191 Amt, Beamte,
und größere Wirksamkeit insbesondere auf dem
Gebiet der wirtschaftlichen Verwaltung), 2) in der
Reorganisation der Staatsverwaltung durch Ein-
führung von Selbstverwaltungsbehörden für das
platte Land und für die höheren Stufen der Ver-
waltung in Anlehnung an die Organe der lau-
senden Kommunalverwaltung. Eben infolge der
wieder auflebenden Selbstverwaltung sind im
Lauf des 19. Jahrh. neben den landesherrlichen
Beamten auch andere Personen, welche aus der
Tätigkeit für den Staat keinen Lebensberuf machen,
sondern dieselbe neben andern Berufsgeschäften,
die den Mittelpunkt ihres Lebens bilden, erledigen,
zur Teilnahme an den Verwaltungsgeschäften be-
rufen worden. Das sind die nach englischem Vor-
bild unentgeltlichen, auf dem Ernennungsprinzip
beruhenden oder doch Bestätigung von seiten der
Regierung voraussetzenden Ehrenämter. Im
Gegensatz zu ihnen nennt man die Staatsverwal-
tung im engeren Sinn auch bureaukratische Regie-
rung. Es ist dies der Inbegriff jener Amter, bei
denen die staatlichen Geschäfte von solchen Per-
sonen besorgt werden, welche daraus ihren Lebens-
beruf machen.
Bei Betrachtung des Amtersystems der Gegen-
wart sind Zentralstellen und mittlere und untere
Amter auseinanderzuhalten. In den Zentral-
stellen des Staats ist die tunlichste Sonderung
der Geschäfte durchgeführt. Man unterscheidet
hauptsächlich fünf Verwaltungszweige: Rechts-
pflege, innere Verwaltung, äußere Angelegenheiten,
Finanz= und Militärverwaltung. Während in den
kleineren Staaten die oberste Leitung mehrerer
dieser fünf Zweige einem Ministerium übertragen
oder für die oberste Leitung der gesamten Staats-
verwaltung nur ein Ministerium bestellt ist, sind in
den größeren Staaten einzelne dieser Zweige wieder
in mehrere gespalten, von denen ein jeder einem be-
sondern Ministerium übertragen ist. Die lokale
Verwaltung beruht auf dem Zusammenwirken
staatlicher und kommunaler Elemente. Wie die
Staatsämter im Dienst des Staates, stehen die
Kommunalämter im Dienst eines Kommunal=
verbandes. Ihre Bestellung erfolgt nicht durch
staatliche Organe, sondern steht den Kommunen
zu. Den Gemeinden sind wichtige Aufgaben des
staatlichen Lebens übertragen, namentlich in Bezug
auf Ortspolizei, Armenpflege, Schulwesen, Wege-
bau, Verteilung der Einquartierungslasten, Kriegs-
leistungen, Verwaltung der eigenen Finanzen,
Einschätzung zu den Staatssteuern. Die einzelnen
einer gleichen Behörde unterstellten staatlichen
Gebiete (Provinzen, Bezirke, Kreise usw.) sind
entweder rein staatliche Verwaltungsbezirke, oder
sie sind gleichzeitig oder einzig und allein Selbst-
verwaltungsbezirke (Kommunalverbände höherer
Ordnung), über welche der Staat hinsichtlich der
ihnen im Rahmen der Selbstverwaltung zustehenden
Rechte und Pflichten nur ein Aufsichtsrecht ausübt.
Das einzelne Amt kanm, falls es überhaupt von
mehreren verwaltet wird, entweder kollegial
Staatsdiener. 192
(Kollegialsystem) oder bureaumäßig (Bureau-
system) organisiert sein. Das erstere ist der Fall,
wenn die Beschlüsse vermittelst einer Abstimmung
der Mitglieder, also durch Majorität gefaßt
werden. Die letztere Bezeichnung trifft dort zu,
wo die Entscheidung lediglich dem Chef zusteht,
während die andern Amtemitglieder nur als
dessen Gehilfen fungieren. Die Vorzüge des Kol-
legialsystems bestehen in der vielseitigen Erwägung
und in der wirksamen Kontrolle, geringeren Will-
kür und Parteilichkeit; auch bildet sich leichter
eine Tradition. Seine Schattenseiten sind Lang-
samkeit, schleppender Geschäftsgang, schwächere
Verantwortlichkeit. Es empfiehlt sich also da,
wo ein Bedürfnis gleichzeitiger Beurteilung einer
Sache durch mehrere vorliegt, wo es sich weniger
um rasche als um gründliche und unparteiische
Entscheidung handelt. Insbesondere die Zivil-
und Strafrechtspflege bietet ein Anwendungs-
feld hierfür. Ehedem waren auch die Verwal-
tungsbehörden, die sich ja an die Justizämter
anlehnten und teilweise damit vereinigt waren,
kollegialisch eingerichtet. Gegenwärtig ist in den
Verwaltungsämtern das bureaukratische Prinzip
vorherrschend. Besonders scharf ist dasselbe in der
französischen Administration ausgebildet. In
Frankreich ist die Verwaltung auf allen Stufen
Staatsverwaltung. Was für den Gesamtstaat
der Minister, ist für das Departement der Präfekt,
für das Arrondissement der Unterpräfekt, für den
Kanton in Bezug auf Steuer, Wahlen, Polizei
der Friedensrichter, für die Kommune der Maire.
Allerdings sind diesen Verwaltungsleitern conseils
beigegeben; so in entsprechender Stufenfolge der
Staatsrat, der Präfekturrat, Generalrat, die De-
partementalkommission, dann der Arrondissement-
rat und Munizipalrat. Drei von den letztgenannten
sind zugleich Kommunalverwaltungsbehörden.
Das Verhältnis des über= zum ünter-
geordneten Amt besteht im wesentlichen in
einem Aufsichtsrecht. Das übergeordnete Amt
überwacht den Geschäftsgang und die Geschäfts-
behandlung des untergeordneten Amtes; es ist
jedoch höchstens in Ausnahmefällen befugt, in die
gesetzlich geordnete Zuständigkeit des letzteren ein-
zugreifen. Ferner nimmt es Beschwerden gegen
die untergeordneten Amter entgegen und ent-
scheidet in deren Kompetenzstreitigkeiten. Ubrigens
schwankt der Grad der Abhängigkeit des unter-
geordneten Amtes. Amter, die nur ausführende
Organe sind, werden offenbar viel abhängiger
sein als Kollegien, deren Mitglieder zum Teil
aus Ehrenbeamten bestehen, oder gar als Justiz-
ämter. Die Kompetenz oder Zuständigkeit gibt
Antwort auf die Frage, welche Geschäfte innerhalb
welches Bezirks ein Amt zu besorgen hat. Nega-
tive, affirmative Kompetenzkonflikte liegen dann
vor, wenn von zwei Behörden keine oder jede zum
Eingreifen oder zum Entscheiden verpflichtet bzw.
berechtigt zu sein behauptet. Amtsbezirk ist der
örtliche Kompetenzkreis einer Behörde. In Län-