Der Neutralitätsbruch Belgiens. 93
Was den Ort der Landung anlangt, so hat sich der
Militärattaché darüber nicht deutlich ausgesprochen; er hat
gesagt, daß die Küste ziemlich lang sei, aber der General
weiß, daß Herr Bridges während der Osterfeiertage von
Ostende aus tägliche Besuche in Zeebrügge gemacht hat.
Der General hat hinzugefügt, daß wir übrigens voll-
kommen in der Lage seien, die Deutschen zu hindern, durch-
Belgien zu marschieren.“
Hier ist es direkt ausgesprochen, daß die englische Re-
gierung die Absicht hatte, im Falle eines deutsch-franzö-
sischen Krieges sofort mit ihren Truppen in Belgien ein-
zurücken, also die belgische Neutralität zu verletzen und
gerade das zu tun, was sie, als ihr Deutschland in be-
rechtigter Notwehr darin zuvorkam, als Vorwand benutzt
hat, um Deutschland den Krieg zu erklären. Mit einem
beispiellosen Zynismus hat ferner die englische Regierung
die Verletzung der belgischen Neutralität durch Deutschland
dazu verwertet, um in der ganzen Welt gegen uns Stim-
mung zu machen und sich als den Protektor der kleinen
und schwachen Mächte aufzuspielen. Was aber die belgische
Regierung betrifft, so wäre es ihre Pflicht gewesen, nicht
nur mit der größten Entschiedenheit die englischen Insi-
nuationen zurückzuweisen, sondern sie mußte auch die
übrigen Signatarmächte des Londoner Protokolls von
1839, insbesondere aber die deutsche Regierung, auf die
wiederholten englischen Versuche hinweisen, sie zu einer
Verletzung der ihr als neutraler Macht obliegenden Pflich-
ten zu verleiten. Die belgische Regierung hat das nicht
getau. Sie hat sich zwar für berechtigt und verpflichtet
gehalten, gegen die ihr angeblich bekannte Absicht eines
deutschen Einmarsches in Belgien militärische Abwehr-
maßßnahmen im Einvernehmen mit demenglischen General=
stab zu treffen. Sie hat aber niemals auch nur den ge-
ringsten Versuchgemacht, im Einvernehmen mit der deutschen
Regierung oder mit den zuständigen militärischen Stellen