Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

8 58. Allgemeines. 637 
Landesbehörden, die Kriegsministerien u. s. w. verwalten das Heerwesen aber nicht 
allein Namens und für Rechnung der Einzelstaaten, sondern auch Namens und für 
Rechnung des Reiches. Sie berechtigen und verpflichten unmittelbar das Reich; 
Namens des Reichs z. B. bestimmt der preußische Kriegsminister, was das Reichs- 
beamtengesetz innerhalb seines Ressorts den obersten Reichsbehörden aufträgt. Daher 
sind die Kriegsminister, Gouverneure, Commandanten, Regiments= und Bataillons- 
commandeure nicht bloß Landes-, sondern zugleich Reichsbehörden, als welche sie 
in der Kaiserlichen Verordnung, betreffend die Zuständigkeit der Reichsbehörden zur 
Ausführung des Gesetzes vom 31. März 1873 und die Anstellung der Reichs- 
beamten, vom 23. November 1874 (R.-G.-Bl. 1874, S. 135) und vom 27. Dezember 
1899 (R.-G.-Bl. 1899, S. 730) zutreffend bezeichnet sind ¼. Sie find nicht bloß 
unter der Aussicht, sondern unter der Leitung (Oberbefehl) des Kaisers thätig. 
Es giebt zwei Arten von Reichsbeamten, die unmittelbaren und die 
mittelbaren Reichsbeamten. Ersteres sind alle Beamte, die der Kaiser ernennt 
oder die Namens des Kaisers ernannt werden; letzteres die, welche zwar nach Vor- 
schrift der Reichsverfassung den Befehlen des Kaisers zu gehorchen haben, aber 
Namens eines Bundesstaates angestellt werden. Das Recht des Kaisers, die un- 
mittelbaren Reichsbeamten zu ernennen oder ernennen zu lassen, gründet sich auf 
Art. 18 der Reichsverfassung. Dieser Artikel bezieht sich nicht auf diejenigen von 
den Bundesstaaten ernannten Beamten, welche zwar verfassungsmäßig, wie die Post- 
und Militärbeamten, verpflichtet sind, den Anordnungen des Kaisers Folge zu 
leisten, aber nicht vom Kaiser bezw. vom Reiche ernannt werden 2. Nur die un- 
mittelbaren Reichsbeamten sind berechtigt, sich kaiserlich zu nennen, wie dies der 
Allerhöchste Erlaß vom 3. August 1871, betreffend die Bezeichnung der Behörden 
und Beamten des Deutschen Reichs, sowie die Feststellung des Kaiserlichen Wappens 
und der Kaiserlichen Standarte, Ziff. 1 (R.-G.-Bl. 1871, S. 318) ausspricht. Zu 
den unmittelbaren Reichsbeamten gehören auch die Beamten der Reichsbank nach 
§ 28 des Bankgesetzes5. Ob auch die Landesbeamten in Elsaß-Lothringen“ und 
die Landesbeamten in den deutschen Schutzgebieten, mag hier dahingestellt bleiben. 
Dagegen gehören unstreitig zu den unmittelbaren Reichsbeamten die den Kaiser- 
lichen Schutztruppen zugetheilten Beamten 5. Die mittelbaren Reichsbeamten sind 
primo loco Landesbeamtes. 
Aus der Vorschrift in Art. 18 der Reichsverfassung, daß der Kaiser die 
Reichsbeamten ernennt, folgt nicht, daß er Organe mit behördlichen Funktionen, 
d. h. mit dem Rechte, zu gebieten und zu verbieten, ohne Weiteres einsetzen darf 7. 
Vielmehr können solche Organe stets nur durch Reichsgesetz geschaffen werden 3. Dagegen 
  
1 S. auch oben S. 483 f.; Laband, Reichs- 
staatsrecht, I, S. 325, u. A. erblicken in ihnen 
nur Landesbehörden. 
1876, S. 903, Anm. 1, G. Meyer, Staats- 
recht, 5 144, Löning, Verwaltungsrecht, S. 77, 
Rehm, in Hirth's Annalen 1885, S. 71 
2 Vgl. Sten. Ber. des Reichstages 1872/73, 
S. 173, 905, 907, Erk. des Reichsgerichts vom 
4. Mai und 26. Oktober 1880, Entsch. in Civilf., 
Bd. 1, S. 306, Bd. II, S. 104, Erkenntniß des 
Disciplinarhofes im Centr.-Bl. für d. Deutsche 
Reich 1874, S. 145. 
2 S. oben S. 269, ferner § 1 der Verord- 
nung vom 19. Dezember 1875, betreffend die 
Anstellung der Beamten und die Zuständigkeit 
Lur Ausführung des Gesetzes vom 31. März 1873 
ei der Verwaltung der Reichsbank (R.-G.-Bl. 
1875, S. 378), und § 1 der Verordnung vom 
23. Dezember 1875, betreffend die Pensionen und 
Kautionen der Reichsbankbeamten (R.-G.-Bl. 
1875, S. 380), und Verordnung vom 20. Juni 
1886 wegen Ergänzung der Verordnung vom 
23. Dezember 1875, betreffend die Pensionen und 
Kautionen der Reichsbankbeamten, und der Ver- 
ordnung, betreifend die Fürsorge für die Wittwen 
und Waisen der Reichsbankbeamten (R.-G.-Bl. 
1886, S. 203). 
* Vgl. hierzu Stengel, in Hirth's Ann. 
  
Bagl. Gesetz, betreffend die Kaiserliche Schutz- 
truppe für Deutsch Ostafrika, vom 22. März 
1891 (R.-G.-Bl. 1891, S. 53) und Gesetz, be- 
treffend die Kaiserlichen Schutztruppen für Süd- 
westafrika und für Kamerun, vom 9. Juni 1895 
(R.-G.-Bl. 1895, S. 258). 
* S. auch das Erk. des Reichgerichts vom 
. Quober 1880, Entsch. in Civils., Bd. II, 
7 S. Arndt, Verordnungsrecht, S. 152 ff., 
dem Laband, I, S. 329 f., zustimmt. 
8 Beispiele: Reichsverfassung Art. 15 (Reichs- 
kanzler), Art. 53 (Admiralität), Gesetz, betreffend 
die Verwaltung der nach Maaßgabe des Gesetzes 
vom 9. November 1867 aufzunehmenden Bundes- 
anleihe, vom 19. Juni 1868 (B.-G.-Bl. 1868, 
S. 339, Reichsschulden-Kommission), Gesetz, be- 
treffend die Kontrole des Bundeshaushalts für 
die Jahre 1867 bis 1869, vom 4. Juli 1868 
(B.-G.-Bl. 1868, S. 433, Nechnungshof), Maa#- 
und Gewichtsordnung vom 17. August 1868 
(B.-G.-Bl. 1868, S. 473, Normal-Eichungs-
	        
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