Depeschen. 37
so wird die Vermittlerrolle, mit der Du mich in freundschaft-
licher Weise betrautest, und die ich auf Deine ausdrückliche
Bitte angenommen habe, gefährdet, wenn nicht unmöglich
gemacht. Die ganze Schwere der Entscheidung ruht jetzt
auf Deinen Schultern, sie haben die Verantwortung für
Krieg oder Frieden zu tragen. »
Wilhelm.
—
Der Zar an den deutschen Kaiser.
30. Juli 1914, 1 Uhr 20 Min. nachm.
Ich danke Dir von Herzen für Deine rasche Antwort.
Ich entsende heute Abend Tatisheff mit Instruktion. Die
jetzt in Kraft tretenden militärischen Maßnahmen sind schon
vor 5 Tagen beschlossen worden, und zwar aus Gründen der
Verteidigung gegen die Vorbereitungen Osterreichs. Ich
hoffe von ganzem Herzen, daß diese Maßnahmen in keiner
Weise Deine Stellung als Vermittler beeinflussen werden,
die ich sehr hoch anschlage. Wir brauchen Deinen starken
Druck auf Osterreich, damit es zu einer Verständigung mit
uns kommt. Nikolaus.
–. —
Telegramm des Militärbevollmächtigten in St. Peters-
burg an S. M. den Kaiser.
30. Juli 1914.
Gestern sagte mir Fürst Troubetzki, nachdem er veranlaßt
hatte, daß Euer Majestät Telegramm an Kaiser Nikolaus so-
fort übermittelt würde: „Gottlob, daß ein Telegramm Ihres
Kaisers gekommen ist!“ Er sagte mir nun soeben, das Tele-
gramm hätte auf den Kaiser tiefen Eindruck gemacht, aber
da die Mobilisierung gegen Osterreich bereits befohlen ge-
wesen und Sasonow Seine Majestät wohl davon überzeugt
hätte, daß es nicht mehr möglich sei, zurückzuweichen, so
könne Seine Majestät leider nichts mehr ändern. Ich sagte
ihm darauf, die Schuld an den unabsehbaren Folgen trage