8 52. Besondere Arten des Militärdienstes, besonders der Officiersdienst. 559
sie neben ihrem Beamtenverhältniß noch in einem Militärverhältniß stehen, d. h.
einen Militärrang! haben, oder Civilbeamte, wenn fie einen Militärrang
nicht besitzen. Ob fie einen Diensteid geleistet haben, ist unerheblich (Anlage-Abth. B
zum Militär-Strafgesetzbuch vom 20. Juni 1872, § 38, A und C des Reichs-
Militärgesetzes vom 2. Mai 1874). Beide Beamtenklassen gehören nicht zum
Soldatenstande (§ 157 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichs-
beamten, vom 31. März 1873, R.-G.-Bl. 1873, S. 61); sie find zum Waffendienst
nicht verpflichtet; sie find frei in der Annahme des Amts. Die Civilbeamten
unterstehen dem allgemeinen Beamtenrecht, das später erörtert werden wird. Die
Militärbeamten gehören zu den Militärpersonen (§ 4 des Militär-Strafgesetzbuchs).
Militärbeamte, die im Officierrange stehen, find obere Militärbeamte; alle
anderen Militärbeamten find untere Militärbeamte (Verzeichniß B zu § 4
des Militär-Strafgesetzbuchs).
Die Militärbeamten der Marineverwaltung find unmittelbare Reichsbeamte,
da fie gemäß Art. 18 und 53 der Reichsverfassung vom Kaiser oder im Namen
des Kaisers angestellt werden. Militärbeamte der Heeresverwaltung find sogenannte
mittelbare Reichsbeamte; sie sind zwar angestellt von den Contingentsherren, fie
find aber Reichsbeamte im Sinne des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der
Reichsbeamten, weil nach § 1 „Reichsbeamter im Sinne dieses Gesetzes jeder Be-
amter ist, welcher entweder vom Kaiser angestellt oder nach Vorschrift der
Reichsverfassung den Anordnungen des Kaisers Folge zu leisten
verpflichtet ist“. Letzteres gilt aber für Militärbeamte, da fie gemäß der Vor-
schrift in Art. 64, Abs. 1 der Reichsverfassung verpflichtet find, den Befehlen des
Kaisers unbedingte Folge zu leisten. Die Militärbeamten der Kaiserlichen Schutz-
truppen gehören zu den unmittelbaren Reichsbeamten (§5 2 und 3 des Gesetzes,
betreffend die Kaiserliche Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika, vom 22. März 1891,
R.-G.-Bl. 1891, S. 53, und § 2 des Gesetzes, betr. die Kaiserlichen Schutztruppen für
Südwestafrika und für Kamerun, vom 9. Juni 1895, R.-G.-Bl. 1895, S. 258).
Die von Bayern angestellten Militärbeamten sind auch nicht mittelbare Reichsbeamte,
da sie den Befehlen des Kaisers nicht im Frieden, sondern erst im Kriege, und
zwar von Beginn der Mobilmachung, Folge zu geben haben. Die Bedingungen
der Anstellung für Militärbeamte bestimmt (abgesehen von Bayern) gemäß § 7
des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 der Kaiser. Zu richterlichen Militär-
justizbeamten kann nur berufen werden, wer die Befähigung zur Bekleidung eines
Richteramts in einem Bundesstaate erworben hat. Die vom Kaiser auf Vorschlag
des Bundesraths ernannten Senatspräsfidenten und Räthe des Reichsmilitärgerichts
müssen (§ 80 der Militärstrafgerichtsordnung) in Gemäßheit des §5 37 des
Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Januar 1877 zum Richteramt befugt sein und
das 35. Lebensjahr vollendet haben.
Die Militärbeamten werden von dem Contingentsherrn (oben § 48) ernannt,
leisten diesem den Diensteid, die nichtpreußischen mit dem Zusatze, daß sie den Be-
fehlen des Kaisers unbedingte Folge leisten. Es gilt für den Dienst der Militär-
beamten, auch für Reverse, die sie ihrem Landesherrn ausstellen, Dasjenige, was
für den für die Officiere vorgeschrieben ist.
Die Militärbeamten unterstehen nach § 39 des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai
1874 der Militärgerichtsbarkeit. Dies ist aufrechterhalten in § 1 der Militärstrafgerichts-
ordnung vom 1. Dezember 1898 (R.-G.-Bl. 1898, S. 1189), wonach (§ 1) der
Militärstrafgerichtsbarkeit — soweit nicht die folgenden Paragraphen ein Anderes
bestimmen — wegen aller strafbaren Handlungen unterstellt find: 1. die Militär-
personen des aktiven Heeres und der Marine. Im Frieden werden Militär-
beamte wegen strafbarer Handlungen (mögen diese innerhalb oder außerhalb ihres
Amtes begangen sein) nach den allgemeinen Strafgesetzen beurtheilt (58 3 und 154
des Militär-Strafgesetzbuchs vom 20. Juni 1872, R.-G.-Bl. 1872, S. 174). „Im
Felde“ kommt § 153 des Militär-Strafgesetzbuchs zur Anwendung: „Ein Militär-
1 Der Militärrang braucht kein bestimmter
Strafrecht 1883, S. 81 ff., und in v. Stengel's
zu sein, Hecker, in Goltdammer's Archiv für
Wörterbuch, II. S. 126, Anm. 1.