434 Siebentes Buch. Finanzwesen.
bayerische Militärverwaltung alljährlich in einer Generalsumme aus Reichsmitteln
zur Verfügung stellt, folgt nicht, daß es sich bei den beweglichen und unbeweglichen
Stücken des bayerischen Heeres um solche Gegenstände handelt, „welche zum dienst-
lichen Gebrauche einer Reichsverwaltung bestimmt sind“, sondern folgt viel-
mehr, daß das Gesetz vom 25. Mai 1873 keine Anwendung auf bayerische Militär=
gegenstände findet .
Würde ein Gesetz aussprechen, daß das Eigenthum, das bisher unzweifelhaft
den Bundesstaaten zustand, fortan dem Reiche zusteht, würde also eine Ent-
eignung vorliegen, so handelte es sich um eine Verfassungsänderung. Da indeß
das Gesetz vom 25. Mai 1873 nur den bis dahin bestandenen, aus der Verfassung
sich ergebenden Zustand declarirt, so bewegt sich dieses Gesetz, was auch nach den
Ansichten der verbündeten Regierungen unzweifelhaft war, im Rahmen der Reichs-
verfassung 2. Es stellt lediglich die Folgen fest, die sich aus den Artikeln 48 ff.,
54, 63 ff., 69 bis 783 der Reichsverfassung ergeben.
Schwieriger und weittragender ist die Frage, ob die einzelnen Bundesstaaten
und die Gemeinden befugt sind, das Reich (also den Reichsfiskus) zu den Landes-
und zu den Communalabgaben heranzuziehen. Es wird gesagt, daß der Reichs-
fiskus in jedem einzelnen Bundesstaate zugleich Landesfiskus sei und alle dessen
Privilegien und Rechte habe?. Dieser Satz ist unrichtig; denn wie das Reich
überhaupt, so ist es auch in vermögensrechtlicher Hinsicht durchaus von der Rechts-
persönlichkeit der Bundesstaaten verschieden. Reichs= und Landesfiskus find daher
ganz verschiedene Dinge. Richtig ist, daß der Reichsfiskus kraft pofitiver Rechts-
normen vielfach dem Landesfiskus gleichgestellt ist. So bestimmt § 1, Abf. 2 des
Gesetzes vom 25. Mai 1878: „Hinsichtlich der Befreiung von Steuern und sonstigen
dinglichen Lasten sind die im Eigenthum des Reichs befindlichen Gegenstände den
im Eigenthume des einzelnen Staates befindlichen gleichartigen Gegenständen gleich-
gestellt.“ Unstreitig ist, daß der Reichsfiskus der Landesbesteuerung nicht unter-
liegt, daß also z. B. Preußen den Reichsfiskus nicht von seinem Einkommen zur
Staatseinkommensteuer noch zu Landesstempelabgaben“ heranziehen kann. Dies
rechtfertigt sich nicht daraus, daß der Reichsfiskus in Preußen zugleich Landes-
fiskus ist 5, denn das ist er keineswegs; auch nicht daraus, daß die Kosten des
Reiches auch von Preußen aufgebracht werden 5, denn Preußen bringt doch nur
einen Theil dieser Kosten auf, hat also immerhin Vortheil von einer Steuer, die
es vom Reiche erhebt, sondern rechtfertigt sich einzig und allein daraus, weil der
Reichsfiskus sein Recht ausschließlich vom Reiche gesetzt erhält und kein Bundes-
staat so wenig über die Reichsmarine oder über die Reichspost, als über den
Reichsfiskus Gesetze geben kann #. Die Gemeinden haben kein eigenes, sondern nur
ein ihnen vom Staate übertragenes Besteuerungsrecht. Es ist daher gewiß, daß,
wenn die Bundesstaaten nicht den Reichsfiskus aus eigenem Rechte besteuern
können, dies auch von den Communen gelten muß 7. Folglich können die Ge-
meinden zwar den Landesfiskus, wenn ihnen, wie in Preußen, der Staat solches
gestattet, nicht aber den Reichsfiskus zu anderen Gemeindesteuern heranziehen als
zu solchen, denen der Reichsfiskus sich selbst bezw. durch Reichsgesetz unterworfen
hat. Daher zahlt in Preußen der preußische Staat, nicht aber das Reich Gemeinde-
einkommensteuern. Zu den Gemeinde-Grund= und -Gebäudesteuern trägt das Reich
bei, weil es Solches sich selbst auferlegt hat (§ 1, Abs. 2 des Gesetzes vom
25. Mai 1873). Indirekten Communalsteuern, z. B. der Umsatzsteuer bei Ver-
äußerung von Grundstücken, ist das Reich gleichfalls nicht unterworfen. Jedoch
1 Ebenso Laband, II, S. 831. r“e
2 Ebenso Hänel, I. S. 365, Seydel, zum Gesetzentwurf, betreffend die Steuerfreihet
Comm., S. 384; siehe auch Sten. Ber. des Reichs= des Reichseinkommens, Drucksachen des Reichs-
tages 1873, S. 22 ff., 355 ff., Güf tages 1874/75, Nr. 22 (Sten. Ber. des Reichs-
2 Laband, I S 818 ff. tages 1875, S. 166 ft. 266 ff.). Anderer Ansicht
Entsch. des Ober- Tribunals, Bd. LXX, LSabapt, II. S. 815, und Seydel, Comm.,
S. 217 ff. S. 384 f., richtig Hänek, I. S. 367, G. Meyer.
Bol. Laband, b. S. 814. Fr II, 1 Anm. 20, und G.
* Richtig Hänel, I. „S. 367. Meyer Staatsrecht, 226, Anm.