Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

680 Achtes Buch. Reichskriegswesen. 
leistungsgesetzes hin: „Für Leistungen, durch welche einzelne Bezirke, Gemeinden oder 
Personen außergewöhnlich belastet werden, sowie für alle durch den Krieg verursachten 
Beschädigungen an beweglichem und unbeweglichem Eigenthum, welche nach den 
Vorschriften dieses Gesetzes nicht, oder nicht hinreichend entschädigt werden, wird der 
Umfang und die Höhe der etwa zu gewährenden Entschädigung und das Verfahren 
bei Feststellung derselben durch jedesmaliges Spezialgesetz des Reichs bestimmt.“ 
§ 57. Die Kriegsmarine 2. 
Die Kriegsmarine führte in der Verfassung des Norddeutschen Bundes die 
Bezeichnung „Bundesmarine“ und führt jetzt in Art. 58, Abs. 4 der Reichs- 
verfassung und sonst die Bezeichnung „Kaiserliche Marine“. Diese Bezeichnung ist 
mit Rücksicht auf die seemännischen Ueberlieferungen gewählt, um den Zusammen- 
hang zwischen Kaiser und Marine auszudrücken 2. Die Kaiserliche Marine ist zu- 
gleich eine Reichsmarine. Sie ist nicht bloß eine einheitliche, sondern auch nur 
eine und zwar eine ünmittelbar vom Reiche und von Reichsorganen verwaltete 
Marine ?. In der Sache, namentlich für den Kriegsfall, steht sie nicht mehr und 
nicht weniger zur Verfügung des Kaisers wie das Landheer. Der Unterschied liegt 
nur in der äußerlichen Organisation und Verwaltung". Alle in Bezug auf die 
Kriegsmarine ergehenden Anordnungen erfolgen unmittelbar von Reichswegen. Die 
auf die Kriegsmarine Bezug habenden An-- und Verordnungen, die einer Gegen- 
zeichnung bedürfen, sind vom Reichskanzler oder dessen Stellvertreter 3 gegen- 
zuzeichnen. Der gleiche Unterschied zwischen den sogenannten Armeebefehlen und 
Armeeverordnungen“" gilt auch für die Kriegsmarine. Früher, d. h. vor Errichtung 
des Norddeutschen Bundes, war der Unterschied vielfach verwischt; erst durch den 
Allerhöchsten Erlaß, betreffend die Trennung des Oberkommandos der Marine und 
der Verwaltung derselben, vom 30. März 1889 (R.-G.-Bl. 1889, S. 47) ist der 
Unterschied wieder klar festgestellt worden. Das Obercommando steht demnach dem 
commandirenden Admiral, die Verwaltung dem Reichskanzler bezw. Reichs-Marine- 
amte zu. In Ansehung des Commandos besteht eine Verantwortung gegenüber dem 
Reichstage nicht, wohl aber in Ansehung der Marineverwaltung ?. 
Das Recht zum Erlasse von Ausführungsverordnungen, welches auf Grund 
Art. 7, Ziff. 2 der Reichsverfassung dem Bundesrath gebührt, kommt in Ansehung 
der Kriegsmarine gemäß Art. 53, Abs. 1 der Reichsverfassung dem Kaiser zus. 
Aus den Worten in Art. 53, Abs. 1: „Die Organisation und Zusammensetzung 
liegt dem Kaiser ob . folgt, daß nach der Absicht der Reichsverfassung die 
Organisation der Kriegsmarine — im Gegensatz zum stehenden Heere, für welches 
nur die allgemeinen Normen vom Reiche erlassen find, die Durchführung der- 
selben unter der Oberaufsicht des Reiches aber den Bundesstaaten obliegt — von 
Reichswegen nicht nur geregelt, sondern auch durchgeführt werden soll. Es ergiebt 
sich daraus serner, daß die Organisation der Kriegsmarine und deren Präsenz- 
stärke — gleichfalls im Gegensatz zum Landheere — nicht auf eine gesetzliche 
Grundlage gestellt, sondern dem Verordnungswege überlassen werden sollte. Selbst- 
redend war und ist der Kaiser bei Ausübung des ihm zustehenden Verordnungs- 
rechts an die besonderen, in Ansehung der Kriegsmarine getroffenen gesetzlichen 
Bestimmungen, z. B. das Etatsgesetz, das Wehr-(Kriegsdienst-)Gesetz, Militärgesetz, 
Controlgesetz, gebunden. Im Rahmen dieser Gesetze schließt sein Verordnungsrecht 
nicht nur den Erlaß von organisatorischen, sondern auch von Rechtsvorschriften in 
  
1 Literatur: Pereks, in v. Stengel's * Weiter unten. 
Wörterbuch, II. S. 1010 ff. * Oben S. 464, 465 a. U. ç 
2* Vgl. die Erklärung des bayerischen Bundes- 7 Die Abgrenzung des Geschäftskreises zwischen 
rathsbevollmächtigten v. Lutz in den Sten. Ber. Commando und Vermalkung ist durch den Aller- 
  
des Reichstages 1871, S. 157. höchsten Erlaß vom 17. März 1893 erfolgt 
* Oben S. 454, Seydel, Comm., S. 300, (Marineverordnungsbl. 1893, S. 87). 
G. -Azer, 199, u. A. m. " Arndt, Verordnungsrecht, S. 122 ff., Sey- 
4 Oben S. 454 . del, Comm., S. 300, u. A. m.
	        
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