Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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Amtsverbrechen und Amtsvergehen. 
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straft. Die Zuerkennung einer Buße findet nicht eines Vorgesetzten. Die Rechtswidrigkeit einer 
statt. Ein Beamter, welcher vorsätzlich, ohne Handlung kann dadurch ausgeschlossen sein, daß 
hierzu berechtigt zu sein, eine Verhaftung oder eine einen Angriff auf die Rechtsordnung ent- 
vorläufige Ergreifung und Festnahme oder haltende Handlung durch das Gesetz geduldet wird. 
Zwangsgestellung vornimmt oder vornehmen läßt Straflos sind daher die in Erfüllung einer Dienst- 
oder die Dauer der Freiheitsentziehung verlän- 
gert, wird mit Gefängnis nicht unter drei Mona- 
ten, eventuell mit Zuchthaus bestraft (St. G.B. 
§ 341). Ob der Beamte zu den angegebenen 
Handlungen überhaupt nicht ermächtigt war oder 
ob ein qualifizierter Beamter die Handlungen vor- 
genommen hat, ohne daß die im Gesetz auf- 
gestellten Voraussetzungen derselben vorlagen, ist 
an sich gleichgültig. Die Handlung besteht in 
einem Bemächtigen der Person, sei es durch Hin- 
wegführung von einem Ort zu einem andern 
oder durch sonstige vorübergehende Entziehung 
der persönlichen Freiheit. Dieselbe muß wider- 
rechtlich sein; als Akt der Notwehr oder als 
Sicherungsmittel ist dieselbe straflos. Die Ver- 
haftung kann zum Zweck der Einleitung eines 
Strafverfahrens oder zur Strafvollstreckung ge- 
schehen. Die Verhaftung eines Angeschuldigten 
darf nur erfolgen, wenn dringende Verdachts- 
gründe gegen ihn vorhanden und er entweder der 
Flucht verdächtig ist, was bei Verbrechern, Land- 
streichern und Ausländern immer zutrifft, oder 
Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, 
daß er Spuren der Tat vernichten oder daß er 
Zeugen oder Mitschuldige zu einer falschen Aus- 
sage oder Zeugen dazu verleiten werde, sich der 
Zeugnispflicht zu entziehen. Die Verhaftung er- 
folgt auf Grund eines schriftlichen Haftbefehls. 
In Preußen sind die Polizei= und Sicherheits- 
beamten und Wachtmannschaften weiter befugt, 
Personen in polizeiliche Verwahrung zu nehmen, 
wenn der eigene Schutz dieser Personen oder die 
Aufrechterhaltung der öffentlichen Sittlichkeit, 
Sicherheit und Ruhe diese Maßregel dringend 
erfordern. Die Verhaftung muß vorsätzlich und 
mit dem Bewußtsein der fehlenden Berechtigung 
geschehen sein. Irrtum über die Berechtigung 
schließt den Vorsatz aus. Eine fahrlässige Frei- 
heitsberaubung ist nur disziplinarisch zu ahnden. 
Die Vollendung tritt mit der Bemächtigung bzw. 
mit der Verlängerung der Freiheitsentziehung ein. 
Eine bloß momentane Beschränkung der Freiheit 
reicht übrigens nicht hin. — Ein Beamter, welcher 
in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung 
seines Amtes einen Hausfriedensbruch begeht, 
wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder 
mit Geldstrafe bis zu 900 M bestraft (St.G.B. 
§ 342). Der fahrlässig begangene Hausfriedens- 
bruch ist straflos. — Mit Zuchthaus bis zu fünf 
Jahren werden Beamte bestraft, die mit Personen, 
gegen welche sie eine Untersuchung zu führen 
haben oder welche ihrer Obhut anvertraut sind, 
unzüchtige Handlungen vornehmen (St.G.B. 
§ 174. Nr 2). 
8. Konnivenz ist wissentliche Duldung von 
Amtsvergehen und die Verleitung dazu seitens 
  
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pflicht oder infolge eines gesetzlich vollkommen bin- 
denden Befehls vorgenommenen Handlungen. Nach 
römischem, kanonischem und früherem deutschem 
Recht trat Straflosigkeit ein bei Militärpersonen 
und im Verhältnis der väterlichen und dienstherr- 
schaftlichen Gewalt, letzterenfalls jedoch nur bei 
geringeren Vergehen. Nach neuerem Recht haftet 
bei polizeilichen Vorschriften vielfach nur diejenige 
Person, auf deren Anordnung die Üübertretung 
verübt wurde, nicht immer auch der Täter; bei 
Soldaten im Dienst ist nur der Befehlende ver- 
antwortlich, nicht auch der Soldat. Inwieweit 
rechtswidrige Befehle der Zivilbeamten befolgt 
werden müssen, ist streitig. Zweifellos begründen 
private Dienstverhältnisse die Pflicht des unbe- 
dingten Gehorsams nicht. — Haben Privatbeamte 
ihre Dienstpflicht verletzt, so sind sie nicht als Teil- 
nehmer, sondern jeder selbständig als Täter zu 
beurteilen. Nur das Schiffsvolk auf hoher See 
ist dem Kapitän in allen das Schiff betreffenden 
Angelegenheiten zum unbedingten Gehorsam ver- 
pflichtet. Staatsbeamte sind nach manchen Ge- 
setzgebungen nur dann straflos, wenn die formale 
Kompetenz des Befehlenden vorhanden und wenn 
vor Ausführung des Befehls gegen denselben 
fruchtlos remonstriert ist. Im allgemeinen ist fest- 
zuhalten, daß sich der Gehorsam des Beamten 
nur erstreckt auf Handlungen, welche einerseits in 
sein Amt einschlagen, anderseits von ihm als 
gesetzlich statthaft erkannt werden. Doch bleibt die 
Begehung einer in den Gesetzen ausdrücklich mit 
Strafe bedrohten. Handlung, gleichgültig, ob sie 
zu den Amtsvergehen oder zu den gemeinen Ver- 
gehen gehört, des Befehls ungeachtet strafbar, 
weil der Untergebene den strafwürdigen Charakter 
der Tat kennen muß. Ebensowenig wie der Be- 
fehl gewähren die Genehmigung oder die Ein- 
willigung des Dienstvorgesetzten Schutz gegen die 
Bestrafung; denn eine vom Gesetz verbotene Hand- 
lung kann weder befohlen noch erlaubt werden. 
Anders gestaltet sich die Sache bei den Disziplinar= 
vergehen infolge des unbestimmten Inhalts des 
Dissziplinargesetzes selbst, indem infolge davon der 
Befehl des Vorgesetzten der Handlung des Unter- 
gebenen den Charakter der Rechtswidrigkeit nehmen 
kann. — Die Stellung des Vorgesetzten erfordert 
von diesem, daß er seinen Untergebenen ein Vor- 
bild sei in der Beobachtung der Gesetze und Diszi- 
plinarvorschriften. Diese Pflicht verletzt er, so- 
bald er den Untergebenen zur Begehung einer 
strafbaren Handlung bestimmt. Auch hat der 
Amtsvorgesetzte nach gemeinem Recht die Ver- 
pflichtung, Verbrechen, von deren bevorstehender 
— nicht erfolgter — Verübung er Kenntnis be- 
sitzt, zu verhindern. Aus diesen beiden Gesichts- 
punkten resultieren die dem römischen Recht un-
	        
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