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strebungen zum Erlaß eines solchen geltend ge-
macht haben. Eine gewisse Einheitlichkeit auf berg-
rechtlichem Gebiet besteht aber insofern, als das
preußische Berggesetz von 1865 von den meisten
deutschen Bundesstaaten, wenn auch mit Ande-
rungen und Einschränkungen, eingeführt worden
ist. Nur das Berggesetz für das Königreich Sachsen
vom 16. Juni 1868 nimmt in vielen Beziehungen
eine selbständige Stellung ein. Sachsen-Weimar-
Eisenach und Schwarzburg-Sondershausen haben
in neuerer Zeit versucht, die Grundsätze des preu-
Wischen und sächsischen Bergrechts zu verschmelzen.
Das Bergregal ist nur erhalten geblieben, so-
weit es auf Grund der Bundesakte von 1815 be-
stimmten, vormals reichsunmittelbaren Standes-
herren (den Grafen zu Stolberg, Fürsten von
Pleß, Herzog von Arenberg, Fürsten zu Salm
usw.) für ihr Gebiet zustand. Die Einheit-
lichkeit der Berggesetzgebung wird noch dadurch
erheblich erhöht, daß die Reichsgesetzgebung, die
auf zivilrechtlichem Gebiet die Berggesetze der
Einzelstaaten nur wenig berührt hat, in öffentlich-
rechtlichen Fragen, namentlich denen der Sozial-
politik und Gewerbepolizei, zum Teil von ein-
schneidender Bedeutung für das Bergwesen ge-
worden ist. (Die reichsgesetzlichen Bestimmungen
hinsichtlich des Bergwesens sind zusammengestellt
im 2. Beiheft des Berg= und Hüttenkalenders für
1908 S. 3/34.) Das preußische Berggesetz vom
24. Juni 1865 ist abgeändert worden durch fol-
gende Novellen: 1) Gesetz vom 22. Febr. 1869 betr.
die Rechtsverhältnisse des Stein= und Braun-
kohlenbergbaus in den Landesteilen, wo das Kur-
fürstlich Sächsische Mandat vom 19. Aug. 1743
noch Gesetzeskraft hatte. 2) Gesetz vom 9. April
1873 betr. die Abänderung des § 235 (Gewerk-
schaftsbeschlüsse, Grubenschulden). 3) Gesetz vom
24. Juni 1892 (Verhältnis der Bergarbeiter).
4) Gesetz vom 8. April 1894 betr. die Abände-
rung des § 211 (Eisenerzbergbau in Schlesien).
5) Preußisches Ausführungsgesetz vom 20. Sept.
1899 zum B.G.B. 6) Gesetz vom 7. Juli 1902
(Bergschäden, §§ 72 und 149, und linksrheinische
Dachschiefer-, Traß= und Basaltlavabrüche, 8214).
7) Gesetz vom 14. Juli 1905 (Wagennullen,
Werksunterstützungskassen, Arbeiterausschüsse, Ar-
beitszeit, Verwaltungsstreitverfahren vor dem Be-
zirksausschuß und vor dem Bergausschuß, Ge-
sundheitsbeirat). 8) Gesetz vom 19. Juni 1906
(Knappschaftsnovelle). 9) Gesetz vom 18. Juni
60) (Mutungssperre für Steinkohle und Kali-
alze).
2. Inhalt des Bergrechts. Durch das
preußische Bergrecht von 1865 ist das Mitbau-
recht des Grundeigentümers für die Zukunft end-
gültig aufgehoben worden; es kann nur noch da
in Anspruch genommen werden, wo die Erklärung,
mitbauen zu wollen, bereits vor dem Inkrafttreten
des Berggesetzes abgegeben worden ist. Schlecht-
weg von dem Verfügungsrecht des Grundeigen-
tümers ausgeschlossen sind: Gold, Silber, Queck-
Bergwesen.
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silber, Eisen mit Ausnahme der Raseneisenerze,
Blei, Kupfer, Zinn, Zink, Kobalt,, Nickel, Arsenik,
Mangan, Antimon und Schwefel, gediegen und
als Erze, Alaun= und Vitriolerze, Steinkohle,
Braunkohle und Graphit, Steinsalz, Kali-, Ma-
gnesia= und Bohrsalze nebst den mit diesen Salzen
auf der nämlichen Lagerstätte vorkommenden
Salzen und die Solquellen. Der Anthrazit ist
eine Spezies der Steinkohlen und wird zu den-
selben gerechnet. Daß außer dem Steinfalz die
mit demselben auf der nämlichen Lagerstätte vor-
kommenden Salze für Gegenstände des Bergwerks-
eigentums erklärt werden, entspricht lediglich der
Natur der Sache, weil erfahrungsgemäß über dem
Steinsalz Kali-, Magnesia= und Boraxsalze
(Kieserit, Carnallit, Staßfurtit usw.) abgelagert
sind und überhaupt mit dem Steinsalz auf der
gleichen Lagerstätte vorkommen, somit als Be-
gleiter des Stein= oder Kochsalzes nur mit dem-
selben gemeinschaftlich gewonnen werden. — Unter
Solquellen werden die kochsalzhaltigen Quellen
verstanden, aus denen durch Gradierung und Sie-
dung das Siedesalz dargestellt wird. Der rechtliche
Charakter der Solquellen als Bergwerkseigentum
wird durch die Art ihrer Benutzung nicht verändert,
solange sie überhaupt wegen ihres Salzgehalts
nutzbar gemacht werden können. Die Solgquellen
können daher von dem Beliehenen ebenso zu Bä-
dern oder zur Darstellung von Mutterlauge benutzt
werden wie zur Produktion von Siedesalz. —
Kali-, Magnesia= und Bohrsalze waren vor Erlaß
der Novelle vom 18. Juni 1907 an sich nicht
verleihbar, sondern nur in Verbindung mit Stein-
salz. Die meisten deutschen Bundesstaaten haben
neuerdings die Salze und Solquellen zum Vor-
behalt des Staates erklärt. Bergbaufreiheit auf
Kali besteht zur Zeit nur noch in Elsaß-Lothringen
und Birkenfeld. (Eine Zusammenstellung der Ge-
setze über Kali gibt H. Paxmann, Wirtsch., rechtl.
. statist. Verhältnisse der Kali-Industrie (1907 .)
In Preußen sind nicht verleihungsfähig: Platin,
Strontianit, Erdöl (vgl. jedoch das Gesetz vom
6. Juni 1904), Marmor, Bernstein (besondere
Bestimmungen im ost= und westpreußischen Pro-
vinzialrecht). Außerdem sind auf Grund besonderer
gesetzlicher Vorschriften nicht verleihbar: in den
vormals kursächsischen Landesteilen (sog. Mandats-
bezirk) und im Gebiet des westpreußischen Pro-
vinzialrechts die Kohlen, in Hannover Salz und
Sole, im ehemaligen Herzogtum Schlesien die
Eisenerze. Anderseits sind außer den oben ge-
nannten Mineralien verleihungsfähig: in Nassau
der Dachschiefer, in Schmalkalden der Schwer-
spat. Im übrigen gelten als provinzialrechtliche
Sonderbestimmungen: Indenjenigen Landesteilen,
in welchen das unter dem 19. April 1844 publi-
zierte Provinzialrecht für Westpreußen Anwendung
findet, sind nur Steinsalz und Solquellen den Be-
stimmungen des Berggesetzes unterworfen. Von
den Bestimmungen des Gesetzes sind ausgenommen
die Eisenerze in Neuvorpommern und auf der