Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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ordnungsmäßig erteilten fehlerhaften oder rechts- 
widrigen Befehls seiner Oberbehörden. Eigene 
Bestimmungen bestehen bei Defekten, d. h. bei 
Fällen, in welchen der tatsächliche Bestand einer 
Kasse oder eines Magazins geringer ist als der 
Rechnungs-Sollbestand. 
b) Man kann obrigkeitliche Befugnisse 
und eigene Rechte des Beamten unterscheiden. 
Erstere sind nicht Rechte des Beamten, sondern 
des Staats. Mit ihrer Handhabung erfüllt der 
Beamte eine ihm obliegende Pflicht. Der Staat 
hat nämlich seinen Untertanen gegenüber sowohl 
Rechte als Pflichten. Die mit Ausübung bzw. 
Erfüllung dieser Rechte und Pflichten betrauten 
Personen sind eben die Staatsbeamten. Die 
eigenen Rechte des Beamten sind teils immateriel- 
ler teils vermögensrechtlicher Natur. Zu ersteren 
gehört 1) sein Anspruch auf besondern Schutz 
in Ausübung seines Amts (§8 113 114 des 
deutschen Strafgesetzbuchs) durch Bestrafung der 
Amtsbeleidigung. Eine Beleidigung, welche einem 
öffentlichen Beamten bei Ausübung seines Amts 
oder in Beziehung auf dasselbe zugefügt wird, 
heißt Amtsbeleidigung. Da der Beamte in 
seiner amtlichen Stellung nicht als Privatperson, 
sondern als Repräsentant der öffentlichen Autorität 
erscheint, so gebührt ihm insoweit eine höhere 
Achtung. § 196 des deutschen St.G.B. be- 
stimmt, daß, wenn eine Beleidigung gegen eine 
Behörde, einen Beamten, einen Religionsdiener 
oder ein Mitglied der bewaffneten Macht, während 
sie in Ausübung ihres Berufs begriffen sind, oder 
in Beziehung auf ihren Beruf begangen wird, 
sowohl die unmittelbar beleidigte Person als auch 
deren amtliche Vorgesetzte das Recht haben, den 
Strafantrag zu stellen. Die pflichtmäßigen Hand- 
lungen der Beamten haben als Amtshand- 
lungen besondere Wichtigkeit, ihre Beglaubi- 
gungen publica fides, b. h. öffentliche, nicht erst 
nachzuweisende Glaubwürdigkeit. Der Staat hat 
die Amtshandlungen des Beamten und diesen selbst 
gegenüber etwaigen Entschädigungsansprüchen zu 
vertreten, vorausgesetzt, daß die Handlungen ge- 
setz= und instruktionsmäßig waren. — 2) Per- 
sönliche Ehrenrechte des Beamten, das 
Recht auf eine seinem Beruf entsprechende Stellung, 
auf Führung des Amtstitels und der Amtsabzeichen 
(Amtskleidung). Mit der besondern Amtsehre 
hängt die in manchen Staaten bestehende Ein- 
richtung zusammen, wonach mit den höchsten 
Staatsämtern der persönliche Adel (Amtsadel, 
Dienstadel) verbunden ist. Ebenso haben ver- 
schiedene Staatsverfassungen gewisse hohe Ämter 
dadurch ausgezeichnet, daß ihre Inhaber bei der 
Zusammensetzung der Volksvertretung besonders 
berücksichtigt werden, indem sie Sitzund Stimme 
in den Ersten Kammern haben. Kassierte oder ent- 
setzte Beamte verlieren den Amtstitel, ebenso auch 
diejenigen, welche nach ehrenvoller Verabschiedung 
sich ein Vergehen zuschulden kommen lassen, wo- 
für sie während ihrer Dienstzeit mit Amtsent- 
  
Amt, Beamte, Staatsdiener. 
  
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setzung bestraft worden wären. Was die vor- 
schriftsmäßige Amtskleidung betrifft, so be- 
steht sie in einer Uniform, einer Amtstracht, einem 
Dienstschild u. dgl. In Deutschland ist auch für 
die Richter, Gerichtsschreiber, Staats= und Rechts- 
anwälte in den öffentlichen Gerichtssitzungen eine 
besondere Amtstracht vorgeschrieben. Jede Hebung 
des Standesbewußtseins, jede Erhöhung der Ehre 
der Arbeit muß heutzutage doppelt willkommen 
sein. — 3) Vermögensrechtliche Rechte: 
a) Ersatz von Auslagen, wofür eigene Beamten- 
Diätensysteme bestehen. b) Besoldung 
oder Gehalt besteht in einer bestimmten, vom 
Staat zu zahlenden Jahresrente, durch welche dem 
Beamten zu standesgemäßem Lebensunterhalt die 
Mittel geboten werden. Die Besoldung steigt 
regelmäßig nach der Bedeutung der Amter (Rang), 
außerdem aber auch mit dem wachsenden Dienst- 
alter (Anciennität) des Beamten in ein und dem- 
selben Amt. Der Bezug eines unmittelbaren 
Einkommensanteils des Staatsdieners aus den 
von letzterem dienstlich vorgenommenen Tätigkeiten 
ist gegenwärtig meistens unausführbar. Früher 
wurde der Beamte oft durch die bei den vor- 
genommenen Amtshandlungen zu entrichtenden 
Sporteln entschädigt, Vögte, Pfleger, Amtleute 
wurden meistens auf die Erträgnisse des Amtes 
selbst angewiesen; ja nicht selten kam es vor, daß 
das Amt verpachtet wurde, so daß der Beamte alle 
Einkünfte bezog gegen eine bestimmte an den 
Landesherrn zu zahlende Summe. Häufiger als 
in Deutschland war der Verkauf einträglicher 
Amter in Italien und Frankreich. Eine weitere 
Eigentümlichkeit des älteren Besoldungswesens 
hing mit der aus Achtung historisch überkommener 
Verhältnisse herrührenden verschiedenen Dotation 
von Amtern derselben Kategorie zusammen. Da 
geschah dann die Gehaltsaufbesserung der Be- 
amten durch Versetzung auf eine bessere Stelle an 
einem andern Ort. Am längsten erhielten sich 
vom alten Besoldungsmodus die Naturalquartiere 
und einige Gattungen Einkünfte auf Hochschulen 
(Kollegiengelder, Doktoratstaxen). c) Pension. 
Durch Versetzung in den Ruhestand wird der Be- 
amte zwar der amtlichen Stellung enthoben, er- 
wirbt aber ein Recht auf Fortführung des Amts- 
titels und, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen 
hierzu da sind, einen Anspruch auf Pension. Um 
überhaupt pensionsfähig zu sein, muß der Beamte 
eine Reihe von Dienstjahren (gewöhnlich zehn) 
zurückgelegt haben. Die Pension besteht in einer 
OQuote des Diensteinkommens zur Zeit der Pen- 
sionierung, meistens auch mit Rücksicht auf die 
Zahl der vollendeten Dienstjahre berechnet. Ver- 
schieden von der Pension ist das in Preußen üblich 
gewordene, auch in die Reichsgesetzgebung über- 
gegangene Wartegeld, worauf solche Anspruch 
haben, die unter dem staatlichen Vorbehalt der 
Wiederverwendung auf unbestimmte Zeit ohne 
vorangegangenes kontradiktorisches Verfahren ihrer 
Funktionen enthoben wurden: eine Maßregel, die
	        
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