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weder im Staat noch in der Kommune. Eintritt
in den Heerdienst kann gestattet, unter Umständen
erzwungen werden. Die gesetzliche Schulpflicht
trifft nur in Bayern und Elsaß-Lothringen den
Fremden.
Eine Einschränkung des freien Aufent-
halts kann Ausländern gegenüber aus denselben
Gründen erfolgen wie Inländern gegenüber, sie
kann aber auch ferner durch den Beistand gerecht-
fertigt sein, welchen sich die Staaten im Interesse
der Präventivjustiz und der öffentlichen Sicherheit
zu leisten verpflichtet sind.
Die Ausweisung kann aus dem Gebiet des
Deutschen Reichs erfolgen: a) als dauernde Neben-
strafe gegen unter Polizeiaufsicht gestellte oder der
Landespolizeibehörde überwiesene oder wegen ge-
werbsmäßigen Glücksspiels verurteilte Ausländer;
die Ausweisung ist durch die Landespolizeibehörde
anzuordnen; b) infolge des Unterstützungswohn-
sitzgesetzes und der demselben entsprechenden Ver-
träge über die Rücklieferung hilfsbedürftiger Aus-
länder. Durch die Einzelstaaten kann die Aus-
weisung von Ausländern nach Landesrecht auf
Grund der Fremdenpolizei erfolgen: a) infolge
der Gesetze über die Armen= und Sittenpolizei und
das Legitimationswesen, so daß mittel= und er-
werbslose, legitimationslose, an ansteckenden
Krankheiten leidende und geisteskranke Ausländer
zurück= und ausgewiesen werden dürfen; b) als
Vorbeugungsmaßregel gegen die Gefährdung der
inneren oder äußeren Ruhe und Sicherheit eines
deutschen oder eines mit dem Deutschen Reich be-
freundeten Staates durch Ausländer, vorausgesetzt,
daß letzterenfalls dem Deutschen Reich Gegensei-
tigkeit verbürgt ist; c) zur Repressalie oder Retor-
sion für gegen uns begangenes Unrecht.
Die Ausweisung eines Ausländers durch die
Behörde eines Einzelstaats gilt nur für das be-
treffende Staatsgebiet, sofern sie nicht auf Reichs-
gesetz beruht. In diesem Fall handeln die Landes-
behörden als Organe des Reichs und mit Wirkung
für das Reichsgebiet. Die Kosten des Ausweisungs-
transports trägt der ausweisende Staat. Die Aus-
führung der Ausweisung kann durch Transport
oder durch Erteilung eines Zwangspasses oder
durch Bekanntmachung der Ausweisungsverfügung
geschehen. Die Landesbehörde bestimmt die Grenze,
über welche der Ausgewiesene gebracht wird, wobei
sie auf die Wünsche des Ausgewiesenen Rücksicht
zu nehmen hat, sofern es sich nicht um die Aus-
lieferung handelt. Die Ausweisungen der Aus-
länder werden im „Zentralblatt für das Deutsche
Reich“ bekannt gemacht. Der Staat, dem der Ab-
gewiesene oder Ausgewiesene angehört, hat ihn
wieder aufzunehmen, auch wenn er inzwischen seine
frühere Staatsangehörigkeit verloren haben sollte,
ohne die neue zu erwerben. — Die Ausweisung
der Fremden als allgemeine Maßregel wird für
den Fall des Kriegs im Völkerrecht für zulässig
erachtet; dagegen ist strittig, ob auch im Frieden
durch eine allgemeine Anordnung die Ausweisung
Aufenthaltsrecht ufw.
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sämtlicher Angehörigen eines fremden Staats
völkerrechtlich zulässig sei. In der Literatur wird
verlangt, daß diese Maßregel nicht nach dem Er-
messen der Staaten, sondern nur aus bestimmten
Gründen zugelassen werden solle. Als solche
Gründe werden außer den vorangeführten noch
Ungehorsam gegen die inländischen Gesetze und
Option für das Ausland bezeichnet. Dementgegen
hat die preußische Staatsregierung auf Grund
ihrer Praxis Russen gegenüber eine Massenaus-
weisung auch im Frieden verfügt (1885). Die
Entscheidung der Frage ist, soweit nicht mit der
betreffenden auswärtigen Regierung seitens des
Reichs oder der Einzelstaaten Verträge abgeschlossen
sind, aus dem Recht des Einzelstaates zu ent-
nehmen. Der christlichen Weltanschauung wider-
spricht jede die Rechte einzelner verletzende Maß-
regel, und es sollte deshalb nur in Notfällen, nur
gegen Entschädigung der verletzten Privatrechte
und nur dann von ihr Gebrauch gemacht werden,
wenn der bezweckte Erfolg mit Sicherheit vorher-
zusehen ist.
4. Aufenthaltsrechtim Ausland. Wie
in Deutschland, steht auch in den auswärtigen
Staaten der Staatsbehörde das Recht zu, Aus-
länder aus ihrem Staatsgebiet auszuweisen. Von
dieser Befugnis machen England und Nord-
amerika nur im Weg der Gesetzgebung Gebrauch.
Solche Gesetze werden mit kürzerer Zeitdauer er-
lassen, z. B. in England die Prevention of Crime
Act vom 12. Juli 1882 gegen die amerikanischen
Agitatoren auf drei Jahre. In Belgien, dessen
Gesetz vom 22. Sept. 1835 vorbildlich geworden
ist, können Fremde, die in einer Gemeinde eine
Niederlassung begründet haben und als Nieder-
gelassene in das Gemeinderegister eingetragen
worden sind, nur durch königliches Dekret auf
Grund des Beschlusses des Ministeriums ausge-
wiesen werden, sofern sie die öffentliche Ruhe ge-
fährden oder strafrechtlich verfolgt werden oder im
Ausland wegen Verbrechen oder Vergehen ver-
urteilt worden sind. Fremde, die keine Nieder-
lassung in Belgien haben, können jederzeit durch
die Polizeibehörde ausgewiesen, und wenn sie
Bettler oder Landstreicher sind, unmittelbar über
die Grenze geführt werden (Gesetz vom 12. Febr.
1897). Auch in den Niederlanden (Gesetz
vom 13. Aug. 1847), Dänemark (Gesetz vom
15. Mai 1875), Luxemburg (Gesetz vom
18. März 1880) und Rumänien (Gesetz vom
18. April 1881) kann die Ausweisung nieder-
gelassener Fremder nicht durch die Polizeibehörden,
sondern nur durch die Staatsregierung und nur
wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit er-
folgen. Und sie ist in diesen Staaten ebenso wie
in Belgien auch für diesen Fall Niedergelassenen
gegenüber ausgeschlossen, welche längere Zeit im
Staat wohnen oder aus der Ehe mit einer In-
länderin Kinder haben. In Frankreich kann
der Minister des Innern jeden Fremden ausweisen.
Inden Grenzdepartements steht schon den Präfekten