Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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Nachfolger Friedrich IV. (1699/1730) mußte 
1700 mit Karl XII. einen nachteiligen Frieden 
zu Travendal schließen; dafür gelang es ihm 1714, 
den gottorpischen Anteil von Schleswig zu okku- 
pieren, in dessen Besitz ihn der Friede zu Nystad 
bestätigte. Auch der holsteinische Anteil des Hauses 
Gottorp kam kurz darauf an Dänemark: 1761 
wurde der Besitz von Plön dem Königshaus ge- 
sichert und 1777 (1773) mit Rußland ein Tausch- 
vertrag geschlossen, demzufolge Kaiser Paul gegen 
die Abtretung von Oldenburg und Delmenhorst 
auf alle seine Güter und Rechte in Holstein zu- 
gunsten Christians VII. Verzicht leistete. Da 
schon früher Besitzungen der glücksburgischen Linie 
(1749) und die Reichsgrafschaft Rantzau an Däne- 
mark gekommen, war 1779 Schleswig-Holstein 
mit Ausnahme des augustenburgischen Anteils 
mit Dänemark und Norwegen unter einem 
Herrscher vereinigt. Der Grundgedanke der Wahl- 
kapitulation von 1460: „op ewig ungedeelt“, 
war indessen durch alle diese Vorgänge in den Her- 
zogtümern ebensowenig berührt worden wie das 
Recht der Erstgeburt im Mannesstamm. 
Nachdem schon 1683 die Veröffentlichung eines 
Gesetzbuchs, 1702 die Aufhebung der Leibeigen- 
schaft der Bauern, später Einführung des Volks- 
schulunterrichts auf dem flachen Land, Verstaat- 
lichung der Post u. a. erfolgt waren, brachte die 
Zeit des sog. aufgeklärten Despotismus eine Reihe 
von einschneidenden Neuerungen, welche Männer 
wie der ältere Bernstorff, Struensee und der jüngere 
Bernstorff ins Werk setzten: völlige Beseitigung der 
Leibeigenschaft in Dänemark 1788 (in den Herzog- 
tümern 1804), feste Begründung des Volksschul- 
wesens, Beschränkung der Adelsprivilegien, Ver- 
bot der Negersklaverei in den Kolonien (1792), 
Förderung von Ackerbau, Handel und Gewerbe usw. 
— Dänemarks Lage an der Verbindung von Nord- 
und Ostsee zwang Friedrich VI. (Regent seit 
1784, König 180 8/39) zum Anschluß an die be- 
waffnete Neutralität Rußlands; die Wahrung 
derselben hatte ein zweimaliges Bombardement 
von Kopenhagen durch die Engländer (2. April 
1801, 2./5. Sept. 1807) und Abführung der 
dänischen Flotte zur Folge. Dadurch Napoleon 
in die Arme getrieben, verlor Dänemark seine 
Kolonien und im Frieden von Kiel (14. Jan. 
1814) auch Helgoland, welches seit 1712 in seinem 
Besitz war, an England und Norwegen an Schwe- 
den. Doch blieben ihm die norwegischen Neben- 
länder, Island und die Färöer, und als Ent- 
schädigung erhielt es von Schweden Schwedisch- 
Pommern, das es gegen das Herzogtum Lauenburg 
und eine Million Taler an Preußen austauschte. 
Für dieses und Holstein trat der König 1815 dem 
Deutschen Bund bei und erhielt im engeren Rat 
der Bundesversammlung die zehnte Stelle und in 
der Plenarversammlung drei Stimmen. Der lange, 
unglückliche Krieg hatte das Land an den Rand 
des Staatsbankrotts gebracht; um demselben zu 
entgehen, wurde 1813 alles Grundeigentum mit 
Dänemark. 
  
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einer Abgabe von 6 Prozent des Werts belegt 
und aus dem gewonnenen Geld eine Reichsbank 
begründet, die sich 1818 in die Nationalbank in 
Kopenhagen, ein ausschließlich dänisches Privat- 
institut, umwandelte. 
Die Gesetze vom 28. Mai 1831 und 15. Maie 
1834 führten nach preußischem Vorbild beratende 
Provinzial-Ständeversammlungen in Dänemark 
und Schleswig-Holstein ein, während Lauenburg 
seine alte Ritter= und Landschaft behielt. Infolge 
der unverhältnismäßig hohen Besteuerung der 
Herzogtümer wurde dort schon 1838 der Wunsch 
nach einer Trennung von Dänemark laut; da- 
gegen regten sich in Kopenhagen seit dem Regie- 
rungsantritt Christians VIII. (1839/48) 
Ideen von dem Wiederaufleben der Kalmarischen 
Union, welche zur Begründung einer National= 
partei führten. Diese forderte außer einer freien 
Verfassung bald ein „Dänemark bis an die Eider“ 
(Eiderdänen), ein Verlangen, welches in den Her- 
zogtümern eine entschiedene planmäßige Bewegung 
gegen die Begünstigung des dänischen Wesens 
hervorrief. Endlich gab der König dem Drängen 
der Eiderdänen durch einen Offenen Brief vom 
8. Juli 1846 nach, in welchem er die Absicht, die 
Herzogtümer seinem Staat einzuverleiben, offen 
aussprach, da sonst nach dem Tod des kinderlosen 
Kronprinzen ihre Trennung von Dänemark zu 
befürchten war. Auf den Protest der Herzogtümer 
und die Vorstellungen des Deutschen Bundes ant- 
wortete der dänische Reichstag mit dem Entwurf 
einer Gesamtstaatsverfassung, die nach Christians 
Tod sein Sohn Friedrich VII. (1848/63) am 
24. März 1848 veröffentlichte. Durch diesen 
Schritt wurde der Herzog Christian August von 
Augustenburg von der Erbfolge in Schleswig- 
Holstein ausgeschlossen, dessen Bewohner sich nun 
zum bewaffneten Widerstand rüsteten. Es be- 
gann ein dreijähriger Krieg, in welchem die Her- 
zogtümer zuerst mit Hilfe des Bundes und nach 
dem dänisch-deutschen Separatfrieden zu Berlin 
(2. Juli 1850) allein ihre Rechte verteidigten, bis 
sie der Ubermacht erlagen und die Intervention 
Osterreichs und Preußens dem Kampf im Jan. 
1851 ein Ende machte. Das von den Groß- 
mächten sowie von Schweden und Dänemark 
(nicht aber vom Deutschen Bundl!) vollzogene 
Londoner Protokoll (8. Mai 1852) sprach die 
Integrität der dänischen Monarchie aus und be- 
stimmte mit Ubergehung der Augustenburger und 
unter Ausschluß der im Königreich berechtigten 
weiblichen Linie den Prinzen Christian von 
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg zum 
Thronfolger der Gesamtmonarchie. Die Linien 
des Hauses Gottorp machten keinerlei Ansprüche 
geltend, und der Herzog Christian von Augusten- 
burg entsagte gegen eine bedeutende Geldsumme 
seinen Besitzungen und Erbrechten. 
Schon während des Kriegs hatte in Däne- 
mark ein konstituierender Reichstag, aus Lands- 
thing und Folkething bestehend, mit dem König
	        
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