714 Zehntes Buch. Answärtige Berwaltung.
Norddeutschen Bunde, Bayern, Württemberg und Baden vom 23. November 1867
(B.-G.-Bl. 1868, S. 41) bleibt 1. Außerdem ist im Schlußprotokolle zum Ver-
trage, betreffend den Beitritts Bayerns zur Verfassung des Deutschen Bundes,
vom 23. November 1870 (B.-G.-Bl. 1871, S. 9) unter XI bestimmt: „Es wurde
allseitig anerkannt, daß bei dem Abschlusse von Post= und Telegraphen-Verträgen
mit außerdeutschen Staaten zur Wahrung der besonderen Landesinteressen Vertreter
der an die betreffenden außerdeutschen Staaten angrenzenden Bundesstaaten zu-
gezogen werden sollen, und daß den einzelnen Bundesstaaten unbenommen ist, mit
anderen Staaten Verträge über das Post= und Telegraphenwesen abzuschließen,
sofern fie lediglich den Grenzverkehr betreffen.“ Im Schlußprotokolle zum Vertrage
zwischen dem Norddeutschen Bunde, Bayern, Württemberg, Baden und Hesfen, die
Fortdauer des Zoll= und Handelsvereins betreffend, vom 8. Juli 1867 (B.-G.-Bl.
1867, S. 81) ist unter Ziff. 8 bestimmt: „Preußen wird, unbeschadet seiner aus-
schließlichen Berechtigung, im Namen des Vereins Handels= und Schiffahrtsverträge
mit fremden Staaten einzugehen, bei Verträgen mit Oesterreich und der Schweiz
die angrenzenden Vereinsstaaten zur Theilnahme an den dem Abschluß voran-
gehenden Verhandlungen einladen. Im Falle eine Uebereinstimmung nicht zu
erzielen, wird es dessenungeachtet bei der Bestimmung des § 6 sein Bewenden
haben.“ Unzweifelhaft ist diese Bestimmung interner Natur, ihre Nichtbefolgung
hat keine Wirksamkeit in Bezug auf die Verbindlichkeit des Vertrages, und
es haben die Vertreter der Grenzstaaten ihre Legitimation, an dem Abschlusse
solcher Verträge mitzuwirken, nicht von ihrem Heimathsstaate, sondern vom Kaiser
zu erhalten 2. Wenn aber die Bundesstaaten nicht mehr Verträge über Zölle und
gemeinschaftliche Steuern abschließen dürfen, so steht es ihnen durchaus frei, Ver-
träge über die Verwaltung und Erhebung derselben abzuschließen". Daher
können sie unter einander vereinbaren, daß die Verwaltung und Erhebung zwischen
mehreren Staaten oder Theilen von Staaten gemeinschaftlich erfolgen soll.
Aus den Eingangsworten und Art. 11 der Reichsverfassung, aus dem Um-
stande, daß dem Kaiser im Kriege wie im Frieden der alleinige militärische Befehl
über Kriegsflotte und stehendes Heer zusteht, ergiebt sich, daß die einzelnen
Bundesstaaten Kriegs= oder Friedens-, Schutz= oder Trutzbündnisse mit dem Aus-
lande nicht abschließen dürfen, noch mit irgend welcher legitimen Wirkung abschließen
können. Ein Vertrag eines Bundesstaates, mit seinen Truppen einer auswärtigen
Macht zu Hülfe zu kommen, enthält für Die, welche den Vertrag abschließen und
ausführen oder an der Ausführung theilnehmen, das Verbrechen des Hoch= und
Landesverraths (§§ 80—93 des Reichs-Strafgesetzbuchs). Daneben finden für Per-
sonen des Soldatenstandes die §§ 56 ff. des Militär-Strafgesetzbuchs vom 20. Juni
1872 (R.-G.-Bl. 1872, S. 174) Anwendung.
Ueber Gegenstände, welche durch Verträge des Reiches geregelt find, z. B.
Eisenbahn, Staatsangehöbrigkeit, Schutz des geistigen Eigenthums, können die Bundes-
staaten Verträge mit dem Auslande nur so weit abschließen, wie sie über solche
reichsgesetzlich geregelten Gegenstände noch Landesgesetze erlassen können. Verträge
oder Gesetze der einzelnen Bundesstaaten, welche mit den Reichsverträgen oder
Reichsgesetzen in Widerspruch stehen, find ohne Weiteres aufgehoben 5, ebenso, soweit
sie sich mit Reichsverträgen inhaltlich decken . Dies folgt nicht blos aus Art. 2
der Reichsverfassung, noch blos aus der Erwägung, daß sonst jeder einzelne Bundes-
staat einer vom Reiche beabsichtigten Gesetzgebung zuvorkommen und fie vereiteln
könnte, wenn er einen Staatsvertrag schließt 7, sondern bezüglich der Reichsverträge
1 Art. 52, Abs. 3 der Reichsverfassung. Monarchie wegen Beglaubigung der von öffent-
2 D. i. jetzt in Art. 11 der Reichsverfassung. lichen Behörden und Beamten ausgestellten oder
S. auch Seydel, Comm., S. 166. beglaubigten Urkunden, vom 25. Februar 1880,
4 Reichsverfassung Art. 38, oben S. 392 f. Art. 6 (R.-G.-Bl. 1881, S. 4), Laband, 1,
5 Erkenntniß des Reichsgerichts vom 3. Juni S. 638.
1881 (Entscheid. in Straff., Bd. IV, S. 274), 7 Laband, I, S. 688, Anm. 4, Riedel,
Proebst, lc. S. 257 ff., Laband, I1. S. 678. Verfassungsurkunde, S. 105, Thudichum,
* Anerkannt in dem Vertrage zwischen dem S. 251.
Deutschen Reich und der Oesterreich-Ungarischen