Object: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Hypothekenbanken 
  
u treffen, welche erforderlich sind, um den Ge- 
schestsbetrieb der Bank mit Gesetz, Satzung usw. 
im Einklang zu erhalten. Die wichtigsten dieser 
Befugnisse werden einzeln aufgezählt, und es 
wird die Möglichkeit vorgesehen, daß die Aufsichts- 
behörde die Aufsicht durch einen von ihr ernannten 
Staatskommissar ausüben läßt. Von dieser Mög- 
lichkeit haben sämtliche Bundesstaaten außer 
Preußen und Schwarzburg-Sondershausen Ge- 
brauch gemacht. In Preußen wird nur bei der 
Preußischen Zentralbodenkredit-Aktiengesellschaft 
die Aufsicht durch einen „Regierungs-Kommissar“ 
ausgeübt. Oberste Aufsichtsbehörde in Preu- 
ßen ist nach AE v. 13. 8. 76 das Ministerium für die 
landwirtschaftlichen Angelegenheiten. Sonst ist 
weder Gesetz noch Verordnung, welche die zu- 
ständigen Behörden bezeichnete, ergangen. Man 
wird aber die Aufsichtsführung unbedenklich den 
Geschäften der allgemeinen Landesverwaltung 
urechnen müssen, und so würde die Grundregel 
bes 53 LG zur Anwendung kommen: Die Ge- 
schäfte werden unter Oberleitung der Minister, in 
den Provinzen von den Oberpräsidenten, in den 
Reg Bezirken von den Reg Präsidenten und den Re- 
gierungen, in den Kreisen von den Landräten ge- 
führt. Ueber die rechtliche Natur der Staatsauf- 
sicht, die Zwangsmittel der zuständigen Behörden, 
die Rechtsmittel der der Aufsicht und dem Zwange 
Unterworfenen fehlen im Gesetz wie in den Ma- 
terialien jegliche Bestimmungen. Ihrer rechtlichen 
Natur nach wird man die Aufsicht für eine wirt- 
schafts-polizeiliche halten müssen. Als Zwangs- 
mittel können alsdann einzig die in dem V. Titel 
des LVG den Verw Behörden eingeräumten po- 
lizeilichen Zwangsbefugnisse in Betracht kommen, 
obwohl der Anwendung und Durchführbarkeit 
einzelner dieser Befugnisse Bedenken entgegen- 
stehen. Was die Frage nach den Rechtsmitteln 
gegen die Verfügungen der Aussichtsbehörden 
angeht, so muß man von der Erkenntnis, daß die 
durch die Aufsichtsbehörde über die HB geübte 
Aufsicht ein Ausfluß der staatlichen Polizeigewalt 
ist, dazu gelangen, 5§ 134 LVG für anwendbar 
zu erachten und damit als Rechtsmittel gegen die 
Verfügungen des Reg Präsidenten innerhalb 
zweier Wochen die Beschwerde an den Oberpräsi- 
denten und gegen den vom Oberpräsidenten auf 
die Beschwerde erlassenen Bescheid innerhalb glei- 
cher Frist die Klage bei dem OW als gegeben 
ansehen (vgl. Sontag, „Bankarchiv“ 1904 S 23). 
Praktisch ist die Frage nach diesem Instanzenzuge 
noch nicht geworden, da — eine beachtliche Tat- 
sache — die Aufsicht über die HB bisher ohne jede 
ernstere Kollision zwischen Aufsichtsbehörden und 
Banken geführt worden ist. 
Was Inhalt und Umfang des staatlichen 
Aufsichtsrechts angeht, insbesondere die Frage, ob 
der Aufsichtsbehörde neben der Ueberwachung 
des Einhaltens der für die Bank verbindlichen Vor- 
schriften auch ein Einwirken auf den Geschäfts- 
betrieb durch sachliche Anordnungen und Entschei- 
dungen zusteht, so wird letztere Ausdehnung in den 
Motiven rundweg verneint, und zwar gerade für 
den Fall, in dem die materielle Aufsicht am be- 
deutsamsten und einschneidendsten sein würde, 
nämlich bei der Sorge für Erhaltung der den 
PfBGläubigern in dem Hestande gegebenen 
Deckung. Die materielle Aufsicht wird abgelehnt, 
weil daraus dem Staate eine große Verantwort- 
  
  
lichkeit erwachsen würde, sodann, weil für eine so 
weitgehende Fürsorge weder ein Bedürfnis noch 
ein Anspruch bestehe 1). 
Allerdings bedürfen die PfB Gläubiger eines 
Organs, das in bestimmten Richtungen ihre In- 
teressen gegenüber der à5 wahrnimmt, insbeson- 
dere darüber wacht, daß für die Hpf# stets die 
nach dem Gesetz und der Satzung erforderliche 
Deckung an H vorhanden ist. Hierfür ist durch 
ein besonderes Organ Rechnung getragen, den 
von der Aussichtsbehörde für jede HB zu ernen- 
nenden und von dieser zu besoldenden „Treu- 
händer" (§95 29—36 d. G). Seine Rechtsstellung 
ist die eines Beauftragten der Aufsichtsbehörde. 
Die Kontrolle über die Wahrung des Gleichge- 
wichts zwischen PfBDeckung und umlaufenden 
Pfandbriefen sowie über den Bestand der Deckung 
wird ihm durch ins einzelne geregelte Rechte und 
Pflichten auf Mitverschluß der HPf, Böücherein- 
sicht, Bescheinigungstätigkeit usw. ermöglicht. 
Kiteratur: Ernst Engel, Der Grundkredit 
und das Kapitalbedürfnis der Grundbesitzer, befriedigt durch 
eine Preuß. Bodenkreditbank. 1862. Die H Obligationen 
ausgebenden Grundkredit-Institute (in der 8 des Kal Katist. 
Bureaus 1875); Enquete ũber das HBWesen v. 18. 8. 68 
bis 19. 6. 68: St Ber 1868; Rodbertus--Jagetzow, 
Die Ursache und Abhilfe der heutigen Kreditnot, 1868/69; 
v. Stengel, Bodenkredit und Bodenkreditanstalten 
(Annalen 1878); H. v. Poschinger, Bankwesen und 
Bankpolitik in Preußen bis 1870, 1878; J. Goldschmidt, 
Die deutschen 599, 1880; Zur Kritik der deutschen 5 
(Jahrb GC#PK erw VW 1901); Schraut, Die Organisation 
des Kredits, 1883; F. Hecht, Die staatlichen und provin- 
ziellen Bodenkreditinstitute in Deutschland, 1890; Bolct, 
B und Beleihungsgrenze, 1899; Motive zum Entwurf eines 
BGesetzes. Reichstags-Vorlage 1898/99 Nr. 106; Kom- 
mentare von H. Göppert und M. Seidel, 1910, 
Löhr 1906; F. Guttmann, Mündelsicherheit der 
deutschen PsB, 1900; Sicherung der Besitzer von 6HB Pist 
durch Staatskommissarien und Treuhänder, 1901; Liman, 
Urfachen der Krisis der S, 1901; Th. Müller= Füh- 
rer: Die HB und die Sicherheit der PB, 1902; nament- 
lich aber Hecht, Die HB, Abt. 1 und Abt. II Bd. 1 bis 
1903; Derselbe in Holtzendorffs Enzyklopädie " 1084 ff 
und in dem HW St Wunter „Oypothekenbanken“; ferner 
Sontag, Die Rechtsmittel gegen Anordnungen der den 
9 übergeordneten Aufsichtsbehörde im Bank.Archiv 1904 
S 20; Golodez, Staatsaufsicht über die HB im Jahrb- 
GVerw BW 1905; Budde, Beiträge zum Reichs-HB. Ge- 
setze, 1906/10; Löhr, Die volkswirtschaftliche Bedeutung 
der HB. 1908; Sontag, Die Gründung einer Industrie- 
B. 1909; Dannenbaum,,. Deutsche Hypotheken- 
banken, 1911; Mull y v. Oppenried, Die Hypothekar- 
anstalten in Deutschland und Oesterreich--Ungarn ? 1911. 
„Landwirtschaftliches Kreditwesen“ und die dort an- 
ge führte Literatur. Lontag. 
  
1) Der Zusammenbruch der Spielhagen-- und Pommern- 
bank gaben den Anstoß zu einer Konserenz im Preußischen 
Landwirtschaftsministerium. Auf Grund der Beschlüsse 
dieser Konserenz und des Erlasses des Preuß. Landwirt- 
schaftsministers v. 17. 11. 01 findet nunmehr eine auf 
Auskunft der HB gegründete ständige Ueberwachung der 
Geschäftstätigkeit der SB durch die Aufsichtsbehörde und 
eine alle 2—3 Jahre wiederkehrende eingehende Geschäfts- 
revision statt. Mit der letzteren ist auch eine genaue sach- 
liche Prüsung der einzelnen Beleihungen verbunden.
	        
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