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gungsmittel bestimmter Tatsachen von Erheblich-
keit sind; er muß notleiden, wenn solche Gegen-
stände in Wirklichkeit nur den äußeren Anschein
von solchen haben, indem sie das, als was sie
sich ausgeben, nicht sind. Hieraus ergibt sich,
daß der Nachteil, welcher für den Verkehr in der
Geltendmachung von unechten Beglaubigungs-
mitteln liegt, von dem speziellen Verhältnis, in
welches durch diese Geltendmachung zunächst ein-
gegriffen wird, unabhängig ist, indem durch sie
unmittelbar das Wohl aller bedroht ist, welches
darauf beruht, daß diesen wesentlichen Be-
glaubigungsmitteln des Verkehrs vertraut wer-
den darf. In Rom trat den Fälschungen von
Münzen und Testamenten die Lex Cornelia de
falsis von Sulla entgegen, welche auf Fälschung
von Urkunden überhaupt ausgedehnt wurde. Als
crimen falsi faßte dann die gemeinrechtliche
Doktrin auch die Täuschung bei Amtshandlungen
auf. Der Grund der Bestrafung dieser bildet die
Außerachtlassung einer besondern, dem Beamten
obliegenden Vertrauenspflicht in Beziehung auf
die Herstellung oder Erhaltung einer konkreten
Urkunde. Nach dem deutschen Strafgesetzbuch wird
mit Gefängnis von einem Monat bis zu fünf
Jahren ein Beamter bestraft, welcher, zur Auf-
nahme öffentlicher Urkunden befugt, innerhalb
seiner Zuständigkeit vorsätzlich eine rechtlich erheb-
liche Tatsache falsch beurkundet oder in öffentliche
Register oder Bücher falsch einträgt, oder welcher
eine ihm amtlich anvertraute oder zugängliche Ur-
kunde vorsätzlich und rechtswidrig vernichtet, bei-
seiteschafft, beschädigt oder verfälscht (884 8). Wird
eine dieser Handlungen von einem Beamten in der
Absicht begangen, sich oder einem andern einen
Vermögensvorteil zu verschaffen oder einem andern
Schaden zuzufügen, so ist auf Zuchthaus bis zu
zehn Jahren und zugleich auf Geldstrafe bis zu
3000 M zu erkennen (8 349). Subjekt dieses
Täuschungsvergehens ist ein öffentlicher Diener;
ein Dritter, welcher den Beamten zu der falschen
Beurkundung veranlaßt, ist als Anstifter oder Ge-
hilfe zu bestrafen. Die Handlung muß sich beziehen
auf den amtlichen Wirkungskreis des öffentlichen
Dieners, kann aber sodann bestehen: in intellek-
tueller Fälschung öffentlicher Urkunden, in Ver-
fälschung des Inhalts oder der Unterschriften
von Urkunden jeder Art, welche dem Beamten
seines Amtes wegen anvertraut sind (sog. gram-
matische Fälschung), im Vernichten, Beseitigen,
Beschädigen von Urkunden überhaupt. Eine bloße
Unterlassung der Beurkundung oder Eintragung
ist nicht an sich, sondern nur dann eine falsche
Beurkundung, wenn durch dieselbe die aus den
Eintragungen zu beweisenden Tatsachen falsch
dargestellt oder andern richtigen Eintragungen
dadurch ein unrichtiges Resultat gegeben wird.
Urkunden im hierhergehörigen Sinn sind leblose,
von Menschenhand gefertigte Gegenstände, welche
zum Beweise von Tatsachen geeignet sind, gleich-
gültig, ob es sich dabei um Vorgänge des äußeren
Amtsverbrechen und Amtsvergehen.
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Lebens oder um sog. innere Tatsachen handelt,
welche der Welt der Gedanken angehören, also
Urkunden im weiteren Sinn, Register und Bücher.
Die Urkunden müssen bei der intellektuellen Ur-
kundenfälschung öffentliche sein, ebenso die Register
oder Bücher, d. h. sie müssen derart für die All-
gemeinheit bestimmt sein, daß sie nicht bloß die
Möglichkeit gewähren, im Interesse der Sicherheit
des Rechtsverkehrs als Beweismittel für und gegen
jedermann zu dienen, sondern auch, daß sie aus
allgemeinen Rücksichten der staatlichen Wohlfahrt
rechtlich erhebliche Tatsachen authentisch feststellen.
Die Urkundenqualität muß auch den Registern oder
Büchern innewohnen; diese müssen die in ihnen
eingetragenen Tatsachen beweisen. Bei der gram-
matischen Fälschung und dem Unterdrücken der
Urkunden sind unter Urkunden öffentliche und
Privaturkunden, Akten, die urkundlichen Eintra-
gungen in Register und Bücher, Konzepte, die
Korrespondenz zwischen den Behörden zu verstehen.
Des Moments der Beweiserheblichkeit bedarf es
hier nicht. Erforderlich ist Dolus, d. h. das Be-
wußtsein, daß das Beurkundete unwahr oder nicht
vollständig ist, zugleich aber, soweit es darauf an-
kommt, auch das Bewußtsein, daß das Beurkundete,
das wissentlich Ausgelassene von Erheblichkeit ist
und daß durch die Handlung die durch das öffent-
liche Interesse gebotene Zuverlässigkeit der amtlichen
Beurkundung verletzt wird. Lügen in einem Ver-
antwortungsbericht, welche zur Entschuldigung
vorgebracht werden, um einer Rüge zu entgehen,
sind nicht strafrechtlich, sondern nur disziplinarisch
strafbar. Eine rechtswidrige Absicht oder ein
sonstiger, weitergehender Zweck bei der Beurkun-
dung usw. ist nicht erforderlich; tritt eine auf Zu-
fügung eines Schadens gerichtete Absicht hinzu,
so wird § 349 anwendbar, selbst wenn der beab-
sichtigte Vermögensvorteil an sich kein rechts-
widriger ist. Vollendet ist die Täuschung mit der
Beurkundung, Entstellung, Eintragung, Vernich-
tung, Beschädigung der Urkunde, des Registers
oder des Buchs, ohne daß erforderlich ist, daß
bereits hiervon Gebrauch gemacht ist.
7. Amtsmißbrauch durch Körperverletzung,
Hausfriedensbruch, Verhaftungoder Verlängerung
der Freiheitsentziehung und Vornahme unzüchtiger
Handlungen. Er wird wegen der Zuwiderhand-
lung gegen die amtliche Pflicht an dem Beamten
mit schärferen Strafen gerügt, als sie den Privat-
personen bei den entsprechenden gemeinen Vergehen
angedrohtsind. Subjekt dieser uneigentlichen Amts-
delikte kann jeder öffentliche Diener sein. Im
übrigen sind die Tatbestandsmomente die gleichen
wie bei den gemeinen Vergehen. Die Stellung
eines Strafantrags ist keine Voraussetzung der
Strafbarkeit. Ein Beamter, welcher in Ausübung
oder in Veranlassung der Ausübung seines Amts
vorsätzlich eine Körperverletzung begehtoder begehen
läßt, wird mit Gefängnis nicht unter drei Mo-
naten, und wenn die Körperverletzung eine schwere
ist, mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren be-