Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

351 Argen 
liche Familiendokumente, geheime Verhandlungen, 
Instruktionen, Berichte, Dokumente, überhaupt 
Schriftstücke, welche veröffentlicht das Staats- 
interesse gefährden oder die Rechte der landesherr- 
lichen Familie und die von Privatpersonen in un- 
statthafter Weise berühren könnten. Auch können 
sonstige moralische und rechtliche Bedenken gegen 
Veröffentlichung von Archivbeständen maßgebend 
sein, und selbst das Taktgefühl muß noch mit- 
sprechen, wo alle jene Normen auch nicht vor- 
handen sind. Staatsarchive gewähren unterein- 
ander freie Benutzung der Bestände. Privaten 
gegenüber soll alle mögliche Rücksicht genommen 
werden, besonders da, wo es sich um allgemeine 
Interessen, also z. B. um Bereicherung der Wissen- 
schaft, handelt. Wie jedoch hierbei das Interesse 
des Staats bzw. des Besitzers nicht beeinträchtigt 
werden darf, so muß auch das archivalische Material 
vor jeder Schädigung gesichert sein. Daß der Zweck 
der Archivbenutzung und die Person, welche sie 
anstrebt, auch in Betracht gezogen werden, ist be- 
rechtigt; denn zur Befriedigung der Neugierde oder 
der Sammelwut eines Sonderlings zu dienen, 
dafür sind weder die Archive noch die Archivare 
da. Die Benutzung von Archivalien soll immer 
im Archiv selbst, d.h. in dem Arbeitszimmer des- 
selben geschehen. Aushändigung von Archivalien 
an Private nach auswärts ist nicht statthaft. Wollen 
Private eine solche Vergünstigung genießen, so darf 
die Ubersendung von Archivalien doch stets nur an 
ein Archiv, eine Bibliothek oder sonstige Behörde 
stattfinden, die Garantie für sichere Aufbewahrung 
leisten kann. Es ist eine erfreuliche Tatsache, daß 
auf dem gesamten Gebiet des Archiowesens ein 
frischer Aufschwung, der den Forderungen der 
Neuzeit Rechnung trägt, zu bestätigen ist. Hierfür 
spricht auch, daß mit dem Jahr 1899 zum ersten- 
mal ein allgemeiner deutscher Archivtag (in Straß- 
burg) stattfand, auf welchem eine Reihe in obiger 
Ausführung berührter Grundsätze zu weiteren fach- 
männischen Besprechungen kamen und der sowohl 
für die wissenschaftliche und amtliche Entwicklung 
des Archivwesens wie auch für den persönlichen 
Verkehr der Archivare und den gegenseitigen Aus- 
tausch gesammelter Erfahrungen und erworbener 
Kenntnisse sicher in der Folgezeit von ersprieß- 
lichem Wert sein wird. Seit jener Zeit finden 
alljährlich Archivtage, gewöhnlich im Anschluß 
an die Generalversammlung der deutschen Ge- 
schichts= und Altertumsvereine an demselben Ort, 
wo diese tagt, statt und fördern die Sache des 
Archivwesens in dem obengedachten Sinn. 
Die Literatur ist reicher an Abhandlungen 
über einzelne Gebiete als an erschöpfenden Lehr- 
büchern des Archivwesens. Mit Beschränkung auf 
das 19. Jahrh. sind zu nennen: Zinkernagel, Hand- 
buch für angehende Archivare (1800); Bachmann, 
lber A. (1801); Oegg, Ideen einer Theorie der A. 
wissenschaften (1804); Epplen, Anleitung zur Ein- 
richtung der A. u. Registraturen (1805); v. Medem, 
Erhard u. Höfer, Zeitschrift für A.kunde, Diplo- 
matik u. Gesch. (2 Bde, 1834/36); Friedemanns 
tinien. 352 
Zeitschrift für die A. Deutschlands (2 Bde, 1846/53); 
Archivalische Zeitschrift von Fr. v. Löher (13 Bde, 
1876/88); Archivalische Zeitschrift, Neue Folge, seit 
1890 hrsg. durch das Bayr. Allg. Reichsarchiv in 
München; Fr. v. Löher, Allehre (1890); Burk- 
hardts Korrespondenzblatt der deutschen A. (3 Bde, 
1878/80); Gollmert, Die preuß. Staatsarchive (im 
A. für Landeskunde der preuß. Monarchie IV); 
A. Kaufmann, lber deutsches A. wesen (in Deutsche 
Vierteljahrsschrift, Juli/Sept. 1867); Burkhardt, 
Die A.frage vor dem Reichstag (1868); v. Hagke, 
Über die Wiederherstellung eines deutschen Reichs- 
archivs u. über Reformen im 2 wesen (1868); 
K. Menzel in v. Sybels Histor. Zeitschrift XXII 
(1869); G. Holtzinger, Katechismus der Registra- 
tur= u. A.kunde (1883); Fr. Leist, Urkundenlehre 
(1882); Muller, Feith u. Fruin, Anleitung zum 
Ordnen u. Beschreiben von A.en; für deutsche 
Archivare bearb. von H. Kaiser (1905). über die 
archivalische Literatur der Jahre 1898/1906 vgl. 
auch Abert in der Archivalischen Zeitschrift XIV 
(1907). lZingeler.] 
Argentinien, südamerikanische Republik, 
besteht aus dem Gebiet der Bundeshauptstadt 
Buenos Aires, 14 Provinzen: Buenos Aires, 
Santa Fé, Entre Rios, Corrientes, Jujuy, Salta, 
Tucuman, Santiago del Estero, Cördoba, San 
Luis, Catamarca, Rioja, San Juan, Mendoza, 
und den Nationalterritorien: Chubut, Feuerland, 
Formosa, Neuquen, Rio Negro, Santa Cruz, 
Pampa, Misiones und Chaco. 
1. Geschichte. Als Entdecker gilt der spanische 
Pilot Juan Diaz de Solis, der 1509 den La Plata 
erreichte und denselben 1515 bis zur Mündung 
des Parand befuhr, aber von den Eingebornen 
erschlagen wurde. Glücklicher waren die Expedi- 
tionen von Sebastian Caboto (1527) und Pedro 
de Mendoza, welcher, von Spanien zum Statt- 
halter des neu entdeckten Landes ernannt, 1585 
Buenos Aires gründete, das aber wegen der An- 
griffe der Indianer bald wieder aufgegeben wurde. 
Eine zweite Ansiedlung 1542hatte dasselbe Schick- 
sal; erst nach einer dritten Gründung 1581 ver- 
mochte sich die Stadt zu behaupten. Von hoher 
Bedeutung für die Entwicklung des Landes war 
die segensreiche Tätigkeit der Jesuiten, welcher 
leider zu früh ein Ende gemacht wurde (s. unten). 
In administrativer Hinsicht war die Kolonie von 
Peru abhängig und hatte manche schlimme Wand- 
lung zu bestehen, selbst dann noch, als Spanien 
1776 die Gebiete von Bolivia, Uruguay, Para- 
guay und Argentinien zu einem Vizekönigreich 
La Plata vereinigte (Hauptstadt wurde 1778 
Buenos Aires). 1782 wurde dieses in acht 
Intendanzen geteilt, von denen vier Oberperu, 
vier Argentina bildeten; aus letzterem entstanden 
dann die Republiken Paraguay, Uruguay und die 
Argentinische Konföderation. 1810 entstanden 
infolge der Gewaltmaßregeln Napoleons gegen 
Spanien Unruhen und Wirren unter der in sich 
uneinigen Bevölkerung. Mehrere Jahre wurde 
gekämpft, bis sich auf dem Kongreß zu Tucumän 
am 9. Juli 1816 die Plata-Staaten für un- 
 
	        
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