Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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vorzunehmen, damit der Übertragung ansteckender 
Krankheiten kein Vorschub geleistet werde u. a. 
Eine der ausführlichsten Begräbnisord- 
nungen der jüngeren Zeit ist die für Baden 
(Ministerialverfügung vom Januar 1884). Mit 
Recht ist die Beerdigung innerhalb der Kirchen- 
und Klostermauern sowie bewohnter Gegenden von 
Städten gesetzlich seit langer Zeit in den ver- 
schiedensten Ländern untersagt. Ein ausnahms- 
weises, seltenes Abweichen von dieser Bestimmung 
etwa bei Angehörigen einer Stiftung (Familien= 
kirche oder Kapelle), bei hohen kirchlichen oder 
staatlichen Würdenträgern u. a. läßt sich in dem 
Fall mit den Forderungen der Hygiene in Ein- 
klang bringen, daß für gute Gruftanlage, sorg- 
fältige Einbalsamierung der Leiche und hermetischen 
Verschluß derselben in Doppelsärgen Sorge ge- 
tragen wird. Kirchen= und Klostergrüfte sollen 
gut nach außen ventiliert und mit einem sicheren 
Gewölbe versehen sein, welches nicht nur der Gefahr 
des Einsturzes des Bodenbelags vorbeugt, sondern 
auch Schutz gegen Durchdringen von Gruftgasen 
nach oben gibt. Bei starkbesuchten engen Kirchen 
erscheint jedoch ein derartiges, auch ausnahms- 
weises Benutzen nicht ratsam, sondern sollte auf 
große Dom= und Abteikirchen und noch besser auf 
freiliegende, einzeln stehende Gruft= oder Kirch- 
hofskapellen beschränkt bleiben. 
Literatur. Schuster, Beerdigungswesen, 
im Handb. der Hygiene u. Gewerbekrankheiten II, 
1. Abt., 1. Hälfte (1882); Wegmann-Ercolani, 
Die Leichenverbrennung alsrationellste Bestattungs- 
art ((11874); Küchenmeister, über Leichenverbren- 
nung (1874); Mohr, Gründe der exakten Natur- 
wissenschaft gegen die Leichenverbrennung, im 
„Daheim“, 10. Jahrg. (1874); Adler, Die Leichen- 
verbrennung mit besonderer Rücksicht auf die öster- 
reich. Gesetzgebung (1874); Creus, Leichenbeerdi- 
gung u. Leichenverbrennung (aus dem Spanischen 
übers. von L. Schütz, 1879). — Pettenkofer, über 
die Wahl der Begräbnisplätze, in der Zeitschr. für 
Biologiel (1865); Rupell, Die Wahl der Begräbnis- 
plätze, in Vierteljahrsschrift für gerichtl. u. öffentl. 
Medizin VIII (1868), Hft 1; Fleck, im 2., 3., 4. u. 
5. Jahresbericht der chem. Zentralstation für öffentl. 
Gesundheitspflege in Dresden (1873/76); Du Mes- 
nil, Schützenberger, Miquel, Carnot (Pariser 
Kommission zur Assanierung der Friedhöfe), Be- 
richt in der Revue d’hygiene etc. III (1881), Nr7; 
Vallin, La question des cimetières, in der Revue 
d’hygiene III (1881), Nr 8; Winter, Die Bestat- 
tung der Toten (1880); über die hygien. Anforde- 
rungen an Anlage u. Benutzung der Friedhöfe, Re- 
ferat von Hoffmann und Korreferat von Siegel auf 
der 9. Versamml. des Deutschen Vereins für öffentl. 
Gesundheitspflege in Wien 1881; vgl. Deutsche 
Vierteljahrsschr. für öffentl. Gesundheitspflege XIV. 
(1882) 11 ff; Gärtner, Leitfaden der Hygiene 
(11905); Prausnitz, Grundzüge der Hygiene 
(11905); Rubner, Lehrb. der Hygiene (581907); 
Flügge, Grundriß der Hygiene (51902); Fürst, 
in Vierteljahrsschr. für öffentl. Gesundheitspflege 
XXXIX (1907), Nr 3. Die jeweilig neuesten Auf- 
sätze über einschlägige Fragen sind verzeichnet im 
alljährlichen Repertorium der Vierteljahrsschr. für 
  
  
Behörden — Beichtgeheimnis. 
  
690 
öffentl. Gesundheitspflege (seit 1870). Bibliothek 
der ges. mediz. Wissenschaften, Hygiene u. geschichtl. 
Medizin, Art. „Leichen" u. „Leichenwesen“ (1899). 
lHopmann, rev. Funck.] 
Behörden s. Amt. 
Beichtgeheimnis. 1. Begriff. Das 
Beichtgeheimnis (sigillum confessionis) in der 
katholischen Kirche ist die absolute, auf ius divi- 
num positivum beruhende Verpflichtung des 
Priesters, über dasjenige, was ihm in der sakra- 
mentalen Beicht anvertraut ist, Stillschweigen zu 
beobachten. In dieser Definition liegen folgende 
Monmente. 
a) Das Beichtgeheimnis hat seinen Platz nur 
in der katholischen Kirche, da nur hier Priester- 
weihe und Buße besondere Sakramente sind. 
b) Subjekt des Beichtgeheimnisses ist nicht 
das Beichtkind, sondern der Beichtvater bzw. bei 
reservierten Fällen der kirchliche Obere, der mit 
dem Beichtvater unum tribunal bildet. 
c) Das Beichtgeheimnis wurzelt im ius di- 
vinum positivum, daher kann selbst der Papst 
nicht von dieser Verbindlichkeit wirksam lösen. 
Christus hat das heilige Bußsakrament in der 
Form eines Gerichts eingesetzt, bei welchem der 
freiwillige Ankläger (das Beichtkind) zugleich der 
Angeklagte ist, während der Priester (Beichtvater) 
der Richter ist. Da nun die Pflicht zu beichten 
(in re vel in voto) als pars sacramenti auf 
positivem göttlichen Recht beruht, so wurzelt auch 
das begriffliche Korrelat zur Beichtpflicht, die 
Schweigepflicht, im positiven göttlichen Recht. 
Daher ist das Beichtgeheimnis ein sigillum Sa- 
cramentale, kein bloßes naturale, seine 
Verletzung also Sakrileg; daher involviert das 
Beichtgeheimnis eine Rechts pflicht. 
d) Objekt des Beichtgeheimnisses ist der In- 
halt der sakramentalen Beicht. Sakramental aber 
ist jene Beicht, welche in der Intention abgelegt 
wird, dem Priester als dem Stellvertreter Christi 
und Inhaber der Schlüsselgewalt die Sünden zu 
bekennen, um von ihm die Lossprechung zu erhalten 
(ogl. die Einsetzungsworte bei Joh. 20, 23). Baga- 
tellen (parvitas materiae) gibt es hierbei nicht. 
e) Das Beichtgeheimnis ist eine absolute 
Pflicht und leidet keinerlei Ausnahme. Das Beicht- 
geheimnis besteht fort auch nach dem Tod des 
Beichtkindes, ferner unabhängig davon, ob die 
Beicht gültig war oder nicht, ob die Lossprechung 
erteilt war oder nicht, auch dann, wenn der Bruch 
des Beichtgeheimnisses dem Beichtkind, dem Beicht- 
vater, dem Staat, der Kirche den größten Nutzen, 
die Bewahrung die größte Gefahr bringen würde 
(Decr. Inquis. 18. Nov. 1682). Würdeder Beicht- 
vater seine eigene Beicht nicht ohne Bruch des 
Beichtgeheimnisses ablegen können, so muß er die 
Integrität seiner Beicht verletzen. Er muß auch 
gleichsam sich selbst gegenüber das Beichtgeheimnis 
wahren in dem Sinn, daß er das, was er in seiner 
Stellung als Stellvertreter Christi in der sakra- 
mentalen Beicht vernommen hat, in seinen sonstigen
	        
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