Full text: Der Ausbruch des Weltkrieges 1914/15.

36 Der Ausbruch des Krieges zwischen Deutschland und dem Zweibund. 
reich-Ungarns Vorgehen nicht als „schmählichen Krieg“ be- 
trachten. Österreich-Ungarn weiß aus Erfahrung, daß 
Serbiens Versprechungen, wenn sie nur auf dem Papier 
stehen, gänzlich unzuverlässig sind. Meiner Ansicht nach 
ist Osterreich-Ungarns Vorgehen als ein Versuch zu be- 
trachten, volle Garantie dafür zu erhalten, daß Serbiens 
Versprechungen auch wirklich in die Tat umgesetzt werden. 
In dieser Ansicht werde ich bestärkt durch die Erklärung 
des österreichischen Kabinetts, daß Osterreich-Ungarn keine 
territorialen Eroberungen auf Kosten Serbiens beabsichtige. 
Ich meine daher, daß es für Rußland durchaus möglich 
ist, dem österreichisch-serbischen Krieg gegenüber in der Rolle 
des Zuschauers zu verharren, ohne Europa in den schreck- 
lichsten Krieg hineinzuziehen, den es jemals erlebt hat. Ich 
glaube, daß eine direkte Verständigung zwischen Deiner 
Regierung und Wien möglich und wünschenswert ist, eine 
Verständigung, die — wie ich Dir schon telegraphierte — 
meine Regierung mit allen Kräften zu fördern bemüht ist. 
Natürlich würden militärische Maßnahmen Rußlands, 
welche Osterreich= Ungarn als Drohung auffassen könnte, 
ein Unglück beschleunigen, das wir beide zu vermeiden 
wünschen, und würden auch meine Stellung als Vermitt- 
ler, die ich — auf Deinen Appell an meine Freundschaft 
und Hilfe — bereitwillig angenommen habe, untergraben. 
Wilhelm. 
— — 
Der deutsche Kaiser an den Zären. 
30. Juli 1914, 1 Uhr vorm. 
Mein Botschafter ist angewiesen, Deine Regierung auf 
die Gefahren und schweren Konsequenzen einer Mobilisation 
hinzuweisen; das gleiche habe ich Dir in meinemletzten Tele- 
gramm gesagt. Osterreich- Ungarn hat nur gegen Serbien 
mobilisiert, und zwar nur einen Teil seiner Armee. Wenn 
Rußland, wie es jetzt nach Deiner und Deiner Regierung 
Mitteilung der Fallist, gegen Osterreich-Ungarn mobilmacht,
	        
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