1271
Als aus der Heimat die erforderlichen Verstär-
kungen eingetroffen, ging man zum Angriff über.
In zahlreichen blutigen Gefechten (das bedeu-
tendste am Waterberg, 11. Aug. 1904) und in
einem furchtbaren Kleinkrieg wurde dem Feind
von General v. Trotha und seinen Abteilungs-
führern (v. Estorff, v. Deimling) hart zu-
gesetzt und er nach dem wasserlosen Sandfeld ab-
gedrängt. Anfang Januar 1905 unterwarf sich
ein großer Teil der Herero, gegen die übrigen
dauerte der äußerst schwere und anstrengende Klein-
krieg fort, bis im Nov. 1905 ihr Widerstand voll-
ständig gebrochen war. Inzwischen war aber auch
im Süden der Kolonie ein gefährlicher Aufstand
ausgebrochen. Hendrik Witboi, der seit 1894 treu
zur deutschen Regierung gehalten, hatte am 3. Okt.
1904 den Krieg erklärt. Auch mit den Nama-
hottentotten entspann sich nun ein äußerst schwerer
und langwieriger Kampf, der von den deutschen
Truppen die größten Opfer, Entbehrungen und
Anstrengungen forderte. Nachdem die Hotten-
totten im Jahr 1905 in zahlreichen blutigen Ge-
fechten schwer geschädigt worden waren und Hen-
drik Witboi infolge einer Verwundung im Kampf
gestorben war (3. Nov. 1905), kam es auch hier
zu einem äußerst schwierigen Bandenkrieg, der
das Jahr 1906 andauerte. Erst am 1. April
1907 wurde der Friedenszustand proklamiert. Die
einzelnen unterworfenen Stämme wurden in be-
stimmten Reservaten angesiedelt, ihr Vermögen
wurde von der Regierung eingezogen und scharfe
Bestimmungen über Paßpflicht, Kontrolle und
Dienstverhältnis erlassen. — Zur Niederwerfung
des großen Aufstands hat das deutsche Volk ge-
waltige Opfer an Gut und Blut bringen müssen;
die Gefechtsverluste beliefen sich auf 1700 Mann,
700 Mann starben infolge Krankheiten (meist
Typhus). Die finanziellen Aufwendungen zur
Unterdrückung des Aufstands beliefen sich auf
255 Mill. M. — Das Land kommt vorwiegend
für Viehzucht (Rinder) in Betracht. Hoffnung
auf mineralische Ausbeute haben die Kupfervor-
kommen, namentlich bei Tsumeb-Otawi, wach-
gerufen. Die Ausfuhr besteht in der Hauptsache
aus tierischen Produkten, die Einfuhr vorwiegend
aus Bedarfsartikeln für die Schutztruppe. Hafen-
orte sind Swakopmund und Lüderitzbucht, im
Innern sind zu nennen der Regierungssitz Wind-
Deutsches Reich.
1272
der Teil von Neuguinea), die Inseln des Bis-
marckarchipels, die Salomoninseln, die
Karolinen, Marianen, die Palau= und
Marshallinseln. In den beiden ersten Ge-
bieten wurde die Schutzherrschaft 1884 durch
Okkupation begründet, als England mit Hilfe der
australischen Staaten die deutschen Handelsinter-
essen in diesem Teil der Südsee zu verdrängen
suchte. Verträge mit einheimischen Häuptlingen
konnten nicht abgeschlossen werden, da es solche,
die dazu befähigt gewesen wären, nicht gab. Die
Ausübung der Hoheits= und Verwaltungsrechte
wurde durch kaiserlichen Schutzbrief vom 17. Mai
1885 der Neuguinea-Kompanie übertragen, die
aber im Vertrag vom 7. Okt. 1898 gegen Ent-
schädigung auf ihre Rechte verzichtete. Die Salo-
moninseln kamen 1886 unter den Schutz des
Reichsbzw. der Neuguinea-Gesellschaft. Die Karo-
linen, Marianen, Palau= und Marthallinseln
sind östlich von den Philippinen und nördlich von
Neuguinea gelegen. Im Nov. 1878 schloß der
Kapitän v. Werner im Namen des Reichs einen
Freundschaftsvertrag mit einem Häuptling auf
der Insel Jaluit (eine der Marshallinseln), der
dem Reich diese Insel als Kohlenstation sicherte.
Im deutsch-englischen Vertrag von 1885 wurden
die Marshallinseln als deutsche Interessensphäre
anerkannt und im Okt. 1885 die deutsche Flagge
gehißt. Als man dies auch auf den Karolinen
(der Insel Jap) tat, erhob Spanien Widerspruch.
Auf Anregung Bismarcks wurde Papst Leo XIII.
als Schiedsrichter bestellt; er entschied zwar hin-
sichtlich der Souveränität zugunsten Spaniens,
erkannte Deutschland aber das Recht zu, Schiffs-
und Kohlenstationen anzulegen, und das gleiche
Recht wie den Spaniern hinsichtlich Handel,
Schiffahrt, Fischerei und Plantagenbau. Am
12. Febr. 1899 trat Spanien die Karolinen,
Marianen (außer Guam, das infolge des spanisch-
amerikanischen Kriegs an die Union kam) und
Palau-Inseln um 16,75 Mill. M an Deutschland
ab. Kaiser-Wilhelms-Land und das gesamte Insel-
gebiet kommt vorwiegend für die Kultur der Kokos-
palme in Betracht. Das Meer liefert Schildpatt,
Perlmutter, Trepang, der Wald auf Kaiser-Wil-
helms-Land auch Nutzhölzer (Ebenholz, Bambus-
holz usw.). Eingeführt werden Lebensmittel, Me-
talle, Gewebe. Sitz des Gouverneurs ist Herberts-
huk, ferner Gibeon, Bethanien, Keetmanshoop. höhe auf Neupommern (Insel des Bismarck-
Das Hauptverkehrsmittel ist der Ochsenwagen. I archipels). Die Marshallinseln sind wegen ihrer
Eisenbahnen verbinden Swakopmund mit Wind-
huk (382 km), Swakopmund mit dem Otawi-
minengebiet (600 km), die Lüderitzbucht mit
Keetmanshoop (362 km). Geplant ist noch
eine Verbindung Windhuk-Keetmanshoop sowie
eine Verbindung Seeheim-Kalkfontein, eine Zweig-
bahn der Lüderitzbuchtbahn.
5. Deutsch-Neuguinea. Das unter diesem
Namen einem Gouverneur unterstellte Gebiet um-
faßt Kaiser-Wilhelms-Landoeen nicht unter
englischer oder niederländischer Oberhoheit stehen-
zentralen, innerhalb der zahlreichen Inseln des
Großen Ozeans von gewisser Bedeutung für den
Handelsverkehr. Ihr Mittelpunkt ist die Insel
Jaluit. Der wichtigste Hafenplatz der Karolinen
ist Jap, die bedeutendste Insel der Salomonen
ist Bougainville.
6. Samoa. Um politischen Einfluß auf den
Samoa-Inseln bemühten sich schon in den 1870er
Jahren gleichzeitig die Union, sowie England und
Deutschland. Der Konsul der Vereinigten Staaten
rief 1877 die amerikanische Schutzherrschaft aus,