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statistigue et dynamique, des agglomérations
urbaines etc. Rapport présenté au XIe Con-
grès internat. d'Hygiène et de Démographie
(Brüssel 1903); O. Ghislain, Géogr. industrielle
et commerciale de la Belgique (ebd. 1903); E.
Prost, La Belgique agricole, industrielle et com-
merciale (Par. u. Lüttich 1904); Dresemann, Das
erste Eisenbahnsystem (1905); La Patrie Belge
1830/1905, hrsg. von Rossel (Brüssel 1905). —
Brämer, Nationalität u. Sprache im Königr. B.
(1887); Gottfr. Kurth, Deutsch B., Organ des
deutschen Vereins zur Hebung der Muttersprache
im deutschredenden B. (1899 ff). — Annuaire sta-
tistique de la B.; Almanach royal offciel.
lEd. Franz, rev. Dresemann.)
* Bellarmin, Franz Romulus RNobert,
. J., der große Kardinal und Kontroversist, wurde
am 4. Okt. 1542 zu Monte Pulciano im Gebiet
von Florenz geboren. Er war ein Neffe des Kar-
dinals Cervino, der 1555 unter dem Namen Mar-
cellus II. den päpstlichen Stuhl bestieg. Als Knabe
durch außerordentliche Talente hervorragend, trat
Bellarmin, 18 Jahre alt, 1560 in den Jesuiten-
orden. Die philosophischen und theologischen Stu-
dien absolvierte er zu Rom, lehrte dann zu Florenz
und Mondovi Rhetorik (1564/67), zu Padua 1569
Theologie und bestieg 1570, als der erste Jesuit,
die Lehrkanzel der Theologie zu Löwen. Nach
Rom zurückberufen (1576), hielt er im dortigen
Jesuitenkolleg 12 Jahre lang unter außerordent-
lichem Zulauf jene berühmten Kontroversvorle-
sungen, aus welchen sein Hauptwerk: Disputa-
tiones de controversjis christiange fidei ad-
versus huius temporis haereticos, erwuchs.
Dasselbe wurde zuerst 1589/92 zu Ingolstadt in
drei Folianten gedruckt und später oft in den ver-
schiedensten Ländern und Städten. Die Allseitig-
keit, womit hier sämtliche neueren Häresien zu-
sammengefaßt, und die unermeßliche Gelehrsam-
keit, die klassische Klarheit und Gründlichkeit wie
die würdevolle, von jeglicher Schmähung des
Gegners freie Polemik, womit sie widerlegt wur-
den, sicherten dem Werk bei Freund und Feind
als der bedeutendsten Leistung der katholischen
Kontroverse hervorragendes Ansehen. Viele prote-
stantische Gelehrte haben darum während des
17. Jahrh. sich bemüht, es zu bekämpfen; über
sie und ihre Abweisungen vgl. die sehr umfang-
reiche Bellarminliteratur (bei K. Werner, Suarezu.
die Scholastik I 34/40). An dieser Stelle kommen
besonders in Betracht die im 1. Band enthaltenen
Kontroversen über Papst und Kirche, namentlich
das 5. Buch: De Romano Pontifice (de pote-
state Rom. Pontif. in temporalibus), und das
3. Buch: De membris Ecclesiae (de laicis et
potestate laicorum), sowie die fast gleichzeitig,
aber separat herausgegebene Kontroverse: De
translatione imperii Romani a Graecis ad
Francos (Antwerp. 1589) gegen den Protestanten
Flacius Illyricus gerichtet. Nachdem Bellarmin
in den folgenden Jahren verschiedene Amter seines
Ordens und Missionen, namentlich die Vertretung
Bellarmin.
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Sixtus' V. und seiner Politik in Frankreich (gegen
die Liguisten) versehen hatte, wurde er im Jahr
1599 von Papst Klemens VIII. zum Kardinal
und 1602 zum Erzbischof von Capua ernannt.
Unter den vielen theologischen, exegetischen und
aszetischen Werken, die Bellarmin in den folgen-
den Jahren schrieb, verdienen hier besondere Er-
wähnung diejenigen Streitschriften, mit
welchen sich Bellarmin in den Jahren 1606/10
an zwei heftigen kirchenpolitischen Kämpfen betei-
ligte. Der eine war veranlaßt durch die cäsaristi-
schen Eingriffe der Republik Venedig in die
Rechte und Freiheiten der Kirche, insbesondere
in das Recht, unbewegliche Güter zu erwerben,
und in den seit Jahrhunderten bestehenden sowie
durch die ältesten bürgerlichen Gesetze anerkannten
privilegierten Gerichtsstand der Kleriker. Die zur
Verteidigung dieser revolutionären Maßnahmen
verfaßten Schriften des zum Consultore di Stato
erhobenen berüchtigten Servitenmönchs Paolo
Sarpi und des neapolitanischen, in Venedig leben-
den Priesters Joh. Marsilli widerlegte Bellarmin
1606 in zwei italienisch geschriebenen Werkchen,
welche 1607 zu Köln und Mainz auch lateinisch
erschienen unter dem Titel: Responsio ad duos
libellos in favorem reipublicae Venetae con-
scriptos.
Der zweite kirchenpolitische Streit betraf Eng-
land und den von König Jakob I. seinen katho-
lischen Untertanen unter den schwersten Strafen
vorgeschriebenen Treueid (iuramentum fideli-
tatis), welcher im Grund nur ein verhüllter Supre-
matseid war, d. h. eine tatsächliche Anerkennung
der souveränen Gewalt des Königs auch in geist-
lichen Dingen enthielt, wie auch Ranke (Engl.
Gesch. 1 544 f) einräumt. Namentlich wurde in
dem Eid die Erklärung verlangt, daß es häretisch
sei, dem Papst das (tatsächlich im ganzen Mittel-
alter anerkannte) Recht, unter Umständen Fürsten
abzusetzen, zuzuschreiben. Da manche englische
Katholiken, insbesondere der Erzpriester Blackwell,
den von Paul V. verworfenen Eid für erlaubt
hielten, hatte Bellarmin den ihm befreundeten Erz-
priester brieflich auf das Verfängliche des Eides
aufmerksam gemacht. Gegen diesen Brief ließ
König Jakob zuerst anonym eine Kritik erscheinen
unter dem Titel: Triplici nodo triplex cuneus
s. apologia pro inramento fidelitatis (Lond.
1607), welche Bellarmin in dem pseudonymen
Werkchen Matthaei Torti responsio ad librum
cui titulus: Triplici nodo usw. (Köln 1608)
widerlegte. Hierdurch gereizt, verfaßte der könig-
liche Theologaster, nachdem er sich längere Zeit mit
seinen Theologen eingeschlossen, eine neue, dick-
leibigere Ausgabe seiner Apologie, die neben dem
Beweis, der Papst sei der Antichrist, eine Reihe
von apokalyptischen Dissertationen enthielt, welche
der französische Gesandte als die „größten Narre-
teien unter der Sonne“ bezeichnete. Das Werk
erschien nicht, wohl aber die alte Apologie mit
neuer Vorrede. Hierauf antwortete Bellarmin als-