1227
mals nicht zustande. Jedoch hatte diese Bespre-
chung das Ergebnis der stillschweigenden Aner-
kennung des Bundestags und der Verabredung
weiterer Verhandlungen zu Olmütz. Hier
erfolgte am 29. Nov. eine vollständige Einigung
zwischen den beiden Ministern Schwarzenberg und
Manteuffel über die nächste Behandlung der
deutschen Angelegenheiten, deren endliche Erledi-
gung Ministerialkonferenzen in Dresden vorbe-
halten wurde (23. Dez. 1850 bis 15. Mai 1851).
In Dresden bemühten sich Osterreich und
Bayern aufrichtig, eine den Verhältnissen und be-
rechtigten Wünschen Deutschlands entsprechende
Anderung der Bundesverfassung herbeizuführen.
Ihre Bemühungen scheiterten jedoch vollständig an
dem Widerspruch der deutschen Kleinstaaten (Meck-
lenburg, Oldenburg, Weimar, Altenburg, Coburg,
Dessau, Waldeck) und der freien Städte, welche
in dem sehr übel verstandenen Interesse ihrer Selb-
ständigkeit einfach die Rückkehr zu den früheren
Verhältnissen wünschten. Auf das nämliche Ziel
waren die Bestrebungen Preußens gerichtet, welches
zu der notgedrungenen Einsicht gelangt war, daß
sich ein Bundesstaat unter seiner Führung nicht
herstellen lasse. Um überhaupt etwas zu erreichen,
begnügten sich Osterreich und seine Verbündeten
mit diesen Zugeständnissen, welche wenigstens
wieder einepolitische Zusammengehörigkeit Deutsch-
lands herbeiführten. Preußen trat am 12. Mai
wieder in den Bundestag ein. Seine Anhänger
folgten, soweit sie diesen Schritt nicht vorher getan
hatten, bald nach.
Osterreich und seine Verbündeten versuchten nun-
mehr die Wirksamkeit des Bundes den Wünschen
der Bevölkerung entsprechender zu gestalten, wurden
aber von Preußen in diesen Bestrebungen nicht
unterstützt. Gleichwohl unterschied sich die Tätig-
keit des Bundes vorteilhaft von seinem früheren
Vorgehen: politisch-polizeiliche Maßregeln waren
bei der völligen Beruhigung der Gemüter ja kaum
mehr nötig und wären wohl auch bei den ver-
änderten Anschauungen über die „Kunst des Re-
gierens“ kaum getroffen worden. Beschlossen
wurde indessen die Aufhebung der Grundrechte
(23. Aug. 1851) und eine neue Geschäftsordnung
(16. Juni 1854), die für die Beschleunigung der
Beschlußfassungen von besonderer Wichtigkeit war.
In demselben Jahr erfolgten Beschlüsse über die
Verhinderung des Mißbrauchs der Presse (6. Juli)
und des Vereinswesens (13. Juli). Eine Bundes-
zentralpolizei herzustellen gelang indessen den
deutschen Vormächten trotz ihrer Einmütigkeit nicht,
da die Mittelstaaten darin einen Eingriff in ihre
Souveränität erblickten. Auch die unter dem Reichs-
verweser gegründete deutsche Flotte war nicht zu
retten. Sie verfiel am 2. April 1852 dem Hammer.
Dagegen wuchs und festigte sich der von Preußen
dem 1. Jan. 1834 ins Leben gerufene deutsche
Alle Versuche Österreichs, ihn zu
oder Eintritt in denselben zu erlangen,
1851 traten noch Hannover, Olden-
Deutsches Reich.
1228
burg und Schaumburg-Lippe bei, so daß ihm
während der Vertragsperiode 1854/65 sämtliche
deutsche Staaten mit Ausnahme Österreichs, der
beiden Mecklenburg und der Hansestädte an-
gehörten.
Der im Jahr 1854 ausgebrochene orientalische
Krieg ließ die Mängel der deutschen Bundesver-
fassung grell hervortreten. Osterreich, das seine
berechtigten Interessen im Orient bedroht sah,
suchte seine Bundesgenossen zu einem energischen
Vorgehen zu veranlassen. Preußen aber, dessen
Freundschaft mit Rußland damals noch groß war,
vereitelte die österreichischen Bestrebungen. Die
Kleinstaaten schlossen sich der zögernden und jeden-
falls bequemeren preußischen Politik an. Oster-
reichs Tätigkeit wurde lahmgelegt. Der orien-
talische Krieg ging ohne Vorteil für Deutschland
zu Ende, obgleich es namentlich mit Rücksicht auf
seine Handelsinteressen notwendigerweise auf die
aeiss Osterreichs und der Westmächte hätte treten
müssen.
Nachdem noch 1857 ein Bundesbeschluß die
Grundlage für das allgemeine deutsche Handels-
gesetzbuch gelegt, 1858 (11. Febr.) der Bund aus-
drücklich die Gesamtverfassung Dänemarks als für
Schleswig-Holstein unverbindlich erklärt hatte,
folgte das verhängnisvolle Jahr 1859, das tat-
sächlich den Bund sprengte und bis 1866 nur noch
eine Scheinexistenz fortführen ließ. Im Vertrauen
auf die Bundeshilfe und Kriegsgemeinschaft
Deutschlands hatte Osterreich nur fünf Armeekorps
nach Italien geschoben und sich den Vorteil des
ersten Angriffs entgehen lassen, um den Haupt-
feldzug am Rhein führen zu können. Preußen
aber widersetzte sich der geplanten Mobilmachung
der Bundesarmee und ging nur auf eine Kriegs-
bereitschaft ein, die ihm völlig freie Hand ließ
(23. April). Nach der Schlacht bei Magenta mo-
bilisierte zwar Preußen, aber nur, um im Fall
eines Sieges der Verbündeten eine bewaffnete Ver-
mittlung auszuüben. Nach der Schlacht bei Sol-
ferino machte Osterreich einen letzten Versuch, eine
Kriegsgemeinschaft mit Preußen herzustellen. Allein
die Sendung des Fürsten Windischgrätz nach
Berlin mißlang. Kaiser Franz Joseph unter-
zeichnete (12. Juli) die Friedenspräliminarien zu
Villafranca.
Tiefer entzweit als je standen die beiden Groß-
mächte einander gegenüber. Die bis dahin in
Deutschland ohnmächtige liberale Partei erhob
jetzt ihr Haupt, da sie das ersehnte Ziel, den Aus-
schluß Osterreichs aus dem Bunde, vor Augen sah.
Politische Vereine wurden zu diesem Zweck ge-
bildet (Nationalverein am 16. Sept. 1859) und
von verschiedenen Staatsmännern keineswegs miß-
günstig betrachtet. Die Versuche, auf den Mini-
sterialkonferenzen zu Würzburg (24.—27. Okt.
1859, fortgesetzt am 22. Mai 1861) ein besseres
Zusammenhalten und Zusammenwirken der Mittel-
und Kleinstaaten (Bayern, Württemberg, Sachsen,
Hessen, Kurhessen, Mecklenburg-Schwerin, Nassau,