Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

5 52. Besondere Arten des Militärdienstes, besonders der Officiersdienst. 561 
der Zeit verhängt werden, während deren fie unter den Kriegsgesetzen stehen. Im 
Uebrigen üben die Militärbefehlshaber die Disciplinarstrafgewalt über die Militär- 
beamten nach dem Rang der letzteren innerhalb der Grenzen der §§ 8 bis 20 der 
Disciplinarstrafordnung aus 1. Die Entfernung aus dem Amte kann kein Militär- 
befehlshaber im Disciplinarwege gegen Militärbeamte verfügen. Da es daher bei 
den nur einem Militärbefehlshaber und dessen Disciplinarbefugniß untergeordneten 
Beamten an einem Disciplinarwege zu ihrer Entfernung aus dem Amte im Frieden 
gefehlt haben würde, ist das Erforderliche in den §§ 120—122 des Reichsbeamten- 
gesetzes vorgeschrieben, nämlich Folgendes: gegen Militärbeamte, welche ausschließlich 
unter Militärbefehlshabern stehen, verfügt der commandirende General des Armee- 
corps bezw. der Chef der Admiralität die Einleitung der Untersuchung und ernennt 
den Voruntersuchungsbeamten. Die entscheidende Disciplinarbehörde erster Instanz 
ist die Militär = Disciplinarkommission. Für jedes Armeecorps tritt die Militär- 
Disciplinarkommission am Garnisonorte des Generalcommandos zusammen. Sie 
wird aus einem Obersten als Vorsitzenden und sechs anderen Mitgliedern gebildet, 
von denen drei zu den Stabsofficieren, Hauptleuten oder Rittmeistern, die übrigen 
zu den oberen Beamten der Militärverwaltung gehören müssen. Die Militär- 
Disciplinarkommissionen für die Marine haben ihren Sitz in Kiel für die Ostsee- 
und in Wilhelmshaven für die Nordseestation? und bestehen aus einem Capitän 
zur See als Vorsitzenden und sechs anderen Mitgliedern, von denen drei zu den 
Stabsoffieieren der Marine oder zu den Capitänleutnants, die übrigen zu den oberen 
Beamten der Marineverwaltung gehören. Die Mitglieder der Kommission werden 
von der obersten Reichsbehörde ernannt, das ist das Kriegsministerium und bei 
Marineofficieren die Kaiserliche Admiralität5. In zweiter Instanz entscheidet der 
Disciplinarhof“. Die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft bei den Militär- 
Disciplinarbehörden werden vom Corpsauditeur bezw. Marine-Stationsauditeur 
wahrgenommen. Im Behinderungsfalle wird vom Kriegsministerium bezw. von 
der Admiralität ein anderer Auditeur mit der Stellvertretung beauftragt (§ 122 
des Reichsbeamtengesetzes). 
Militärbeamte, die unter Vorbehalt des Widerrufs oder auf Kündigung an- 
gestellt find (z. B. Büchsenmacher), werden durch Kündigung oder Widerruf ent- 
lassen. Für zwangsweise Pensionirung kommt das Reichsbeamtengesetz zur An- 
wendung, also die §§ 60 à35, 61—68. Für richterliche Militärjustizbeamte gilt 
das Gesetz, betr. die Dienstvergehen der richterlichen Militärjustizbeamten und die 
unfreiwillige Versetzung derselben in eine andere Stelle oder in den Ruhestand, vom 
1. Dezember 1898 (R.-G.-Bl. 1898, S. 1297). 
Bezüglich der Beurlaubung von Militärbeamten gilt die Verordnung vom 
2. November 1874 (Armeeverordnungsbl. 1875, S. 127), wonach der Minister 
Urlaub ohne Zeitbeschränkung, die commandirenden Generale, der Chef des General- 
stabs, die Generalinspecteure, der Commandeur des Cadettencorps, der Director der 
Kriegsakademie, der Generalstabsarzt, die Feldpröpste, Corps-Intendanten, Corps- 
Generalärzte u. A. Urlaub bis zu 1½ Monaten an lebenslänglich und Urlaub bis 
zu 3 Monaten an die auf Probe, Kündigung u. s. w. angestellten Beamten ertheilen 
dürfen. Die Regimentscommandeure u. s. w. dürfen Urlaub bis zu 14 Tagen er- 
theilen. Militärbeamte, die im doppelten Unterordnungsverhältniß stehen, können 
seitens der Verwaltungsvorgesetzten nur im Einverständniß mit dem Militärbefehls- 
haber beurlaubt werden. 
1 Siehe noch weiter unten § 33. änderung des Reichsbeamtengesetzes, und des Ge- 
2 Allerhöchster Erlaß, betr. die Veränderung setzes, betr. die Fürsorge für die Wittwen und 
der Organisation der Marine-Intendantur, vom Waisen der Reichsbeamten der Eivilverwaltung 
18. Juni 1872 (R.-G.-Bl. 1872, S. 361). vom 20. April 1881, vom 21. April 188 
à Val. Anlage A, 1 zum Reichsbeamtengesetz (R.-G.-Bl. 1886, S. 80): f. auch Gesetz, betr. 
und weiter unten. Abänderungen des Reichsbeamtengesetzes vom 
4 Vgl. auch Motive zum Reichsbeamtengesetz 31. März 1873, vom 25. Mai 1887 (R.-G.-Bl. 
S 77 und Sten. Ber. des Reichstages 1873,/1887, S. 194 
39. * Armeeverordnungsbl. 1875, S. 129. 
5 # 60 a beruht auf dem Gesetz, betr. die Ab- 
Arndt, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. 36
	        
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