Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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Noten ungedeckt sind. Die Notenausgabe erfolgt 
derart, daß die Bank an Stelle von Währungs- 
geld mit Noten zahlt. 
Das Recht der Notenausgabe wird staatlicher- 
seits bestimmten Banken verliehen. Solche Noten- 
banken können Staatsbanken sein oder staatlich 
privilegierte Privatbanken mit oder ohne Mono- 
polstellung (im letzteren Fall bestehen neben der 
Hauptbank noch Notenbanken mit geringerer Be- 
deutung, so ist es z. B. im Deutschen Reich der 
Fall) oder reine Privatbanken mit bestimmten 
staatlichen Sicherheitsvorkehrungen (z. B. die 
amerikanischen Notenbanken). Die Aufgabe der 
Notenbanken ist eine doppelte: einmal muß volle 
Sicherheit für die stete Einlösbarkeit der Noten 
bestehen, und dann müssen so viel Banknoten aus- 
gegeben werden, als die Volkswirtschaft bedarf, 
aber nicht mehr, als ihr gedeihlich sind. Die erste 
Aufgabe wird gelöst durch eine richtige Deckung 
der ausgegebenen Noten, die zweite durch eine 
Formulierung oder Abwehr der Kreditansprüche 
infolge der Verbilligung oder Erhöhung der Dis- 
kont= und Lombardsätze, die Deckung ist ent- 
weder volle oder teilweise Bardeckung. Im ersten 
Fall liegt der gesamte Betrag der ausgegebenen 
Noten in Metall für die Einlösung bereit, die 
Sicherheit ist infolgedessen natürlich am größten, 
gleichzeitig aber auch die Benützung der Gelder 
für das Diskontogeschäft unmöglich gemacht. Bei 
der teilweisen Bardeckung wird nur das sofortige 
Vorhandensein von Bargeld für einen Bruchteil 
der ausgegebenen Noten (30, 33⅛, 40 %) ge- 
fordert. Das System der Volldeckung mit einer 
gewissen Einschränkung ist besonders zum Ausdruck 
gekommen in dem sog. Currency principle, das 
in der noch heute für die Bank von England gel- 
tenden Peelschen Bankakte von 1844 niedergelegt 
ist. Damit nicht durch eine künstliche Vermehrung 
der Umlaufsmittel die Warenpreise steigen, fordert 
es die Volldeckung der Noten über einen gewissen 
Stock hinaus (16,2 Mill. Pfund Sterling), dessen 
der Verkehr unter allen Umständen bedarf und 
der darum völlig ungedeckt bleiben kann. Die teil- 
weise Bedeckung, das Banking principle, hat, 
wenn auch bisweilen kombiniert mit dem englischen 
System, fast überall Eingang gefunden. Der tat- 
sächliche praktische Unterschied zwischen den beiden 
Deckungssystemen ist früher sehr überschätzt wor- 
den. — Im Deutschen Reich bestanden vor dem 
Bankgesetz vom 14. März 1875 nicht weniger als 
33 Notenbanken, die zusammen 144 verschiedene 
Wertzeichen ausgaben. Das genannte Gesetzschuf 
eine Zentralbank, die Deutsche Reichsbank, und 
erschwerte den Geschäftsbetrieb der andern Noten- 
banken. Vgl. darüber den Art. Reichsbank. 
III. Geschichtlicher Aberblick; die Bank- 
Konzentration. Die Entwicklung unseres heu- 
tigen Bank= und Kreditwesens knüpft an die mit- 
telalterliche Einrichtung der Geldwechsler an, 
welche bei den durch die Vielgestaltigkeit der euro- 
päischen Staaten bedingten Münzverhältnissen eine 
Banken und Kreditinstitute. 
  
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Notwendigkeit waren. Bei dem regen Verkehr, 
den namentlich Deutschland mit Italien pflegte, 
hatten die Italiener in kurzer Zeit aus diesem Ge- 
schäft nahezu ein Monopol für ihre Nation ge- 
macht. Auf Messen und Märkten etablierten die 
italienischen Geldwechsler einen Stand, eine Bank, 
auf welcher sie in hölzernen Schüsseln die verschie- 
denen Geldsorten aufzustellen pflegten. Wie es 
die Natur eines solchen fliegenden Bankgeschäfts, 
welches dem augenblicklichen Bedarf der an einem 
Ort zusammengeströmten Kaufleute aus aller 
Herren Ländern gerecht werden wollte, mit sich 
brachte, beschränkte das Geschäft sich bald nicht 
mehr auf das einfache Wechseln, sondern es trat 
dazu die Verwahrung von Geld und Waren und 
die Darlehnsgewährung gegen hinterlegte Waren. 
Bei der weiteren Entwicklung übernahmen die 
Geldwechsler die Ausgleichung der verschiedenen 
Geschäfte, welche von den Kaufleuten auf Märkten 
und Messen geschlossen wurden, gegen deren An- 
weisung (Girogeschäft), wie auch Zahlungen nach 
fremden Plätzen hin; durch diese letzteren entstand 
der Wechselverkehr. 
Auch die ersten Banken entstanden in Italien, 
die älteste Bank wurde 1171 in Venedig gegründet 
(Monte vecchio), ihr folgten um 1280 der 
Monte nuovo und um 1410 der Monte novis- 
simo. Schlechte Erfahrungen, die man mit diesen 
Privat-Girobanken gemacht hatte, führten 1587 
zur Gründung der Banco di Rialto, seit 1619 
Banco del Giro, eines staatlichen Instituts, das 
erst mit dem Untergang der venezianischen Re- 
publik verschwand. Die Bank von Genua war 
1320 ins Leben gerufen worden. Uberall waren 
diese ersten Bankinstitute ihrer rechtlichen FormM 
nach Privatbanken im Besitz von Einzelbankiers, 
ihrer wirtschaftlichen Form nach Depositen= und 
Girobanken. Üble Geschäftsgewohnheiten, wie 
z. B. die Münzverschlechterung der deponierten 
Gelder, willkürliche Büchereintragungen, umfang- 
reiche Darlehen an Fürsten und andere mächtige 
Personen, führten zu zahlreichen Bankbrüchen und 
zu einer zunehmenden staatlichen ÜUberwachung. 
Ende des 16. Jahrh. tritt dann eine Verstaat- 
lichung oder Kommunalisierung dieser Girobanken 
ein; es wird verboten, mit den deponierten Gel- 
dern Geschäfte zu betreiben, infolgedessen fallen 
die Zinsen weg, gleichzeitig aber auch meist die 
Provision für Aufbewahrung der Gelder und Um- 
schreibung, so daß diese Institute eigentlich nur 
Abrechnungsstellen sind. 
Die ältesten außeritalienischen Banken von 
umfassender Bedeutung sind die „Bank von 
Amsterdam“ (gegr. 1609) und die 1619 ge- 
gründete „Hamburg Bank“, welche erst 1875 
mit der Gründung der Deutschen Reichsbank ein- 
ging. Neben der Vereinfachung der Zahlung 
waren diese Banken auch auf die Sicherung der 
Währung bedacht. Die Münzen wurden nur 
nach ihrem Silbergewicht angenommen, die Zah- 
lungen erfolgten durch Anweisungen auf eine be-
	        
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