Full text: Der Ausbruch des Weltkrieges 1914/15.

Der Tert des deutschen Weißbuches. 47 
gung mit Serbien. An dieser Richtung der serbischen Politik 
haben die wiederholten und feierlichen Erklärungen, in 
denen Serbien Osterreich-Ungarn gegenüber die Abkehr von 
dieser Politik und die Pflege guter nachbarlicher Beziehungen 
gelobt hat, nicht das geringste geändert. Zum dritten Male 
im Laufe der letzten sechs Jahre führt Serbien auf diese 
Weise Europa an den Rand eines Weltkriegs. Es konnte 
dies nur tun, weil es sich bei seinen Bestrebungen durch 
Rußland gestützt glaubte. 
Die russische Politik war bald nach den durch die türkische 
Revolution herbeigeführten Ereignissen des Jahres 1908 
daran gegangen, einen gegen den Bestand der Türkei ge- 
richteten Bund der Balkanstaaten unter seinem Patronat 
zu begründen. Dieser Balkanbund, dem es im Jahre 1911 
gelang, die Türkei siegreich aus dem größten Teil ihrer 
curopäischen Besitzungen zu verdrängen, brach über der 
Frage der Beuteverteilung in sich zusammen. Die russische 
Politik ließ sich durch diesen Mißerfolg nicht abschrecken. 
In der Idee der russischen Staatsmänner sollte ein neuer 
Balkanbund unter russischem Patronat entstehen, dessen 
Spitze sich nicht mehr gegen die aus dem Balkan verdrängte 
Türkei, sondern gegen den Bestand der Osterreichisch-Unga- 
rischen Monarchie richtete. Die Idee war, daß Serbien gegen 
die auf Kosten der Donaumonarchie gehende Einverleibung 
Bosniens und der Herzegowina die im letzten Balkankrieg 
erworbenen Teile Mazedoniens an Bulgarien abtreten 
sollte. Zu diesem Behufe sollte Bulgarien durch Isolierung 
mürbe gemacht, Rumänien durch eine mit Hilfe Frankreichs 
unternommene Propaganda an Rußland gekettet, Serbien 
auf Bosnien und die Herzegowina gewiesen werden. 
Unter diesen Umständen mußte Osterreich sich sagen, daß 
es weder mit der Würde noch mit der Selbsterhaltung der 
Monarchie vereinbar wäre, dem Treiben jenseits der Grenze 
noch länger tatenlos zuzusehen. Die k. und k. Regierung 
benachrichtigte uns von dieser Auffassung und erbat unsere
	        
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