der Behörden, unter Berücksichtigung der be- 
stehenden eigenthümlichen Verhältnisse, auf gleichen Fuß gebracht werden. Ueberall 
sollen (abgesehen von den thüringischen Staaten) eine oder mehrere Provinzial- 
behörden (Zoll= und Steuerdirectionen) eingerichtet werden, deren Instruction der 
Bundesrath erlassen darf, aber noch nicht erlassen hat. Als Lokalbehörden fungiren 
Zoll= und Steuerämter. Nur scheinbare Ausnahmen bestanden in den Hanse- 
städten, insofern im Jahre 1857 in Bremen und im Jahre 1868 in Lübeck und 
Hamburg „zollvereinsländische“ Zollämter errichtet und preußischen Provinzial- 
steuerdirectionen unterstellt wurden. Denn diese Staaten waren damals Zollausland, 
und die dort errichteten Zollämter erhoben die Zölle nicht für die Hansestädte, sondern 
für die Gesammtheit der Vereinsstaaten. Durch Bekanntmachung des Reichskanzlers 
vom 26. August 1872 (R.-G.-Bl. 1872, S. 376) wurde die Bezeichnung „kaiser- 
liches“ statt „zollvereinsländisches“ für diese Zollämter eingeführt. Später wurde 
die Bezeichnung „kaiserliches“ für Hamburg wieder durch „zollvereinsländisches“ 
ersetzt (R.-G.-Bl. 1884, S. 24), nachdem schon zum 1. April 1883 das kaiserliche 
Hauptzollamt in ein lübeckisches und das kaiserliche Hauptzollamt Bremen in ein 
königlich preußisches Hauptzollamt umgewandelt war". Nach dem Anschlusse von 
  
1 Art. 17 des Zollvereinigungsvertrages vom jede Nachlässigkeit. Die Praxis (Delbrück, 
10. Mai 1833 und Schlußprotokoll dazu Nr. 8,S. 78) versteht darunter, und mit Recht, nur 
Bd. 1 der Verträge, S. 159 und 166. Veruntreuungen, so daß die Staaten dem 
* Arndt, Komm., S. 174, Hänel, Staats= Reiche für bloße Versehen und Nachlässigkeit 
recht, 1, S. 407 ff., Seydel, Comm., S. 249. nicht haften. Z ç 
*s Laband, II, S. 92, Anm. 3 versteht "4 v. Aufseß, in Hirth's Annalen 1893, 
unter Dienstuntreue jede Verletzung der zurS. 359. 
Dienstpflicht gehörigen Treuverpflichtung, auch
	        
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