Full text: Der Ausbruch des Weltkrieges 1914/15.

Thronrede bei Eröffnung des deutschen Reichstags. 61 
Am Morgen des nächsten Tages eröffnete Frankreich die 
Feindseligkeiten. 
3. Throurede bei Eröffnung des dentschen Reichstags 
am 4. August 1914 im Weißen Saale des König- 
lichen Schlosses zu Berlin. 
Geehrte Herren! 
In schicksalsschwerer Stunde habe Ich die gewählten 
Vertreter des deutschen Volkes um Mich versammelt. Fast 
ein halbes Jahrhundert lang konnten wir auf dem Weg 
des Friedens verharren. Versuche, Deutschland kriegerische 
Neigungen anzudichten und seine Stellung in der Welt 
einzuengen, haben unseres Volkes Geduld oft auf harte 
Proben gestellt. In unbeirrbarer Redlichkeit hat Meine 
Regierung auch unter herausfordernden Umständen die 
Entwicklung aller sittlichen, geistigen und wirtschaftlichen 
Kräfte als höchstes Ziel verfolgt. Die Welt ist Zeuge 
gewesen, wie unermüdlich wir in dem Drang und den 
Wirren der letzten Jahre in erster Reihe standen, um den 
Völkern Europas einen Krieg zwischen Großmächten zu 
ersparen. 
Die schwersten Gefahren, die durch die Ereignisse am 
Balkan heraufbeschworen waren, schienen überwunden. 
Da tat sich mit der Ermordung Meines Freundes, des 
Erzherzogs Franz Ferdinand, ein Abgrund auf. Mein 
hoher Verbündeter, der Kaiser und König Franz Joseph, 
war gezwungen, zu den Waffen zu greifen, um die 
Sicherheit seines Reichs gegen gefährliche Umtriebe aus 
einem Nachbarstaat zu verteidigen. Bei der Verfolgung 
ihrer berechtigten Interessen ist der verbündeten Monarchie 
das Russische Reich in den Weg getreten. An die Seite 
Osterreich- Ungarus ruft uns nicht nur unsere Bündnis- 
pflicht. Uns fällt zugleich die gewaltige Aufgabe zu, mit 
der alten Kulturgemeinschaft der beiden Reiche unsere
	        
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