Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

1287 Dienstzeit, militärische — Diplomatie, Diplomatisches Korps. 1288 
haltung von Fristen kennt das Gesetz nur bei Vor- 
liegen eines wichtigen Grundes. Bei besondern 
Vertrauensverhältnissen (z. B. Arzt), wo feste Be- 
züge nicht ausgemacht sind, ist eine Kündigung 
ebenfalls nicht nötig. Erlischt das Vertrauen, so 
ist dies Grund genug zur Auflösung des Vertrags. 
Der Verpflichtete muß die Kündigung so einrich- 
ten, daß der Berechtigte sich anderweitige Dienste 
verschaffen kann, anderseits hat der Verpflichtete 
bei dauerndem Dienstverhältnis auch einen An- 
spruch auf angemessene Zeit zum Aussuchen eines 
andern Dienstverhältnisses, sowie auf Erteilung 
eines Zeugnisses. — Bei Bruch des Dienstvertrags 
bleibt das Vertragsverhältnis rechtlich bestehen. 
Der Dienstverpflichtete kommt mit der Leistung 
auf Mahnung des Berechtigten in Verzug und 
macht sich schadenersatzpflichtig. Die Leistung kann 
gefordert, aber nicht durch Zwangsvollstreckung er- 
zwungen werden. Kann ein anderer die Leistung 
verrichten, so kann der Berechtigte den andern zur 
Leistung zuziehen und vom Verpflichteten Ersatz 
verlangen. Ist die Leistung unmöglich geworden, 
so kann der Berechtigte vom Vertrag zurücktreten 
oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen 
(B.G.B. 8 325). Gegen die Lohnforderung darf 
er seine Forderung aus Schadenersatz nicht auf- 
rechnen (B.G.B. § 394). Das Gesetz billigt ihm 
jedoch ein Zurückbehaltungsrecht, das praktisch der 
Aufrechnung mit nicht unwichtigen Abweichungen 
gleichkommen dürfte, zu. Er darf die Auszahlung 
des Lohnes so lange verweigern, bis der Ver- 
pflichtete leistet. Da erfahrungsgemäß Dienst- 
verträge vielfach grundlos gebrochen werden und 
der Berechtigte von den oft mittellosen Verpflich- 
teten den Schaden nicht ersetzt erhalten kann, ist 
die Zubilligung des Zurückbehaltungsrechts ge- 
rechtfertigt. Systematisch scharf unterschieden vom 
Dienstvertrag ist der Werkvertrag des B. G. B. 
Dieser geht auf Herstellung des Erfolges der Ar- 
beit, die Herstellung eines Werkes gegen Entrich- 
tung einer Vergütung (B.G.B. 88 631 ff). Ver- 
möge der sozialen Wichtigkeit des Dienstvertrags 
ist derselbe in einer Reihe von Spezialgesetzen noch 
einer besondern Reglung unterworfen, die vom 
B. G. B. nicht berührt werden. So ist das Gesinde- 
recht der Landesgesetzgebung vorbehalten (Art. 95 
des Einführungsgesetzes zum B.G.B.). Das Han- 
delsgesetzbuch regelt das Dienstverhältnis der Hand- 
lungsgehilfen und Lehrlinge (8§ 59/82), die Ge- 
werbeordnung das der gewerblichen Arbeiter (Ge- 
sellen, Gehilfen, Lehrlinge, Betriebsbeamte usw., 
§§ 105/139b, 154). Weiter sei noch erwähnt das 
Frachtführergeschäft (H. G. B. §§ 425/473), der 
Postbeförderungsvertrag, Verträge über Beförde- 
rung von Auswanderern und die Rechtsanwalts- 
ordnung. 
Schließlich sei noch ein Blick auf das geltende 
schweizerische und österreichische Recht geworfen. 
Beide Rechte kennen die Unterscheidung zwischen 
Dienst= und Werkvertrag. Während aber das 
  
  
österreichische Recht in seiner Bestimmung die 
„Dienstmiete“, wie es den Dienstvertrag nennt, 
noch im wesentlichen römisch-rechtliche Anschau- 
ungen vertritt, hat das „Schweizerische Rechts- 
buch“ einen durchaus modernen Charakter und 
übertrifft in sozialer Anschauung teilweise zweifel- 
los das B.G.B. So kennt es keine befristete 
Grenze für Verpflegung und ärztliche Behandlung 
bei Erkrankung des Dienstpflichtigen. Die Kün- 
digungsfristen sind teilweise viel weiter, und bei 
Dienstvertrag auf Lebenszeit ist keine Mindest- 
dienstzeit von 5 Jahren vorgesehen, die Kündigung 
ist hier jederzeit mit Gmonatiger Kündigungsfrist 
dem Verpflichteten ermöglicht. 
Literatur. Eck, Vorträge über das Recht des 
B. G. B. 1 (1903); Dernburg, Bürgerl. Recht II 
(21901); ders., Pandekten II (21902); Hachen- 
burg, Das Bürgerl. Gesetzbuch (1900); Endemann, 
Lehrbuch des bürgerl. Rechts I ((1903); Planck, 
B. G. B. nebst Einführungsgesetz erläutert II (61907); 
Motive zum Entwurf eines B.G.B.; Protokolle des 
Entwurfs des B. G. B. II (1898); Gustav Rüme- 
lin, Dienstvertrag u. Werkvertrag (1905); Art. 
„Arbeitsvertrag“ in Elsters Wörterbuch der Volks- 
wirtschaft 1 (21906). [Eggler.] 
Dienstzeit, militärische, s. Heerwesen. 
Differenzgeschäft s. Börse (Sp. 961). 
Diözese s. Episkopat. 
Diplomatie, Diplomatisches Korps. 
1. Geschichtliches. Schon frühzeitig hat die 
Notwendigkeit, gemeinsame Interessen auch gemein- 
chaftlich zu regeln und die Ausführung abge- 
schlossener Verträge zu überwachen, den Staaten 
Veranlassung gegeben, länderkundige, in Sprachen 
und höfischen Formen bewanderte Vertreter zu 
bleibendem Aufenthalt in das Ausland zu entsenden. 
Nach dem Vorgang des Apostolischen Stuhles 
wurden im Lauf des 15. Jahrh. von den italie- 
nischen und dann auch von andern Staaten bei 
benachbarten Höfen Bevollmächtigte bestellt, zumal 
damals ein rühriges politisches Treiben und Stre- 
ben nach Machtentfaltung und Einfluß reichlich 
Anlaß bot, sich gegenseitig zu beargwöhnen und 
zu überwachen. Hierzu kam noch der Hofprunk, 
der sich in der Umgebung einer zahlreichen Gefolg- 
schaft adliger Herren gefiel. Die Abgesandten 
erhielten ein Beglaubigungsschreiben in Form 
eines Diploms und nannten sich demgemäß diplo- 
matische Agenten im Unterschied von andern diplo- 
mierten Personen. Indem sie sich zur Wahrung 
ihrer Gerechtsame und Ehrenvorzüge enger an- 
einander schlossen, bildeten sie eine bestimmte 
Gruppe am Hoflager der auswärtigen Fürsten und 
fühlten sich als ein besonderes Korps mit ausge- 
prägtem Korpsgeist. Um die Mitte des 18. Jahrh. 
war diese Bezeichnung für die Gesamtheit der bei 
einer Regierung beglaubigten diplomatischen Agen- 
ten, an deren Spitze der rangälteste als Dekan 
(doyen) stand, allgemein üblich. Hingegen kommt 
der Ausdruck Diplomatik (Urkundenlehre) im 
17. Jahrh. vor, angeblich zuerst gebraucht von dem 
gelehrten Benediktinermönch Joh. Mabillon in 
seinem sechsbändigen Werk De re diplomatica 
—.:
	        
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