Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

722 Zehntes Buch. Answärtige Verwaltung. 
drücklichen Vorschriften. Nicht zuzugeben ist, daß eine vom Kaiser zurückgewiesene 
Person von einer Einzelregierung als Konsul nicht zugelassen werden darf 1, oder 
daß die Einzelregierungen alle allgemeinen Verfügungen hinsichtlich fremder Konsuln 
befolgen mussen, welche der Kaiser vermöge seines ausschließlichen Rechtes zur 
völkerrechtlichen Vertretung des Reiches erläßt 2, noch endlich #, daß ein Einzelstaat 
den von ihm empfangenen Konsuln keine größeren Befugnisse und Freiheiten ein- 
räumen dürfe, als diejenigen, die das Reich kraft Gesetzes oder Vertrages den von 
ihm selbst empfangenen Konsuln desselben Staates einräumt. Da die Rechte der 
auswärtigen Konsuln in Deutschland durch die Gesetze des Reichs und die von 
diesem abgeschlossenen Konsular-, Freundschafts-, Handels= und Schiffahrtsverträge 
nahezu vollständig begrenzt und bestimmt sind, so ist hierbei den Einzelstaaten kaum 
Spielraum freigeblieben. 
Es ist sodann zweifellos, daß ein Bundesstaat das Exequatur für einen 
Konsul nur für sein Gebiet ausstellen kann, so daß Handlungen des Konfuls 
(Urkunden u. s. w.) für ein anderes Bundesgebiet keine rechtsverbindliche Kraft haben. 
Da nun die Aufgaben der Konsuln überwiegend auf wirthschaftlichem Gebiete liegen, 
das Deutsche Reich aber in wirthschaftlicher Hinsicht eine Einheit bildet (Art. 33 
der Reichsverfassung), so erfolgt die Bestellung fremder Konsuln nur dann noch für 
einen einzelnen Bundesstaat (Sachsen), wenn dessen Gebiet in wirthschaftlicher Hin- 
sicht einem Konful ausreichende Arbeitsgelegenheit bietet. Es mag hier noch auf 
die Bemerkung des Präsidenten Delbrück in der Reichstagssitzung vom 22. April 
1869 (Sten. Ber. des Reichstages 1869, Bd. I, S. 517 f.) hingewiesen werden, 
daß die Bundes (Reichs-)verfassung keine Bestimmungen in Beziehung auf die Er- 
theilung des Exequatur für fremde Konfuln innerhalb des Bundesgebiets enthalte; 
aus Rücksichten der Zweckmäßigkeit, namentlich um den Handlungen der Konsuln 
auch über die Grenzen des Gebietes hinaus, für welches fie das einzelne Exequatur 
nur erhalten können, Glauben zu sichern, die preußische Regierung beschlossen habe, 
Exequatur für Preußen nicht mehr zu ertheilen, sondern die Ertheilung des Exe- 
quatur dem Bunde zu überlassen, und daß dies auch in einzelnen Fällen von 
Seiten anderer Bundesstaaten geschehe; wenn aber andere Bundesregierungen, z. B. 
— Schwerin, anders verfahren seien, so widerspreche dies nicht der Ver- 
assun 
Wenn Art. 11 der Reichsverfassung den einzelnen Bundesstaaten die Befugniß, 
ihrerseits Gesandte zu bestellen, nach keiner Richtung einschränkt und den Bundes- 
staaten demgemäß nicht verwehrt ist, auch in den Amtsbezirken der Gesandten 
des Deutschen Reiches eigene Gesandte zu halten", so entzieht zwar die Reichs- 
verfassung nicht direct und nicht grundsätzlich den Bundesstaaten das Recht, 
Landeskonfuln zu bestellen, beschränkte aber und engte dieses Recht so ein, daß 
es nunmehr inhaltslos und obsolet geworden ist. Art. 56, Abs. 2 der Reichs- 
verfassung bestimmt nämlich: 
„In dem Amtsbezirk der Deutschen Konsuln dürfen neue Landeskonfulate 
nicht errichtet werden. Die Deutschen Konsuln? üben für die in ihrem Bezirk 
nicht vertretenen Bundesstaaten die Funktionen eines Landeskonsuls aus. 
Die sämmtlichen bestehenden Landeskonfulate werden aufgehoben, sobald die 
Organisation der Deutschen Konsulate dergestalt vollendet ist, daß die Ver- 
tretung der Einzelinteressen aller Bundesstaaten als durch die Deutschen 
Konsulate gesichert von dem Bundesrathe anerkannt wird.“ 
Da nun die Interessen aller Deutschen im Auslande durch die Agenten des 
Deutschen Reiches gleichmäßig wahrgenommen werden müssen ", und da Baden und 
  
1 Das behauptet Thudichum, Verfassungs- 4 S. oben § 63 
recht des Nordd. Bundes, S ° Das find also die vom Kaiser für das Reich 
2 Vgl. hiergegen auch Seer Comm., bestellten onsuln. 
S. 309 * Art. 3, letzt. Abs. der Reichsverf.: „Dem 
* Was Hänel, Deutsches Staatsrecht, I, Auslande egenüber haben alle Deutschen leich- 
S. 537, behauptet. mäßig Anspruch auf den Schup des et
	        
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