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vorhanden, daß die vereinzelten Beispiele, welche
wohlhabende Städte mit der Gründung vollwer-
tiger, den ausländischen Mustern ebenbürtiger
Bibliotheken bereits gegeben haben, zu einem all-
gemeinen Aufblühen von Kommunalbibliotheken
im Sinn der Free Public Libraries führen.
Bereits lange vor der starken allgemeinen Be-
wegung von heute hatte ein katholischer Verein
den Gedanken volkstümlicher Bibliotheken erfaßt
und seinen besondern Zielen entsprechend zu ver-
wirklichen gesucht, der 1844 in Bonn gegründete
und auch jetzt noch vornehmlich in der nieder-
rheinischen Kirchenprovinz blühende „Verein vom
hl. Karl Borromäus". Bis Ende 1907 bestanden
bei einer Zahl von 146 000 Mitgliedern 3300
meist von Geistlichen geleitete Vereinsbibliotheken,
die namentlich auf dem Land und in Kleinstädten
mit Erfolg wirken. In Bonn und Freiburg i. Br.
unterhält der Verein eine „Katholische Volks-
bibliothek und Lesehalle".
Literatur. Allgemeines: Bibliographie des
B.s-u. Buchwesens, bearb. v. Hortzschansky, 1. Jahrg.
(über 1904), 1905 ff, laufend schon im Zentralblatt
für B.swesen erscheinend, nach Jahren zusammen-
gefaßt in dessen Beiheften; Minerva, Jahrbuch der
gelehrten Welt (seit 1891/92), bringt neueste An-
gaben über Budget, Bändezahl, Leihebedingungen
uUusw. aller wissenschaftl. B.en der Welt; Milkau,
Die B.en (Kultur der Gegenwart 1, Abt. 1 (1906));
Encyclopaedia Britannica, Art. „Libraries“ in der
9. Ausg. Bd 14 (Lond. 1882) u. in der 10. Ausg.
Bdé (ebd. 1902). Italien: Rivista delle biblio-
teche (seit 1888). Dziatzko, Eine Reise durch die
größeren B.en Italiens in: Sammlung biblio-
thekswissenschaftl. Arbeiten, Hft 6 (1894); (Biagie:)
Le biblioteche governative italiane (1900). Spa-
nien: Revista de archivos, bibliotecas y museos
(seit 1871, 3. Serie seit 1897); K. Haebler, über
modernes Buch= u. B.swesen in Spanien in: Samm-
lung bibliothekswissensch. Arbeiten, Hft 15 (1902).
Frankreich: Revue des bibliotheques (seit
18910. Annuaire des bibliotheques (seit 1886);
A. Maire, Manuel pratique du bibliothécaire
(1896). ÖOsterreich: Mitteilungen d. österr. Ver-
eins für B.swesen (seit 1896). Bohatta u. Holzmann,
Adreßbuch der B.en der österr.-ungar. Monarchie
(1900), mit Nachträgen in den eben zitierten „Mit-
teilungen“; Grassauer, Handbuch für österr. B.en
(1899). England: The Library, Neue Serie (seit
1900). The Library Association Series ed. by Mac
Alister 1—7 (1892,96). Ver. Staaten: The
Library Journal (seit 1876). Report of the Com-
missioner of Education for the year 1903 (1 Bd,
Washington 1905) 759 ff; A. B. Meyer, Amerika-
nische B.en (1906). Deutschland: Zentralblatt für
B. swesen (seit 1883); Jahrbuch der deutschen B.en
(seit 1902); Statist. Jahrbuch der deutschen Städte,
12. Jahrg. (1904); Dziatzko, Entwicklung u. gegen-
wärtiger Stand der wissenschaftl. B.en Deutsch-
lands (1893); Ad. Keysser, Das B.swesen als Ge-
genstand der öffentl. Verwaltung (1905); Reiche
Lit. (bis 1902) auch in: Graesel, Handbuch der
B. slehre (1902). Volksbibliotheken: Blätter
für Volksbibliotheken u. Lesehallen (seit 1899); Die
Bücherwelt, früher „Borromäusblätter (seit 1903);
Ernst Schultze, Freie öffentl. B.en (1900); Ph.
Biersteuer — Bischofswahl.
900
Huppert, Offentl. Lesehallen (1899); E. Joeschke,
Volksbibliotheken (1907, Sammlung Göschen);
G. Fritz, Erfolge u. Ziele der deutschen Bücher-
hallenbewegung 1902/07 (Vorträge u. Aufsätze der
Comeniusgesellschaft, 15. Jahrg., Stück 3 (19071).
othe.]
Biersteuer s. Steuern.
Bilanz s. Handelsrecht.
Bildungswesen . Unterrichtswesen.
Bimetallismus s. Münzwesen.
Binnenschiffahrt s. Schiffahrt.
Binnenzölle s. Zölle.
Bischöfe s. Episkopat.
Bischofswahl. Die Besetzung der bischöf-
lichen Stühle erfolgt kirchlicherseits durch zwei#
Akte verschiedener Art, nämlich durch die Über-
tragung der bischöflichen Regierungsgewalt (po-
testas iurisdictionis) und die Erteilung der
bischöflichen Weihegewalt (potestas orcinis)
an den neu zu bestellenden Oberhirten. Durch
den zweiten, den sog. Konsekrationsakt, wird der
Empfang des ordo episcopalis, die Aufnahme
in den Episkopat und die apostolische Nachfolge
vermittelt. Durch den ersten Akt (Präkonisation
im päpstl. Konsistorium) vollzieht sich die Uber-
tragung der iurisdictio ordinaria episcopalis
unter Zuweisung einer bestimmten Dihözese.
Das Recht zur Vornahme beider Akte steht
grundsätzlich nur dem Papst als Träger des Pri-
mats zu, wobei es rechtlich gleich ist, ob sie vom
Papst selbst vollzogen oder von andern Bischöfen
in seinem Auftrag oder unter seiner ausdrücklichen
oder stillschweigenden Zustimmung und Genehmi-
gung vorgenommen werden. Und da dieses Recht
in dem Primat begründet liegt, so beruht es wie
dieser auf göttlicher Anordnung, auf dem ius
divinum, und ist damit ein unantastbarer, un-
veränderlicher Fundamentalsatz des kirchlichen
Rechts. Dagegen trägt das, was jenen Akten vor-
hergeht, die Art und Weise, wie die jedesmalige
Person bestimmt wird, oder der modus desi-
Znandi personam nicht den gleichen Charakter
des Unveränderlichen. Auch dieser modus ist ja
rechtlich bestimmt, aber nicht so, daß es nur dieser
und kein anderer sein könnte. Deshalb ist es er-
klärlich, daß derselbe nicht nur in verschiedenen
Zeiten, sondern zu gleicher Zeit in den verschie-
denen Teilen der Kirche oder Ländern auf Grund
besonderer Zustände und eigentümlicher Verhält-
nisse verschieden war. Und gegenwärtig gibt es
vier verschiedene modäü der designatio personae;
denn sie geschieht 1) durch den Papst selbst (in
Italien seit Erlaß des italienischen Garantie-
gesetzes vom 18. Mai 1871, § 15); 2) auch durch
den Papst, aber in Verbindung mit einer com-
mendatio, d. h. aus der Zahl der Personen, welche
ihm für die Stelle von den dazu Berechtigten emp-
fohlen werden (in Irland und England, Schott-
land, Holland, Belgien, Nerdamerika und Ka-
nada); 3) durch landesherrliche Ernennung, no-
minatio regia (in Bayern, Österreich-Ungarn,