Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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leiblichen Eltern des Sakramentsempfängers (com- 
paternitas spiritualis) und schließlich zwischen 
den leiblichen Kindern jener und dem Sakraments- 
empfänger (fraternitas spiritualis). Vom Tri- 
dentinum wurde es auf die beiden ersten Arten 
reduziert. Gehoben wird es nur durch päpstliche 
(bezüglich der ersten Art) oder bischöfliche (bezüglich 
der zweiten) Dispens. — Dem bürgerlichen Recht 
ist das Hindernis fremd. 
1) Die Religionsverschiedenheit (cul- 
tus disparitas) der Ehegatten versinnbildet so 
wenig die mystische Vereinigung Christi mit seiner 
Kirche, daß diese sie stets mißbilligen mußte. Diese 
Anschauung fand in dem seit der Zeit Gratians 
feststehenden Gewohnheitsrecht ihren Ausdruck, 
das die Ehe zwischen Getauften und Ungetauften 
unter Strafe der Nichtigkeit verbietet. Nur das 
Nichtgetauftsein, nicht bloße Religionslosigkeit des 
einen Kontrahenten begründet dieses Hindernis. 
Es wird beseitigt durch gültigen Empfang der 
Taufe seitens des Ungläubigen. Dispens wird in 
der Regel nur für Missionsländer, sonst nur selten 
(vom Heiligen Offizium) erteilt. — Nach dem deut- 
schen bürgerlichen Recht besteht das Hindernis nicht. 
m) Unter dem Hindernis des Verbrechens 
(impedimentum criminis) versteht das Kirchen- 
recht den qualifizierten Ehebruch und Gattenmord. 
In der alten Kirche zog der Ehebruch zwar öffent- 
liche Buße nach sich und hinderte so während deren 
Dauer die Eheschließung; aber erst nach deren 
Verschwinden wurde er ein trennendes, auch nach 
dem Tod des schuldlosen Ehegatten fortdauerndes 
Hindernis. Nur der vollendete, beiderseits bewußte 
und folgendermaßen qualifizierte Ehebruch ist Ehe- 
nichtigkeitsgrund: 1) in Verbindung mit dem 
gegenseitigen Versprechen der Ehebrecher, nach dem 
Tod des betrogenen Chegatten einander zu ehe- 
lichen; 2) in Verbindung mit der tatsächlichen 
(wenn auch sonstwie nichtigen) Eheschließung der 
Ehebrecher zu Lebzeiten des betrogenen Gatten; 
3) in Verbindung mit der Ermordung des un- 
schuldigen Gatten wenigstens durch einen der Ehe- 
brecher zum Zweck der Eheschließung mit dem 
andern. Zu diesen Hindernissen kam später noch 
der qualifizierte Gattenmord, d. h. die gemein- 
schaftliche Ermordung eines Ehegatten durch den 
andern und eine dritte Person in der Absicht, ein- 
ander zu ehelichen. Das Hindernis kann nur durch 
Dispens gehoben werden, die aber bei einem öffent- 
lichen Hindernis der dritten und vierten Art nie 
gewährt wird; bezüglich der ersten und zweiten 
pflegen ach die Bischöfe Dispensvollmacht zu 
haben. — Das B.G.B. hat das Hindernis anders 
konstruiert. Der Ehebruch schließt die Ehe aus 
zwischen dem Ehebrecher und seinem Mitschuldigen, 
wenn die gebrochene Ehe geschieden und der Ehe- 
Ehe und Eherecht. 
  
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recht als Außerachtlassung der väterlichen Ehe- 
bewilligung trennendes Ehehindernis (impedi- 
mentum raptus). Nach dem gemeinen Kirchenrecht 
der Dekretalen aber, die die Unabhängigkeit der 
Eheschließenden von fremdem Willen betonten, 
machte er nur als Zwang zur Eheschließung (vis 
et metus) die Ehe nichtig, nicht aber bei Ein- 
willigung des Mädchens (Entführung), mochten 
die Eltern auch gegen die Ehe sein. Vom Triden- 
tinum wurde der Raub wieder als selbständiges 
Lindernis ausgestellt, aber in einem andern Sinn. 
anach schließt die gewaltsame Fortführung einer 
Frauensperson zum Zweck der Eheschließung so 
lange eine gültige Ehe zwischen dem Räuber und 
der Geraubten aus, bis diese aus dessen Gewalt 
entlassen und an einem sichern Ort ist. — Das 
B.G.B. kennt das Hindernis des Naubes nicht; 
er könnte nur als Zwang oder als Mangel der 
Einwilligung des gesetzlichen Vertreters oder der 
Eltern in Betracht kommen. 
B. Die aufschiebenden Ehehindernisse. 
Die fünf ersten gehören nur dem Kirchenrecht, alle 
folgenden nur dem bürgerlichen Recht an. Die 
übrigen aufschiebenden Hindernisse des B. G.B. 
sind schon bei den entsprechenden trennenden Hin- 
dernissen des Kirchenrechts (s. oben unter A a, c, 
g, 1) genannt worden. 
a) Das rechtsgültige (also nach dem Dekret 
Ne temere nur noch das formgerecht geschlossene) 
und noch zu Recht bestehende Verlöbnis hindert 
die Ehe eines der Verlobten mit einer dritten 
Person (impedimentum sponsalium). Eine echte 
Verlobungsurkunde begründet die Vermutung für 
den Fortbestand des Verlöbnisses, so daß die 
anderweitige Trauung verweigert werden muß, 
bis der Gegenbeweis erbracht ist oder auch der 
andere Verlobte sich zum Rücktritt bewegen läßt. 
In Zweifelfällen entscheidet der Bischof. Dispen- 
sieren kann dieser von dem Hindernis nicht, da 
er das Recht des Verlobten nicht verletzen darf. 
Das Hindernis fällt also regelmäßig nur durch 
die rechtmäßige Auflösung des Verlöbnisses fort. 
Nur der Papst kann aus einem sehr wichtigen 
Grunde davon befreien. 
b) Dem trennenden Hindernis des feierlichen 
Gelübdes entspricht das verbietende des ein fachen 
Gelübdes. Darunter fallen die Gelübde: 1) der 
vollkommenen Keuschheit (privatim oder in einer 
religiösen Kongregation), 2) des Zölibats, 3) in 
einen Orden zu treten, 4) die heiligen Weihen zu 
empfangen. Das Hindernis erlischt durch Hin- 
fälligwerden des Gelübdes, durch seine Aufhebung 
seitens des rechtmäßigen Gewalthabers und durch 
Dispensation. Diese kann der Bischof erteilen, 
ausgenommen das ewige Gelübde der zweiten und 
das Gelübde der dritten Art, die dem Papst 
bruch im Scheidungsurteil als Scheidungsgrund reserviert sind. 
jestgestellt ist. Von diesem bürgerlichen Hindernis 
kann auch - werden (8§ 1312, 1328). 
n) Der Raub der 
(P) Die Konfessionsverschiedenheit der 
Cheieute widerspricht ähnlich wie die Religions- 
Frau war nach dem verschiedenheit so sehr dem Ideal der Ehe und 
römischen Recht und dem germanischen Kirchen= bringt häufig so erhebliche Nachteile mit sich:
	        
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