Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

716 Zehutes Buch. Answirtige Verwaltung. 
Anweisungen vorsätzlich zuwiderhandelt, oder welcher in der Absicht, seinen Vor- 
gesetzten in dessen amtlichen Handlungen irrezuleiten, demselben erdichtete oder ent- 
stellte Thatsachen berichtet.“ 
Besondere Aufgaben find ihnen in der Civilprozeßordnung gestellt. § 199: 
„Eine im Auslande zu beurkundende Zustellung erfolgt mittels Ersuchens der zu- 
ständigen Behörde des fremden Staates oder des in diesem Staate refidirenden 
Konsuls oder Gesandten des Reichs“, und § 438, Abs. 2: „Zum Beweise der 
Echtheit einer solchen (von einer ausländischen Behörde oder von einer mit öffent- 
lichem Glauben versehenen Person des Auslandes ausgestellten) Urkunde genügt die 
Legalisation durch einen Konsul oder Gesandten des Reichs.“ Die Gesandten 
können Pässe zu Reisen in das deutsche Reichsgebiet ausstellen (§ 6, Ziff. 2 des 
Gesetzes über das Paßwesen, vom 12. Oktober 1867, B.-G.-Bl. 1867, S. 838). 
Sie können endlich zu Standesbeamten im Sinne des Gesetzes, betreffend die Ehe- 
schließung und die Beurkundung des Personenstandes von Bundesangehörigen im 
Auslande, vom 4. Mai 1870 (B.-G.-Bl. 1870, S. 599), § 1, erklärt werden. 
Die Sondervorschriften, welche z. B. nach preußischem Recht (Gesetz über die 
Testamente der Preußischen Gesandten und gesandtschaftlichen Personen bei fremden 
Höfen, während ihres Aufenthalts im Auslande, vom 3. April 1823, G.-S. 1823, 
S. 40) über die Errichtung von Testamenten durch Gesandte im Auslande galten, 
find mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch beseitigt. 
Völkerrechtlich zerfallen die Gesandten nach den beiden Staatsverträgen zu 
Wien vom 19. März 1815 und zu Aachen vom 21. November 1818 in folgende 
Klassen: I. Botschafter, welche von den Staatsoberhäuptern unmittelbar be- 
glaubigt werden und als persönliche Stellvertreter ihres Souveräns gelten (den 
vcaractère représentatif“ besitzen); solche Botschafter wechselt das Reich zur Zeit 
mit Oesterreich= Ungarn, Rußland, Italien, Großbritannien, Frankreich, Türkei, 
Spanien und der Nordamerikanischen Union; II. Gesandte oder bevollmächtigte 
Minister; auch diese werden zwar direct von Staatsoberhaupt zu Staatsoberhaupt 
beglaubigt, haben jedoch nicht den sog. caractre représentatif; III. Minister- 
residenten, welche zwar auch von Staatsoberhaupt zu Staatsoberhaupt beglaubigt 
werden, jedoch in der Gesandtenhierarchie noch unter den Gesandten rangiren?; 
IV. die Geschäftsträger, die nur vom Auswärtigen Amte beglaubigt werden. 
Staatsrechtlich haben diese Unterscheidungen keine Bedeutung. Ebensowenig besteht 
staatsrechtlich ein Unterschied zwischen ständigen und unständigen Gesandten, un- 
beschadet der Rechtsfolgen, welche sich nach dem Reichsbeamtenrecht aus der endgültigen 
oder probeweisen Anstellung eines Beamten ergeben. 
Für die Beamten der Gesandtschaften gilt, soweit es Civilpersonen sind, das 
Reichsbeamtenrecht und, soweit es Militärpersonen find, gelten die Militärgesetze. Be- 
sondere Voraussetzungen für die Bekleidung der Aemter eines Gesandten stellen die 
Gesetze des Deutschen Reiches nicht auf. 
Daß deutsche Gesandte im Auslande nach dem Rechte des Deutschen Reiches 
leben (Verträge schließen, Testamente errichten, beerbt werden), ist ein zwar oft 
aufgestellter, aber in dieser Allgemeinheit unrichtiger Satz. Im Allgemeinen gilt 
z. B. für den Botschafter des Deutschen Reiches in Paris, solange er sich in Frank- 
reich aufhält, der Code civil und nicht das Bürgerliche Gesetzbuch. In Ansehung 
des Gerichtsstandes bestimmt § 15, Abs. 1 der Civilprozeßordnung: „Deutsche, welche 
das Recht der Exterritorialität genießen, sowie die im Auslande angestellten Beamten 
des Reichs oder eines Bundesstaates behalten in Ansehung des Gerichtsstandes den 
Wohnsitz, welchen sie in dem Heimathstaate hatten. In Ermangelung eines solchen 
Wohnsitzes gilt die Hauptstadt des Heimathstaates als ihr Wohnitz; ist die Haupt- 
stadt in mehrere Gerichtsbezirke getheilt, so wird der als Wohnsitz geltende Bezirk 
von der Landesjustizverwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt. Gehört 
ein Deutscher einem Bundesstaate nicht an, so gilt als sein Wohnsitz die Stadt 
  
1 Zorn, Staatsrecht, II, S. 424, v. Liszt, 
Völkerrecht, S. 73. 
2 Solche Ministerrefidenten wechselt das Reich 
mit Columbien, Peru und Ecuador, Venezuela, 
Heiti, der Dominikanischen Republik, Luxemburg, 
iam. 
 
	        
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