Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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anstrebende Staat im internationalen Verkehr 
steht. Das hat schon zur Zeit, als Kurbranden- 
burg (1701) die preußische Königskrone zuerkannt 
erhielt und zwei Jahrzehnte später (1721) der 
Zar den Kaisertitel annahm, den Gegenstand ein- 
gehender Erörterungen über den Rang der Staaten 
und das Völkerrechtszeremoniell gebildet. Am 
1. Jan. 1806 nahmen die Kurkfürsten Friedrich 
von Württemberg und Maximilian Joseph von 
Bayern den Königstitel an, im Jahr 1876 die 
Königin von England den Titel einer Kaiserin 
von Indien (Kaisar i hind); 1881 wurde Ru- 
mänien, 1882 Serbien als „Königreich“ aner- 
kannt. In der völkerrechtlichen Anerkennung einer 
Rangerhöhung liegt zugleich jene des Trägers 
der obersten Regierungsgewalt und seiner Dynastie. 
Es bedarf daher keiner neuen Anerkennung des 
rechtmäßigen Nachfolgers. — Die Gepflogenheit, 
eine Thronerledigung, eine Regentschaft, Neuwahl 
eines Präsidenten zu notifizieren, entspricht der 
Völkerrechtssitte, steht aber in keinem Zusammen- 
hang mit der Frage der Anerkennung. — Nicht zu 
verwechseln mit der Anerkennung als Staat ist 
die Anerkennung einer Kampfpartei als legitime 
Kriegspartei, wofür die Grundsätze über subjektives 
Kriegsrecht maßgebend sind. 
Literatur. Oppenheim, System des Völker- 
rechts Kap. 8 (21866); Rivier, Lehrb. des Völker- 
rechts (21899); v. Liszt, Völkerrecht (5/1907); Heil- 
born, in Revue générale de droit international 
public III (wo der Anerkennung konstitutiver Cha- 
rakter beigelegt ist); M. Huber, Staatensukzession 
(1898). [Lentner.) 
Angarie, Beschlagnahme privater Fahrzeuge 
zur Truppenbeförderung; val. d. Art. Notrecht. 
Anhalt, Herzogtum, Bundesstaat des Deut- 
schen Reichs, besteht aus zwei Hauptteilen und 
fünf kleineren von der Provinz Sachsen um- 
schlossenen Enklaven. 
1. Geschichte. Als Ahnherr des anhaltischen 
Angarie — Anhalt. 
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stimmte, daß im Fall des Aussterbens einer Linie 
die Überlebenden zu gleichen Teilen erben sollten. 
Zuerst erlosch 1793 die Linie Zerbst. Der letzte 
Fürst, Friedrich August, ist berüchtigt durch seinen 
Soldatenhandel nach England. Seine Länder 
wurden 1797 unter die drei andern Linien ver- 
teilt, nur das Allod Jever fiel an seine Schwester 
Katharina II. von Rußland, welche es aber der 
Witwe ihres Bruders überließ; diese trat es 1814 
gegen eine jährliche Rente von 60 000 hollän- 
dischen Gulden an Oldenburg ab. Am 18. Aug. 
1806 schlossen sich die drei Fürsten dem Rhein- 
bund an, Dessau und Cöthen unter Annahme des 
Herzogstitels, den Bernburg schon am 30. April 
von Kaiser Franz II. erhalten hatte. Nach der 
Schlacht bei Leipzig gingen sie zu den Verbün- 
deten über, und am 8. Juni 1815 traten sie dem 
Deutschen Bund bei. Aus der Linie Cöthen ist 
Herzog August Christian Friedrich durch seine 
Franzosenschwärmerei bekannt. Er organisierte 
1810 durch den Minister Dabelow sein Land ganz 
nach französischer Weise und führte den Code Na- 
poléon ein. Am 23. Nov. 1847 starb die Linie 
Cöthen aus; auf Grund eines Vertrags vom 
3. Febr. 1853 nahm der Herzog von Anhalt- 
Dessau das Land in Besitz. Die Linie Bernburg 
starb am 19. Aug. 1863 aus; auch dieses Land 
kam an Dessau. Die Fürsten von Anhalt-Dessau 
schlossen sich frühzeitig Preußen an. Schon des 
Stifters Enkel, Johann Georg II., trat in 
brandenburgische Dienste; sein Urenkel Leopold 
ist der berühmte „alte Dessauer“ (geb. 1676, re- 
gierte seit 1693, 1 1747). Da nach der Teilung 
Sachsens (1815) Anhaltfast ganz von preußischem 
Gebiet umschlossen war, wurden seine Beziehungen 
zu dem mächtigen Nachbarstaat immer enger: 
1821 erfolgte der Beitritt der drei Herzogtümer 
zu der Elbschiffahrtsakte und am 16. Juli 1828 
(Bernburg 7. Juni 1826) der Anschluß an den 
preußischen Zollverein. Am 30. Aug. 1863 nahm 
  
Fürstenhauses gilt Graf Adalbert von Ballen= nach Vereinigung aller anhaltischen Länder Herzog 
stedt, der um 1020 zwischen Elbe und Saale Leopold Friedrich den Titel „Herzog von An- 
reich begütert war. Sein Urenkel Otto (1 1123) halt. Herzog zu Sachsen, Engern und Westfalen, 
nannte sich zuerst Graf von Askanien. Albrecht Graf zu Askanien, Herr zu Zerbst, Bernburg und 
der Bär (1123/70), der erste Markgraf von Gröbzig usw.“ an. Bei dem Bundesbeschluß vom 
Brandenburg, hinterließ fünf Söhne, von denen 14. Juni 1866 stand Anhalt auf seiten Preußens; 
der jüngste, Bernhard, die askanischen Stamm- « am 18. Aug. 1866 trat es dem Norddeutschen 
güter erhielt; er ist der Stammvater der Herzoge Bund bei. Herzog Friedrich, der seit dem 22. Mai 
von Anhalt. Von seinen fünf Söhnen wählten 1881 regierte, starb 24. Jan. 1904; ihm folgte 
zwei den geistlichen Stand, die andern drei teilten sein Sohn Friedrich II., geb. 19. Aug. 1856, 
das väterliche Erbe und wurden Stifter der Linien der in kinderloser Ehe mit Maria Prinzessin von 
Aschersleben (Harz, Gernrode), Bernburg (Ballen- 
Kheh Zerbst (Dessau, Coswig und ein Teil von 
Cöthen). Die Linie Aschersleben starb schon 1315 
aus. 1570 vereinigte Joachim Ernst die gesamten 
anhaltischen Lande, für die er 1572 mit Zustim- 
mung der Ständeeine Landesordnung erließ. Seine 
fünf Söhne regierten 17 Jahre gemeinsam. Am 
17. Juni 1603 kam eine Teilung zustande unter 
den damaligen Linien Dessau, Bernburg, Plötz= 
kau, Zerbst, Cöthen. Ein Seniorenrezeß be- 
Baden verheiratet ist. Für die Thronfolge kommt 
der Bruder des regierenden Herzogs Eduard 
(geb. 1861) bzw. dessen Sohn Joachim Ernst 
(geb. 1901) in Betracht. 
2. Fläche, Bevölkerung, Gewerbe. 
6 Anhalt hat einen Flächeninhalt von 2294,4 km 
mit (1905) 328029 Einwohnern, 143 auf 
1 qkm. 1871 zählte das Land 203 437, 1890: 
271 759 Einwohner. Der Religion nach waren 
im Jahr 1905: 3119999 Protestanten, 11 830
	        
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