Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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und in Bremen (99,9). Je mehr die Frauenarbeit 
in den Fabriken und sonstigen gewerblichen Be- 
trieben, im Transport= und Verkehrsgewerbe zu- 
nimmt, um so mehr wird der Frauenüberschuß all- 
mählich zurückgehen. 
Nach den neuesten Zählungen waren von je 
tausend gleichzeitig Lebenden alt: 
  
  
  
  
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Wir sehen aus dieser zusammenstellung, daß die 
Altersgliederung der Bewohner der einzelnen Staa- 
ten beträchtlich voneinander abweicht, was einerseits 
auf die verschiedene Geburtenhäufigkeit, anderseits 
auf die Sterblichkeitsverhältnisse, mehr aber noch auf 
die innern Wanderungen zurückzuführen ist. Das 
Klima, die Beschäftigung der Bewohner und ihre 
Ernährung, welche in engster Beziehung zu der durch 
die sozialen und ökonomischen Verhältnisse des be- 
treffenden Landes bedingten Vermögenslage der 
Bevölkerung stehen, üben ebenfallseinen bedeutenden 
Einfluß aus. Nach der Volkszählung von 1900 
standen im Deutschen Reich dem Alter nach im ersten 
Lebensjahr (Säuglingsalter) 1 632 103 = 29 %; 
im Alter von 1 bis unter 15 Jahren (Kindesalter) 
befanden sich 17982719 = 319 % 0 und im Alter 
von 15 bis 60 Jahren (mittleres Alter) 32355 489 
574% ; 60 und mehr Jahre (hohes Alter) zähl- 
ten 4396 867 oder 78%0. Unter den Säuglingen 
überwiegt das männliche Geschlecht; auf 100 weib- 
liche Säuglinge kommen 101,9 männliche. Der 
Überschuß an Knaben zeigt sich auch noch bei der 
nächsten Altersgruppe von 1 bis unter 15 Jahren 
(100,3). Mit der Altersklasse von 20 bis 25 Jahren 
beginnt jedoch die Anzahl der weiblichen Personen 
die der männlichen zu übertreffen. In der Alters- 
gruppe von 15 bis 60 Jahren kommen auf 100 
weibliche nur 96,9 und in der letzten von 60 und 
mehr Jahren nur noch 82,1 männliche Personen. 
Das Verhältnis der Geschlechter zueinander für 
das 1. Lebensjahr wird dadurch bestimmt, daß mehr 
Knaben als Mädchen geboren werden. Das Nach- 
lassen dieses Ubergewichts der männlichen Personen 
in der Altersgruppe von 1 bis 15 Jahren rührt von 
der größeren Sterblichkeit der Knaben her. Sodann 
ist der zunehmende Frauenüberschuß außerdem auf 
die stärkere Auswanderung der Männer zurückzu- 
führen. Die Verringerung des Frauenüberschusses 
zumal im mittleren Alter hat seine Ursachen im 
Nachlassen der deutschen Auswanderung und in der 
stärkeren Einwanderung von Männern. Größer als 
zwischen den Staaten und Landesteilen sind die 
Unterschiede des Altersaufbaus in Stadt und Land. 
Die erwerbsuntüchtigen Altersklassen, nämlich die 
Kinder bis zu 15 Jahren und die Personen von 60 
und mehr Jahren, sind in den kleineren Gemeinden 
am stärksten, in den Großstädten dagegen am 
schwächsten vertreten; hier überwiegen die lebens- 
kräftigsten Altersklassen von 15 bis 60 Jahren. 
In diesen Zahlen kommt zum Ausdruck, daß die 
kleineren Orte und insbesondere wohl die ländliche 
Bevölkerung. 
  
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Bevölkerung mehr Kinder als die größeren Städte 
hervorbringen, im besten Alter aber einen beträcht- 
lichen Teil hiervon abgeben und möglicherweise be- 
tagte Personen wieder bei sich aufnehmen. 
Zu weiteren interessanten Betrachtungen regen 
die auf die Eheschließungen bezüglichen Daten 
an, insofern sie deutlich erkennen lassen, in welch 
hohem Maß die Heiraten, obwohl Akte der freien in- 
dividuellen Entschließung, durch die wirtschaftlichen 
Verhältnisse beeinflußt werden. Ihre Zahl steigt 
nach Kriegs= und Seuchenjahren, wo durch den Tod 
zahlreicher produktiver Kräfte das Nachrücken in 
deren Erwerbssphäre leichter ermöglicht wird, und 
sinkt in wirtschaftlichen Krisen und Jahren der Miß- 
ernte. Im Gebiet des heutigen Deutschen Reichs 
betrug die Zahl der Eheschließungen auf je 1000 
Einwohner: 1841/45: 8,2, 1846/50: 7,9, 1855: 
7,0, 1860;: 8,0, 1865: 9,9, 1866: 8,0, 18672:9,1. 
1868: 8,9, 1869: 9,5, 1870: 7,7, 1871: 8,2, 1872: 
10,2, 1873: 10,0, 1874:9,5, 1875:9,1, 1876: 8,5, 
1877: 8,0, 1878: 7,7, 1879: 7,5, 1880: 7,5, 1881 
bis 1890;: durchschnittlich jährlich 7,8, 1896/1900: 
durchschnittlich jährlich 8,4 und 1900/05: 8,0. Die 
Zahl der Eheschließungen war mit 485 906 im Jahr 
1905 die höchste im Deutschen Reich seit 1872, in 
welchem Jahr nach dem Krieg 423900 Eheschlie- 
Pbungen stattgefunden haben. Von 1872 ab gingen 
sie auf 335 113 im Jahr 1879 zurück, um alsdann 
langsam wieder mit Ausnahme der Jahre 1887, 
1892, 1901, 1902 und 1903, in denen die wirt- 
schaftliche Stockung die Zahl der Eheschließungen 
gegenüber den Vorjahren herabminderte, auf die 
oben bezeichnete Ziffer im Jahr 1905 anzusteigen. 
Im Durchschnitt der Jahre 1872/1905 haben jähr- 
lich 402 734 Eheschließungen stattgefunden. Im 
Verhältnis zur Einwohnerzahl schwanktedie Heirats- 
ziffer in den letzten Jahren um 8 /% der Bevöl= 
kerung. Sie war am niedrigsten (7,5%/0) in den 
Jahren 1851/55, nahm in den 1860er Jahren be- 
deutend zu und war am höchsten in den Jahren 
1871,75 (9,4% o). Ende der 1870er und Anfang 
der 1880er Jahre war sie dann wiederum ziemlich 
gering (7,8 bzw. 7,7 % ), ist aber seitdem bis zum 
Jahr 1900, wenn auch nur wenig, gestiegen. Das 
letzte Jahrfünft hatte mit 8,0 % eine abermalige 
Abnahme zu verzeichnen. In den einzelnen Staaten 
und Landesteilen ist die Heiratsziffer außerordent- 
lich verschieden; sie ist niedrig in den Gebietsteilen 
mit vorwiegend ländlicher Bevölkerung (Ost= und 
Westpreußen, Pommern, Posen, Mecklenburg-Stre- 
litz und Waldeck, wo im Jahr 1905 gegenüber 
dem Reichsdurchschnitt von 8,1 /% weniger als je 
7,5 Eheschließungen vorkamen)t ; hoch dagegen 
ist die Heiratsziffer in Berlin (11,0), Bremen 
(9,2) und Hamburg (8,9% 0 der Bevölkerung). 
Ein Vergleich der Zahl der Eheschließungen im 
Deutschen Reich mit derjenigen des Auslands zeigt, 
daß, soweit hierüber Nachweise vorliegen, Deutsch- 
land fast an erster Stelle steht. — In Österreich 
betrug auf je 1000 Einwohner die Zahl der Ehe- 
schließungen im Jahr 1865: 7,7, 1866: 6,5, 1867: 
9,7, 1868: 9,1, 1870: 9,8, 1873: 9,3, 1875: 8,4, 
1876: 8,1, 1877: 7,4, 1880: 7,6, 1881: 8,0, 1882: 
8,2, 1883: 7,8, 1888: 7,9, 1892: 7,8, 1896: 7,9. 
1904: 7,8; in Ungarn im Jahr 1865: 9,0, 1866: 
8,8, 1867: 10,1, 1868: 13,3, 1869: 10.8, 1870: 
9,8, 1873: 11,4, 1874: 10,7, 1875: 10,9, 1877: 
9,0, 1880: 8,9, 1881: 9,9, 1882: 10,2, 1886: 9,6. 
1889: 8,2, 1893: 9,3, 1896: 8,0, 1904: 9,1; in
	        
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