Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

742 Zehntes Buch. Answärtige Verwaltung. 
sind. Wenn das Gericht zu der Ansicht gelangt, daß die konsularische Polizei- 
vorschrift ungültig ist, so hat es nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen diese weder 
aufzuheben noch für ungültig zu erklären, sondern ihr nur im gegebenen Falle die 
Anwendbarkeit zu versagen, d. h. den Zuwiderhandelnden von Strafe und Kosten 
freizusprechen. Ein weitergehendes Recht, das in Preußen auf dem Gebiete der 
allgemeinen Polizeiverwaltung dem Minister des Innern zusteht!, räumt § 51, 
abf- 2 dem Reichskanzler ein, der danach befugt ist, die von dem Konsul erlassenen 
polizeilichen Vorschriften aufzuheben. Der Reichskanzler darf und muß diese Vor- 
schriften aufheben, nicht blos, wenn er findet, daß sie nicht gesetzmäßig find, sondern 
auch dann, wenn er fie nicht für nothwendig oder zweckmäßig erachtet. Damit der 
Reichskanzler diese Befugniß ausüben kann, find ihm die konsularischen Polizei- 
vorschriften sofort in Abschrift mitzutheilen. 
Neben den reichsgesetzlichen Strafvorschriften finden in den Konsulargerichts- 
bezirken auch die von der dortigen Staatsgewalt erlassenen Strafgesetze soweit An- 
wendung, als dies durch Herkommen oder durch Staatsverträge bestimmt ist (§ 49) 7. 
Durch Kaiserliche Verordnung kann bestimmt werden, inwieweit in den Konsular-- 
gerichtsbezirken die strafrechtlichen Vorschriften der allgemeinen Gesetze Anwendung 
finden, die innerhalb Preußens im bisherigen Geltungsbereiche des preußischen All- 
gemeinen Landrechts in Kraft stehen (§ 50). 
  
Gebühren. 
Die Gebühren für die konsularischen Geschäfte find verschieden bemessen, je 
nachdem es sich um Geschäfte der Konsulargerichte und Gerichtsvollzieher in den 
Konsulargerichtsbezirken oder um sonstige Geschäfte handelt. Im ersteren Falle 
freien die §§ 73 des Gesetzes Über die Konsulargerichtsbarkeit vom 7. April 1900, 
r letzteren das Gesetz, betreffend die Gebühren und Kosten bei den Konsulaten des 
Deutschen Reichs, vom 1. Juli 1872 (R.-G.-Bl. 1872, S. 245) Platz. 
Die Gebühren der Gerichte und Gerichtsvollzieher in den Konsulargerichts- 
bezirken werden (§ 73 des Gesetzes vom 7. April 1900) im doppelten Betrage der 
Sätze erhoben, die in der Heimath „in den nach § 19 maßgebenden“ (civil= und 
stra echtlichen) Vorschriften bestimmt find; die Gebühr für Zustellung in den Konsular= 
gheichtsbezirten nach den Vorschriften über Zustellungen im Auslande beträgt drei 
ark. Tagegelder und Reisekosten für Gerichtsbeamte und Gerichtsvollzieher werden, 
soweit es sich um Konsularbeamte handelt, nach Maßgabe der für letztere geltenden 
Vorschriften erhoben. Die Erhebung und Beitreibung der Kosten, welche sich nach 
dem Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit regelt, wird durch den Konsul ver- 
anlaßt. Die Regelung des Beitreibungsverfahrens erfolgt im Anschluß an die 
Vorschriften der Civilprozeßordnung durch Anordnung des Reichskanzlers (§ 74 
daselbst). Die Kosten und Gebühren der Konsulargerichte (Gerichtsvollzieher u. s. w.) 
und die von diesen Gerichten erkannten Geldstrafen fließen in die Reichskasse. 
Soweit das Gesetz vom 1. Juli 1872 Platz greift, find die Gebühren und Kosten 
nach näherer Vorschrift dieses Gesetzes und dem diesem Gesetze angehängten Tarif 
u erheben. der Regel (d. h. abgesehen von dem Falle der Bedürftigkeit der 
ahlungspflichtigen) müssen diese Gebühren und Kosten auch erhoben werden. Die 
nach dem Gesetze vom 1. Juli 1872 von den Wahlkonsuln erhobenen Gebühren 
verbleiben diesen, die von den Berufskonsuln erhobenen fließen in die Reichskasse. Den 
Konsularagenten können die Gebühren für ihre Thätigkeit (ganz oder theilweise) 
belassen werden (Gesetz, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate, sowie die 
Amtsrechte und Pflichten der Bundeskonsuln, vom 8. November 1867, B.-G.-Bl. 
1867, S. 137, § 8, Abs. 4, § 10, Abs. 1, § 11, Abs. 3). Gewisse Geschäfte, 
Ausstellung eines Attestes, z. B. Lebensattestes, Behändigung von Schriftstücken 
mit oder ohne Behändigungsschein, Eidesabnahme, Legalisation von Urkunden, die 
  
——— —— 
1 ß 16des Gesetzes überdie Polizei-Verwaltung vecht und der Menschenhandel, S. 30 ff., Zorn, 
dom en Mär 4. 6 r* 497. scheuh fl 3 
2 Val. *—— Gareis, Das heutige Völker-
	        
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