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598 153 (491 957) der Industrie und dem Bau-
wesen, 171 1121(140870) dem Handelund Verkehr,
98319 (77785) dem öffentlichen Dienst und den
freien Berufen; 13 682 (18 161) verrichteten wech-
selnde Lohnarbeit und häusliche Dienste, 112785
(64 250) waren ohne Beruf und Berufsangabe.
Die Bevölkerung verteilt sich auf 1492 Land= und
117 Stadtgemeinden; von letzteren zählte Karls-
ruhe 1905: 111249, Mannheim 163 693, Frei-
burg 74098, Heidelberg 49527, Pforzheim
59 389, Konstanz 24 807 Einwohner. — Von
der Gesamtfläche entfallen auf Acker= und Garten-
land 37,7% , auf Weinberge 1,3, auf Wiesen
13,9, auf Weiden 3,6 und auf Wald 37,7%.
Bedeutend ist die Kultur der Handelsgewächse. Im
Tabakbau übertrifft Baden alle andern deutschen
Länder und vereinigt, trotzdem der Anbau seit
Jahren zurückgegangen ist, fast die Hälfte des
deutschen Gesamtbaus (1906: 13 600 t auf
6181 ha, 1897: 20 427 t auf 9025 ha). Auch
der Hopfenbau geht zurück (1906: 1750 ha mit
1500 t). Bedeutend ist der Weinbau (1906:
17 360 ha). Der Viehstand war 1904 bzw.
1897: 76 486 bzw. 71515 Pferde, 670654
bzw. 660 885 Stück Rindvieh, 5150038 bzw.
411253 Schweine, 59 295 bzw. 81 821 Schafe
und 113 902 bzw. 102 682 Ziegen. Der Berg-
bau ist unbedeutend; die beiden Salinen Dürr-
heim und Rappenau gehören dem Staat. Be-
sonders reich ist Baden an warmen und kalten
Mineralquellen (über 60). — Die erste Stelle in
der Industrie nimmt die Verarbeitung der Baum-
wolle (im Wiesental und obern Rheintal) ein;
bedeutend sind auch die Zigarren- und Tabak-
fabrikation, die chemische Großindustrie (Mann-
heim), der Maschinenbau (Mannheim und Karls-
ruhe), die Bierbrauerei; die Bijouterien Pforz-
heims und die Uhren und Musikwerke des
Schwarzwalds sind weltbekannt. Den regen Ver-
kehr fördern außer Rhein und Neckar ein weites
Netz von Straßen und Eisenbahnen (1961,2 km,
davon 1740 km Staatsbahnen). Die Reichsbank
hat eine Hauptstelle in Mannheim, zwei Bank-
stellen in Karlsruhe und Freiburg und über zehn
Nebenstellen. Bedeutendere Banken sind ferner die
Badische Bank (Aktienkapital 9 Mill., Grenze des
zulässigen Umlaufs 27 Mill. M), die Rheinische
Kreditbank (70 Mill. Al), die Rheinische Hypo-
thekenbank (18 Mill. M) usw.
3. Verfassung und Verwaltung. Die
Staatsform des Großherzogtums ist die konstitu-
tionelle erbliche Monarchie nach der Verfassungs-
urkunde vom 22. Aug. 1818, abgeändert durch
Gesetze vom 5. Aug. 1841, 17. Febr. 1849,
17. Juni 1862, 21. Okt. 1867, 20. Febr. 1868,
21. Dez. 1869, 16. April 1870, 24. Juli 1888
(Beamtengesetz) und 24. Aug. 1904. Der Thron
ist erblich nach dem Recht der Erstgeburt im
Mannesstamm der großherzoglichen Dynastie Zäh-
ringen und geht nach dessen Erlöschen auf die
männlichen Nachkommen badischer Prinzessinnen
Baden.
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über. Der Großherzog wird mit zurückgelegtem
18. Jahr volljährig; zur Vormundschaft ist der
nächste Agnat und die Mutter bestimmt (Haus-
gesetz vom 4. Okt. 1817). Er bekennt sich zur
evangelischen Kirche und führt den Titel: Groß-
herzog von Baden, Herzog von Zähringen usw.
Ihm und dem Erbgroßherzog sowie deren Ge-
mahlinnen kommt das Prädikat „Königliche Ho-
heit“" zu. Das Wappen zeigt einen goldenen
Schild mit einem roten, schrägrechten Balken; die
Landesfarben sind Gelb-Rot-Gelb. Orden:
Hausorden der Treue (gestiftet 1715), der mili-
tärische Karl Friedrich-Verdienstorden (1807 mit
Pension), Orden Bertholds I. (1896), Orden
vom Zähringer Löwen (1812).
Die gesetzgebende Gewalt übt der Großherzog
gemeinsam mit der aus zwei Kammern bestehen-
den Landesvertretung aus. Die Erste Kammer,
ursprünglich eine Kammer der Standesherren, jetzt
eine ständische Vertretung, setzt sich zusammen aus
den volljährigen Prinzen des großherzoglichen
Hauses, den Häuptern der standesherrlichen Fami-
lien, dem katholischen Landesbischof (Erzbischof
von Freiburg), dem Prälaten der evangelischen
Landeskirche, aus 8 Abgeordneten des grundherr-
lichen Adels, aus je einem Abgeordneten der 3 Hoch-
schulen, aus 3 von den Handelskammern, 2 von
der Landwirtschaftskammer und einem von den
Handwerkskammern gewählten Abgeordneten, aus
2 Oberbürgermeistern der Städteordnungsstädte,
aus einem Bürgermeister der übrigen Städte über
3000 Einwohner, aus einem Mitglied eines der
Kreisausschüsse und aus 8 (darunter 2 höhere
richterliche Beamte) vom Großherzog ernannten
Personen. Die Mandatsdauer der durch Wahl
oder Ernennung berufenen Mitglieder beträgt 4
Jahre. Den Präsidenten ernennt der Großherzog.
Die Zweite Kammez besteht aus 73 Abgeord-
neten, die, jeder in besonderem Wahlkreis, in all-
gemeiner, direkter, geheimer Abstimmung auf 4
Jahregewähltwerden. Wahlberechtigtsind Staats-
angehörige, die über 25 Jahre alt sind und in Baden
wohnen und entweder die Staatsangehörigkeit
2 Jahre besitzen oder wenigstens 1 Jahr bei ein-
jährigem Wohnsitz; wählbar sind die über 30 Jahre
alten Wahlberechtigten. Nicht wählbar in ihrem
Dienstbezirk sind alle staatlichen Beamten sowie
die Ortsgeistlichen. Wenn der erste Wahlgang
(bei den Wahlen zur Zweiten Kammer) nicht die
absolute Stimmenmehrheit für einen Kandidaten
ergibt, kommen alle Kandidaten mit wenigstens
15% Stimmen in den zweiten Wahlgang (Stich-
wahl); in diesem entscheidet die relative Mehrheit.
Die Abgeordneten der Ersten und Zweiten Kammer
(außer den Prinzen und Standesherren) erhalten
12 M, die am Sitz des Landtags (Karlsruhe) woh-
nenden Abgeordneten 9 M Diäten für die Dauer
der Anwesenheit bei den Sitzungen und der erfor-
derlichen Reisetage. Die Abgeordneten genießen
während der Tagung der Ständeversammlung so-
wie 8 Tage vorher und nachher freie Fahrt auf