Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

84 Drittes Buch. Die Organisation des Dentschen Reiches. 
der Beziehungen zu anderen Post= und Telegraphenverwaltungen zu. Seinen An- 
ordnungen haben sämmtliche Beamte der Post= und Telegraphenverwaltungen Folge 
zu leisten (Art. 50). 
10. Unter dem Oberbefehle des Kaisers steht im Kriege wie im Frieden die 
Kriegsmarine des Reiches. Ihm liegen die Organisation und Zusammen- 
Fehun, derselben, wie die Ernennung ihrer Officiere und Beamten ob (Art. 53, 
11. Unter der Aufsicht des Kaisers steht das gesammte Konsulatwesen des 
Deutschen Reichs. Er ernennt die Konsuln nach Vernehmung des Ausschusses des 
Bundesrathes für Handel und Verkehr (Art. 56, Abf. 1). 
12. Die gesammte Landmacht des Reichs steht in Krieg und Frieden 
unter dem Befehle des Kaisers. Dieser hat die Pflicht und das Recht, für die 
Vollzähligkeit und Kriegstüchtigkeit des Heeres, für Einheit in der Organisation 2c., 
Bewaffnung, Kommando, Ausbildung der Mannschaften u. s. w. zu sorgen. Er 
hat das Recht zur jederzeitigen Inspektion, zur Bestimmung des Präsenzstandes, 
zur Organisation der Landwehr und zur kriegsbereiten Aufstellung eines jeden 
Theiles des Reichsheeres (Art. 63 und weiter unten). Seinen Befehlen haben alle 
deutschen Truppen unbedingte Folge zu leisten. 
13. Der Kaiser kann, wenn die bffentliche Sicherheit in dem Bundesgebiete 
bedroht ist, einen jeden Theil desselben in Krieg szustand erklären (Art. 68 und 
weiter unten). 
14. Die Reichsverfassung erwähnt kein Begnadigungsrecht des Kaisers. 
Da das Reich und seine Organe nur die ihnen ausdrücklich beigelegten Befugnisse 
haben, so folgt daraus, daß der Kaiser nur auf Grund besonderer gesetzlicher 
Vorschriften das Begnadigungsrecht hat, nämlich: 
1) nach der Reichs-Strafproceßordnung § 484 und § 136 des Gerichts- 
Sin wenn das Reichsgericht in erster und letzter Instanz 
annt hat; 
2) nach § 42 des Gesetzes über die Konfulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 
1879 (R.-G.-Bl. 1879, S. 197) in Strassachen, in denen der Konful 
oder das Konfulargericht in erster Instanz erkannt haben; 
3) desgleichen bei Strafurtheilen der Marinegerichte (Erlaß vom 23. Mai 
1876, R.-G.-Bl. 1876, S. 165); 
4) der Prisengerichte nach der Kaiserlichen Verordnung vom 15. Februar 
1889 (R.-G.-Bl. 1889, S. 5), § 27; 
5) der Schutzgebietsgerichte nach dem Gesetz vom 17. April 1886 in der heute 
gültigen Form der Bekanntmachung vom 19. März 1888 (R.-G.-Bl. 
1888, S. 75), § 25, und 
6) in Disciplinar= (nicht Straf.) Sachen der Reichsbeamten nach dem Gesetz 
betr. die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten vom 81. März 1873 
(R.-G.-Bl. 1878, S. 61), § 118. 
Siehe im Uebrigen hierzu Arndt, Komm. zur Reichsverfassung, S. 126 f., und 
weiter unten. 
15. Der Kaiser übt nach dem Gesetze, betr. die Vereinigung von Elsaß und 
Lothringen mit dem Deutschen Reiche vom 9. Juni 1871 (R.-G.-Bl. 1871, 
S. 212), § 3, in Elsaß-Lothringen die Staatsgewalt aus (Arndt, Komm., S. 71). 
16. Desgleichen übt der Kaiser nach § 1 des Gesetzes, betr. die Rechtsverhält- 
nisse der deutschen Schutzgebiete vom 17. April 1886 in der Fassung der Bekannt- 
machung vom 19. März 1888 (R.-G.-Bl. 1888, S. 75) die Schutzgewalt in den 
deutschen Schutzgebieten im Namen des Reiches aus. (S. hierüber weiter unten.) 
Diese nicht einmal vollständige Aufzählung der Befugnisse, welche dem Kaiser 
zustehen, soll zeigen und zeigt, daß, wenn dem Kaiser auch nicht die Stellung des 
Souveräns im Deutschen Reiche zusteht, er doch eine außerordentliche Macht über 
die Geschicke des Deutschen Reiches und des deutschen Volkes besitzt. Man muß 
sich dabei überall vergegenwärtigen, daß der Kaiser der König von Preußen ist. 
Er hat auch in Ansehung der nichtpreußischen Staaten im Deutschen Reiche weit 
mehr Befugnisse, als z. B. die Könige von England haben. Diese haben seit mehr 
  
 
	        
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