207
Blonski, Osterr. Siwisstantekurmnt (1882); Gareis,
Allg. Staatsrecht (in Marquardsens Handbuch
des öffentl. Rechts der Gegenwart I, 1883); Rehm,
Rechtl. Natur des Staatsdienstes nach deutschem
Staatsrecht (in Annalen des Deutschen Reichs
1884 u. 1885); Loening, Lehrb. d. deutschen Ver-
waltungsrechts (1884) G. Meyer-Anschütz, Lehrb.
des deutschen Staatsrechts ( (6(1905); v. Stengel,
Lehrb. des deutschen Verwaltungsrechts (1886);
Herrfurth, Preuß. Etatswesen einschl. der Rechts-
verhältnisse der Staatsbeamten (1887); Harseim,
Art. „Beamte“ in v. Stengels Wörterb. des deut-
schen Verwaltungsrechts I (1889); Schmoller, Ein-
leitung zum I. Bd der Acta Borussica (1892);
A. Lotz, Gesch. d. dentsch. Beamtentums (1906/07);
Perels u. Spilling, Reichsbeamtengesetz (1890);
Pieper, Reichsbeamtengesetz (31908, Guttentagsche
Sammlung). Für das Geschichtliche vgl. noch
Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben im Mittel-
alter I (1886) 1373 ff 1523 ff.
[Bruder, rev. Red.)
Amtsanwalt s. Staatsanwaltschaft.
Amtsgeheimnis s. Dienstgeheimnis.
Amtsgerichte s. Gerichtsverfassung.
Amtsverbrechen und Amtsvergehen
sind diejenigen strafbaren Handlungen, welche nur
infolge eines besondern Standes= oder Dienstver-
hältnisses begangen werden können. — In Rom
haben die Amtsvergehen eine systematische Durch-
arbeitung und eine bestimmte Stellung im Rechts-
system nicht gefunden. Die wichtigsten Standes-
verbrechen sind die militärischen gewesen. Als
bürgerliche Standesvergehen wurden durch die
Zwölf Tafeln die Bestechlichkeit des Richters und
Schiedsrichters und durch die Lex Cincia des
Jahrs 550 die Geschenkannahme der Sachwalter
seitens ihrer Klienten mit Strafen bedroht; die
Lex Duilia des Jahrs 305 bestrafte die Volks-
tribunen, welche aus dem Amt ausgeschieden waren,
ohne für die Wahl ihrer Nachfolger gesorgt zu
haben; die Leges Poetelia des Jahrs 396 und
Baebia des Jahrs 573 ahndeten die Amtser-
schleichung. Die Lücken zwischen diesen wenigen
durch die Gesetze verbotenen Hemmungen und
Störungen des staatlichen Beamtensystems und
dem Bedürfnis des Staates wurden im Einzel-
fall durch den Erlaß spezieller Gesetze ausgefüllt,
welche den Begriff und die Strafe des einzelnen
Verbrechens regelten und für dasselbe ein eigenes
Gericht (Quaestio perpetua) einrichteten. Die
erste Quaestio perpetua ist durch die Lex Cal-
purnia repetundarum (scil. pecuniarum) im
Jahr 605 eingesetzt, durch welche jede Bestechung,
insbesondere die Erpressung, sowie jede andere An-
wendung rechtswidriger Mittel seitens der Provin-=
zialbeamten behufs ihrer Bereicherung auf Kosten
ihrer Untergebenen mit Strafe bedroht wurde. An
sie schlossen sich vier weitere Repetundengesetze an,
deren wichtigstes, die Lex lulia (Caesaris) des
Amtsanwalt — Amtsverbrechen und Amtsvergehen.
l
208
für Rechtshandlungen absolut und außerhalb der
Rechtspflege von andern als von nahen Ange-
hörigen über den Betrag von 10000 Sesterzien
hinaus. Die Strafe bestand in einem Mehrfachen
des widerrechtlich durch den Amtsmißbrauch er-
langten Vermögensvorteils. Infolge der Besetzung
der höchsten Amter durch Volkswahl stand das
crimen repetundarum in engem Zusammenhang
mit dem crimen ambitus, der Störung der freien
Wahl zu Staatsämtern durch den Gebrauch un-
erlaubter Mittel, insbesondere die Bestechung der
Wahlberechtigten. Diesem Verbrechen war in der
Republik nicht zu steuern, erst in der Kaiserzeit
wurde die alte Form des Ambitus durch Aufhebung
der Volkswahl für die höchsten Stellen beseitigt.
Mit dem crimen ambitus verschwand auch das
eine Unterart desselben bildende crimen sodali-
ciorum, d. h. die organisierte Bestechung der ge-
samten Tribus durch Vermittler. Auch verlor das
crimen repetundarum seine frühere Wichtigkeit
und Häufigkeit. In der Kaiserzeit wird das iudi-
cium repetundarum zur Kontrolle nach beendigter
Amtsführung. Es begreift nicht nur Bestechungen
und Erpressungen richterlicher und nichtrichterlicher
Beamten, sondern Justiz= und Verwaltungsmiß-
bräuche aller Art. Was nach republikanischen Be-
griffen unerhört war, ist in den sog. provinciae
Caesaris, und seitdem die provinciae senatus
verschwunden waren und die vollständigste Be-
amtenhierarchie sich ausgebildet hatte, überall selbst-
verständlich, daß die Beamten vom Kaiser abhängig
und in ihrer Verwaltung seiner Kontrolle unter-
stellt sind. Von den Kaisern Theodosius I. und II.
und auch von Justinian werden wiederholt strenge
Strafbestimmungen gegen die Bestechlichkeit und
Parteilichkeit der Richter und der Statthalter er-
lassen. — Seit Sulla war eine stehende Quaestio
eingerichtet für das crimen peculatus und das
crimen de residuis. Entwendungen aus dem
Staatsvermögen (peculatus war etymologisch
die Unterschlagung des an den Staat als multa
abgelieferten pecus) wurden in älterer Zeit ent-
weder mit einer schweren Geldstrafe geahndet oder
durch Kapitalanklage verfolgt. Die Lex lulia
(von Cäsar oder Augustus) enthielt die Trennung
der beiden auf Beeinträchtigung des Staatsver-
Mmögens (pecunia publica) gerichteten Verbrechen.
Crimen peculatus isteigentlicher Diebstahl andem
Eigentum des Staates; Subjekt desselben können
nicht nur Beamte, sondern auch Privatpersonen
sein. Crimen de residuis ist Nichtablieferung,
also Unterschlagung eingenommener öffentlicher
Gelder (pecuniae residuae); als mögliches Sub-
jekt desselben erscheinen zunächst bloß Kassenbeamte.
Das erstere Verbrechen ist das strafbarere; es wird
mit aquae et ignis interdictio, das zweite mit
einer Geldstrafe belegt, welche, abgesehen von dem
Jahrs 695, die Grundlage der Lehre von den Amts-zivilrechtlichen Ersatz, in einem Drittel der unter-
verbrechen geblieben ist. Diese Lex lulia verbietet schlagenen Summe bestehen soll. Kaiserliche Kon-
nicht nur den Provinzialbeamten, „sondern aucht den stitutionen schreiben in einigen Fällen des Pekulats
städtischen Magistratsbeamtend
Bergwerks= und selbst Todesstrafe vor. — Nach