Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

78 Drittes Buch. Die Organisation des Deutschen Reiches. 
und die Ueberwachung der Ausführung derselben zu. Die Anordnungen und Ver- 
fügungen des Bundespräsidiums werden im Namen des Bundes erlassen“ u. s. w. 
Art. 18: „Das Präsidium ernennt die Bundesbeamten .. .“ Art. 19 ver- 
ordnet, daß die Bundesexecution von dem „Bundesfeldherrn“ anzuordnen und 
zu vollziehen ist. Art. 36, Abs. 2 giebt dem Bundespräsidium dae Ueber- 
wachungsrecht bezüglich der Zölle und Reichssteuern, Art. 37, Abs. 2 das Veto im 
Bundesrath gegen Aenderungen der Zölle und Verbrauchssteuern. Im Art. 50 ist 
bestimmt: „Dem Bundespräsidium gehört die obere Leitung der Post= und 
Telegraphenverwaltung an —"“ „Das Präsidium hat für den Erlaß der reglemen- 
tarischen Festsetzungen u. s. w. Sorge zu tragen —"“ „Sämmtliche Beamte der Post- 
und Telegraphenverwaltung find verpflichtet, den Anordnungen des Bundes- 
präsidiums Folge zu leisten —“ Art. 53, Abs. 1: „Die Bundeskriegsmarine 
ist eine einheitliche unter Preußischem Oberbefehl. Die Organisation und Zu- 
sammensetzung derselben liegt Seiner Majestät dem Könige von Preußen 
ob —“ Art. 56, Abs. 1: „Das gesammte norddeutsche Konsulatwesen steht unter 
der Aufficht des Bundespräsidiums, welches die Konsuln . anstellt.“ Art. 61, 
Abs. 2: „Nach gleichmäßiger Durchführung der Bundes-Kriegsorganisation wird 
das Bundespräsidium ein umfassendes Bundes-Militairgesetz . zur verfassungs- 
mäßigen Beschlußfassung vorlegen.“ Art. 62, Abs. 1: „Zur Bestreitung des Auf- 
wandes für das gesammte Bundesheer — fsind dem Bundesfeldherrn 
jährlich . . zur Verfügung zu stellen.“ Art. 63, Abs. 1: „Die gesammte Land- 
macht des Bundes wird ein einheitliches Heer bilden, welches in Krieg und 
Frieden unter dem Befehle Seiner Majestät des Königs von Preußen, als 
Bundesfeldherrn steht —"“ Der Bundesfeldherr hat (Abs. 3) für die 
Vollzähligkeit und Kriegstüchtigkeit der Truppen Sorge zu tragen, das Inspektions- 
recht, sowie das Recht, die Abstellung der vorgefundenen Mängel anzuordnen, 
(Abs. 4) „der Bundesfeldherr bestimmt den Präsenzstand 2c4.. der Bundes- 
armee, sowie die Organisation der Landwehr.. Art. 64: „Alle Bundestruppen 
find verpflichtet, den Befehlen des Bundesfeldherrn unbedingte Folge zu 
leisten... Der Höchstcommandirende .. sowie alle Offiziere .. und alle Festungs- 
kommandanten werden von dem Bundesfeldherrn ernannt. Die von Dem- 
selben ernannten Offiziere leisten Ihm den Fahneneid. Bei Generalen.. ist die 
Ernennung von der .. Zustimmung des Bundesfeldherrn abhängig zu 
machen. Der Bundesfeldherr ist berechtigt .. aus den Offizieren aller 
Kontingente des Bundesheeres zu wählen.“ Art. 65: „Das Recht, Festungen 
innerhalb des Bundesgebietes anzulegen, steht dem Bundesfeldherrn zu ...“ 
Art. 68: „Der Bundesfeldherr kann, wenn die öffentliche Sicherheit in dem 
Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden Theil desselben in Kriegszustand erklären ...“ 
Art. 79, Abs. 2: „Der Eintritt der Süddeutschen Staaten oder eines derselben in 
den Bund erfolgt auf Vorschlag des Bundespräsidiums im Wege der 
Bundesgesetzgebung.“" 
Wenn Laband, Reichsstaatsrecht, I. S. 184, darauf Werth legt, daß für 
die Anordnungen des Bundesfeldherrn nach der Verfassung des Norddeutschen 
Bundes das Erforderniß der Gegenzeichnung des Bundeskanzlers nicht vorgeschrieben 
war, so ist zu entgegnen, daß diese Anordnungen auch nach der Verfassung des 
Deutschen Reiches einer solchen Gegenzeichnung nicht bedürfen. Wenn er sodann 
betont, daß die Geschäfte der Marine= und Heeresverwaltung nicht vom Bundes- 
kanzleramte ressortirten, so ist auch hier zu entgegnen, daß in diesen Ressortverhält- 
nissen durch die Ersetzung des Wortes „König von Preußen“ oder „Bundesfeldherr“ 
nicht das Mindeste geändert worden ist. 
Staatsrechtlich ist es nicht von Erheblichkeit, daß das Norddeutsche Straf- 
gesetzbuch für die drei verschiedenen Benennungen, welche die norddeutsche Bundes- 
verfassung aufführt, die eine Bezeichnung „Bundesoberhaupt' setzte. 
In den Novemberverträgen des Jahres 1870 ist der „Kaiser“ noch nicht 
erwähnt. Nach Annahme dieser Verträge im Reichstage und im Bundesrathe 
(oben S. 36) beantragte der Bundesrath des Norddeutschen Bundes im Einvernehmen 
mit den Regierungen von Bayern, Württemberg, Baden und Hessen beim
	        
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