Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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des Staats, Grenze des gestatteten Notenumlaufs: 
70 Mill., Notenprivileg einstweilen bis 1910), die 
Bayrische Handelsbank (27 Mill.), die Bayrische 
Bank (9 Mill.), die Nürnberger Vereinsbank 
(15 Mill.), die Süddeutsche Bodenkreditbank 
(24 Mill.) usw. 
3. Verfassungund Verwaltung. Nach- 
dem Maximilian I. Joseph schon am 17. Sept. 
1814 eine Reform für notwendig erklärt hatte, 
gab er 4 Jahre später die Konstitution. Die Ver- 
fassungsurkunde datiert vom 26. Mai 1818 und 
hat durch das Gesetz vom 9. März 1828 wegen 
Bildung der Ersten Kammer und die Wahlgesetze 
vom 4. Juni 1848 (modifiziert am 21. März 
1881) und 9. April 1906 nicht unwesentliche 
Veränderungen erfahren. — An der Spitze des 
Staats steht der König aus der wittelsbachischen 
Dynastie. Der Thron ist erblich nach dem 
Recht der gemischten Thronfolgeordnung: die 
Prinzessinnen und Prinzen, welche durch Frauen 
mit der Dynastie verwandt sind, können nur 
dann sukzedieren, wenn der Mannesstamm des 
Herrscherhauses in allen Zweigen erloschen und 
kein durch Verwandtschaft oder Erbverbrüderung 
zur Nachfolge berechtigter Prinz vorhanden ist. 
Der König sowie die Prinzen und Prinzes- 
sinnen des königlichen Hauses werden mit dem 
18. Jahre volljährig. Bei Minderjährigkeit oder 
Verhinderung an der Ausübung der Regierung 
tritt eine Regentschaft ein, welche dem vom König 
hierzu bestimmten Prinzen oder dem nächsten 
Agnaten oder der verwitweten Königin oder dem 
ersten Kronbeamten gebührt. Eine solche besteht 
seit dem 10. Juni 1886. Die Bestimmungen des 
Titels II, § 18 der Verfassungsurkunde über die 
Beschränkungen der Regenten sind durch Gesetz 
vom 26. Okt. 1887 ergänzt bzw. ausgelegt wor- 
den. Der König bekennt sich zur katholischen Re- 
ligion. Die Zivilliste beträgt einschließlich der 
Apanagen 5 403160 M. Die Verhältnisse der 
königlichen Familie unter sich und zum König sind 
durch Familienstatut vom 5. Aug. 1819 geregelt. 
Der Titel des Königs lautet: König von Bayern, 
Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern, Franken 
und in Schwaben (Königliche Majestät). Das 
königliche Haus hat eine Nebenlinie, ehemals 
Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld, deren Glieder den 
Titel Herzog oder Herzogin in Bayern führen. 
— Das Staatswappen ist ein länglich-vier- 
eckiger, quadrierter Schild mit einem Mittelschild, 
welcher 42 silberne und blaue Rauten zeigt, die 
diagonal schrägrechts aufsteigen. Die Landes- 
farben sind Weiß-Blau. Orden: der St Hu- 
bertusorden (gestiftet 1444, 1 Klasse), der St 
Georgsorden (zur Zeit der Kreuzzüge, erneuert 
1729, 7 Klassen), der Militär-Max-Joseph-Orden 
(1797, verleiht persönlichen Adel, 3 Klassen), der 
Verdienstorden der bayrischen Krone (1808, ver- 
leiht persönlichen Adel, 4 Klassen), der St Mi- 
chaelsorden (1693, seit 1837 Verdienstorden, 
5 Klassen), der Ludwigsorden (1827, für 50jäh- 
  
Bayern. 
  
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rige Dienstzeit), der Maximiliansorden (1853, 
für Kunst und Wissenschaft), der Militärverdienst- 
orden (1866, 6 Klassen) usw. Frauenorden sind 
der Theresienorden (1827), der Elisabethorden 
(1766) und der Anngorden (1784 und 1803). 
Die vollziehende Gewalt steht dem König als 
dem Staatsoberhaupt allein zu, sofern die Ver- 
fassung nicht die Mitwirkung der Stände aus- 
spricht; die gesetzgebende übt er unter Zuziehung 
derselben aus. Beratendes Organ ist der Staats- 
rat (Instruktion v. 18. Nov. 1825, rev. 3. Aug. 
1879), welcher unter des Königs unmittelbarer 
Leitung steht und aus den volljährigen Prinzen, 
den Ministern und einer der Zahl der Minister 
mindestens gleichkommenden Anzahl von hohen 
Beamten, Militärs oder sonst vorzüglich würdigen 
Persönlichkeiten zusammengesetzt ist, die vom König 
zu Mitgliedern ernannt werden. In einzelnen 
Fällen der Verwaltungsjustiz bildet der Staats- 
rat die höchste Instanz; seine Beschlüsse werden 
mit königlicher Unterschrift ausgefertigt. 
Die Volksvertretung besteht aus dem 
Landtag, der sich aus zwei Kammern zusammensetzt, 
welche nur vereint einen gültigen Beschluß fassen 
können. Die Erste Kammer (der Reichsräte) be- 
steht (Gesetz vom 9. März 1828) aus den voll- 
jährigen königlichen Prinzen, den Kronbeamten, 
den Erzbischöfen von München-Freising und Bam- 
berg, den Häuptern der ehemals reichsständischen 
fürstlichen und gräflichen Häuser, einem vom 
König auf Lebenszeit zum Mitglied ernannten 
Bischof, dem Präsidenten des protestantischen 
Oberkonsistoriums und jenen Mitgliedern, die der 
König erblich oder lebenslänglich ernennt, und 
zwar darf die Zahl der letzteren den dritten Teil 
der erblichen Reichsräte nicht übersteigen. Die 
erbliche Reichsratswürde verleiht der König nur 
solchen adligen Gutsbesitzern, welche neben dem 
bayrischen Staatsbürgerrecht ein im Lehen= oder 
Fideikommißverband stehendes Grundvermögen 
besitzen, auf dem ein Grundsteuersimplum von 
514 M lastet. Zum Eintritt in die Erste Kammer 
ist die erlangte Volljährigkeit nötig, zur Ausübung 
des Stimmrechts das vollendete 25. (bei den 
königlichen Prinzen das vollendete 21.) Lebens- 
jahr. Den ersten Präsidenten ernennt der König, 
der zweite wird gewählt. Die Reichsräte beziehen 
keine Diäten. — Die Wahlen für die Zweite 
Kammer sind geordnet durch das Wahlgesetz vom 
9. April 1906, sie erfolgen direkt. Die Zahl der 
Abgeordneten beträgt 163; diese Festsetzung ge- 
schah nach den Ergebnissen der Volkszählung vom 
1. Dez. 1900 derart, daß im Durchschnitt auf 
38.000 Einwohner ein Abgeordneter zu wählen 
ist. Das Land ist gesetzlich in 133 Wahlkreise 
geteilt, von denen 30 je 2 Abgeordnete wählen. 
Das aktive und passive Wahlrecht besitzt, wer das 
25. Lebensjahr überschritten, die bayrische Staats- 
angehörigkeit seit mindestens einem Jahr besitzt 
und eine direkte Staatssteuer entrichtet; auch muß 
der Verfassungseid geleistet sein. Die Wahl ist
	        
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