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und des Episkopats, ist seit dem zweiten Lateran-
konzil trennendes Ehehindernis (impeckimentum
ordinis sacri). Doch läßt Unkenntnis, Furcht
und Impubertät beim Empfang der Weihe die
Zölibatspflicht nicht entstehen. Päpstliche Dispen-
sation von diesem kirchenrechtlichen Hindernis ist
möglich, aber, wenigstens bei der Priesterweihe,
sehr selten. — Das B. G.B. hindert einen höheren
Kleriker nicht, eine Ehe zu schließen.
f) Die Blutsverwandtschaft (consan-
guinitas), die eheliche und die uneheliche, die voll-
und die halbbürtige, ist in der geraden Linie un-
begrenzt Ehehindernis, in der Seitenlinie seit dem
vierten Laterankonzil nur noch bis zum vierten
Grad, während sie es vorher bis zum siebten war.
Der Verwandtschaftsgrad ergibt sich bei Ver-
wandten in gerader Linie (Aszendenten und De-
szendenten) aus der Zahl der zwischen ihnen lie-
genden Zeugungen (tot gradus quot genera-
tiones). Die Verwandtschaft in der Seitenlinie
wird seit dem 11. Jahrh. nicht mehr nach dieser
römisch-rechtlichen Weise berechnet, die die zwi-
schen den Verwandten und ihrem gemeinsamen
Stammvater liegenden Zeugungen beider Seiten
zusammenzählte, sondern nach der germanisch-kano-
nischen, die die dazwischenliegenden Geschlechts-
folgen oder, anders ausgedrückt, die Zeugungen nur
einer Seite, und zwar bei Ungleichheit der Seiten
die der längeren zählt. So sind Vetter und Base
im zweiten (nicht im vierten), Nichte und Oheim
im zweiten Grad, berührend den ersten, verwandt.
Während das Hindernis der Verwandtschaft in
gerader Linie und im ersten Grad der Seiten-
linie, weil auf dem Naturrecht beruhend, indis-
pensabel ist, kann vom zweiten und den weiteren
Graden der Seitenlinie dispensiert werden, vom
dritten und vierten Grad auch seitens der Bischöfe
auf Grund der Ouinquennalfakultäten. — Das
bürgerliche Hindernis der Blutsverwandtschaft
(in demselben Sinn: B. G. B. 88 1589 Abs. 1,
1310 Abs. 3) besteht nur zwischen Verwandten in
gerader Linie und zwischen voll= oder halbbürtigen
Geschwistern (88 1310 Abs. 1 u. 3. 1327). Den
Grad der Verwandtschaft berechnet das B.G. B.
(5§ 1589 Abs. 1) nach der römischs-rechtlichen Art.
8) Die Schwägerschaft (aftinitas), d. h.
das verwandtschaftsähnliche Verhältnis zwischen
einer Person und den Blutsverwandten einer an-
dern, mit der er Geschlechtsgemeinschaft gepflogen
hat, bildet ein trennendes Ehehindernis analog
der Verwandschaft in allen Graden der geraden
Linie; in der Seitenlinie, wenn es eine eheliche
Schwägerschaft ist, bis zum vierten Grad einschließ-
lich (seit dem vierten Laterankonzil), wenn es eine
außereheliche ist, bis zum zweiten Grad (seit dem
Tridentinum). Das Hindernis ist seinem ganzen
Umfang nach nur kirchlichen Rechts und deshalb
auch dispensabel; doch wird eine Ehe zwischen
ehelich Verschwägerten in gerader Linie tatsächlich
nicht gestattet. — Nach dem B.G.B. ist nur die
eheliche Schwägerschaft in gerader Linie Ehe-
Staatslexikon. I. 3. Aufl.
Ehe und Eherecht.
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nichtigkeitsgrund (8§ 1310 Abs. 1 und 3, 1327).
Daneben besteht das aufschiebende Hindernis der
außerehelichen Schwägerschaft in gerader Linie
(6 1310 Abs. 2 und 3).
h) Das Hindernis der öffentlichen Ehr-
barkeit oder der nachgebildeten Schwägerschaft
(publica honestas oder quasiaffinitas) entsteht
aus dem rechtsgültigen und unbedingten Verlöbnis
und aus der nicht vollzogenen Ehe zwischen dem
einen Verlobten oder Ehegatten und den Bluts-
verwandten des andern. Es erstreckt sich im ersten
Fall seit dem Tridentinum nur auf den ersten
Grad, im zweiten Fall bis zum vierten Grad.
Auch aus der nichtigen Ehe entsteht das Hindernis,
wofern nur die Nichtigkeit nicht auf einem Kon-
sensmangel beruht und es sich nicht um eine kirch-
lich nichtige Zivilehe handelt. Das Hindernis
erlischt nicht durch die Endigung des Verlöbnisses
oder der Ehe, sondern nur durch Dispens, die
wegen seiner bloß kirchenrechtlichen Natur in allen
Graden möglich ist und von den Bischöfen erteilt
wird. — Im B.G.B., dem dieses Hindernis an
sich fremd ist, wird es zum Teil durch das Hin-
dernis der Schwägerschaft umfaßt, da dieses auch
aus einer nichtvollzogenen Ehe entsteht.
i) Die Adoptivverwandtschaft (cogna-
tio legalis) bildet ein trennendes Hindernis
1) zwischen dem Adoptivvater und dem Adoptiv-
kind sowie dessen bei der Adoption vorhandenen
Hauskindern (paternitas legalis), 2) zwischen
dem Adoptivvater und der Gattin des Adoptiv-
kinds sowie zwischen dem Adoptivkind und der
Gattin des Adoptivvaters (affinitas legalis),
3) zwischen dem Adoptivkind und den leiblichen
legitimen Kindern des Adoptivvaters, solange sie
zusammen unter dessen väterlicher Gewalt stehen
(fraternitas legalis). Das Hindernis ist aus
dem römischen Recht ins kanonische übernommen
worden. Da es das römisch-rechtliche Adoptiv-
verhältnis zur Voraussetzung hat, so entsteht es
aus der modernen Annahme an Kindes Statt nur,
wenn diese im wesentlichen dem Begriff der römi-
schen Adoption entspricht; im B.G.B. ist dies der
Fall. Päpstliche Dispens von dem Hindernis ist
möglich. — Nach dem B.G.B. (§ 1311) ist die
Adoptivverwandtschaft bloß aufschiebendes Hin-
dernis, und zwar nur in absteigender Linie und
solange das Rechtsverhältnis besteht; die trotzdem
erfolgte Eheschließung hat die Aufhebung des Ad-
optivverhältnisses zur Folge (§ 1771).
k) Schon in der alten Kirche wurde die bei der
Taufe und bald auch die bei der Firmung zwischen
dem Sakramentsempfänger einer= und dem Spen-
der sowie dem Paten anderseits eintretende Be-
ziehung als geistliche Verwandtschaft
(cognatio spiritualis) aufgefaßt. Sie wurde
nach Analogie der leiblichen Verwandtschaft und
Schwägerschaft konstruiert und als Ehehindernis
aufgestellt zwischen dem Paten oder dem Sakra-
mentsspender und dem Sakramentsempfänger
(paternitas spiritualis), zwischen jenen und den
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