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ahndet wird. Die Verleitung zum Falsch-
eid ist gleichfalls Sonderdelikt. Daher begründet
hier die Verleitung zu einer falschen Aussage,
welche die aussagende Person nicht als falsch er-
kennt, nicht (nach den allgemeinen Vorschriften)
mittelbare Täterschaft. 3) Der Eidesbruch,
d. h. die Verletzung eines eidlichen Gelöbnisses,
sofern dieses eine juratorische Kaution (prozessuale
Sicherheitsleistung) oder eine Manifestation be-
trifft. Allerdings kann ein Offenbarungseid nur
ausnahmsweise die Grundlage eines Eidesbruchs
bilden, da er in der Regel kein Versprechen ent-
hält (St. G.B. 88 153 f). Eine mittelbare Reak-
tion der Rechtsordnung gegen Eidesverletzungen
ergibt sich daraus, daß in bürgerlichen Rechts-
streitigkeiten ein rechtskräftig geschlossenes Ver-
fahren, dessen Endurteil auf einem Falscheid be-
ruht, durch Restitutionsklage wieder auf-
genommen wird und daß im Strafprozeß Wie-
deraufnahme des Verfahrens stattfindet, wenn
in dem früheren Verfahren ein Zeugen= oder Gut-
achtermeineid abgelegt wurde (3. P.O. 8 580;
St. P.O. 8§ 399, 402).
Weil die verfassungs= und verwaltungerecht-
lichen Eide meist nicht konstitutiv sind, d. h. keine
spezifischen Pflichten des Schwörenden schaffen,
vielmehr nur ein Akzidens sind, können diese Eide
als solche auch nicht verletzt werden. Sie sind in der
Hauptsache staatsrechtliche Sicherungsmittel auf
ethischer Grundlage. Zivilrechtliche, strafrechtliche
und disziplinäre Folgen werden an Amtshand-
lungen grundsätzlich ohne Rücksicht darauf ge-
knüpft, ob der Diensteid geleistet ist oder nicht.
Voraussetzung ist hierbei, daß nicht der Diensteid
wesentlicher Bestandteil des Anstellungsvertrags
ist. Ob und inwieweit er als solcher zu gelten
hat, ist eine Frage der Gesetzgebungspolitik. Das
Strafgesetzbuch bestraft wegen Amtsvergehen alle
Beamten „ohne Unterschied, ob sie einen Dienst-
eid geleistet haben oder nicht“ (St. G. B. 8 359).
Desgleichen sind die Strafgesetze über Hoch= und
Landesverrat (s. d. Art.) gegen die Verletzung der
staatsbürgerlichen Treuepflicht gerichtet ohne Rück-
sicht auf einen geleisteten Verfassungseid. Eben-
sowenig ist die spezifische Ministerverantwortlichkeit
(Rechenschaft vor dem Parlament zwecks Entlastung
und Ministeranklage) eine Folge des Diensteides.
V. Geschichte. Die Spuren des Eides führen
zurück bis in die älteste Völkergeschichte. In der
alttestamentlichen Offenbarung findet sich der Eid
als ein erprobtes heiliges Rechtsinstitut. Welche
Achtung derselbe bei den Agyptern genoß, zeigt
die Tatsache, daß Meineidige mit dem Tod be-
straft wurden, teils weil sie Verächter der gött-
lichen Majestät seien, teils weil sie das höchste
Band der Wahrheit und Treue unter den Menschen
zerrissen. Von Herodot erfahren wir, bei welch
wichtigen Ereignissen der Schwur von den alten
Sezythen und den Persern angewandt wurde und
welche Kraft ihm innewohnte. Die indischen Ge-
setze des Manu kennen den Eid der Priester und
Eid.
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Krieger, der Kaufleute und Handwerker und
selbst der Knechte. Dem Meineidigen wurde bei
den Indern die rechte Hand abgehauen und
außerdem sollte derselbe gerechte Strafe im andern
Leben zu gewärtigen haben. Die Griechen ver-
wendeten den Eid sehr häufig, insbesondere beim
Abschluß öffentlicher Verträge, bei der Einfüh-
rung von Verfassungsänderungen, bei der Über-
nahme von Staatsämtern und bei den Richtern
(ogl. Göpferl, Der Eid 92 ff). Bei dem römischen
Volk gab es völkerrechtliche Eide bei Abschluß der
foedera durch die Fetialen, dann Eide sowohl
bei Antritt eines Amts als auch am Ende des
Magistratsjahrs dahin lautend, daß die Gesetze
befolgt worden seien, Eide der Senatoren und
Magistrate, auch unliebsame, aber vom Volk zum
Gesetz erhobene Bestimmungen anzunehmen und
aufrechtzuerhalten, einen Bürgereid beim Zensus,
den Soldateneid (sacramentum) u. a. m. Nach
Cäsars Tod wurde der Eid der Senatoren ein-
geführt, die acta principis aufrechterhalten zu
wollen. Das nachklassische Recht scheint auch einen
allgemeinen Untertaneneid gekannt zu haben (vgl.
Mommsen, Nöm. Staatsrecht II 1 11877), 769).
In den auf dem Boden des Römerreichs ge-
gründeten Staaten war die fidelitas eine allge-
meine Königshuldigung. In der späteren Zeit
kam die Gliederung nach besondern Abhängigkeits-
verhältnissen, Ständen und Berufen auch in der
veränderten Eidesverwendung zum Ausdruck. An
die Stelle eines allgemeinen Unterwerfungseides
traten nähere, die einzelnen Rechtskreise begrün-
dende und schützende Versprechen. Das Lehen
(s. d. Art.) war nämlich nicht bloß ein Institut
des Sachenrechts; es beruhte mit seinen wechsel-
seitigen Beziehungen auf der Treue, welche der
Vasall feierlich und eidlich gelobte (dem Herrn
„treu, hold und gewärtig zu sein“). — Als sich,
noch bei blühendem Lehnswesen und später, landes-
fürstliche Gewalten und ihre Rechte der Fürsten-
gewalt gegenüber vertretende Körperschaften und
Landstände herausbildeten, traten die Huldigung
der Stände und das Gelöbnis des Landesherrn (die
sog. Reversalien), die Privilegien der Stände auf-
rechtzuerhalten, in gewissem Sinn das Erbe des
Lehnseides an. Als der absolute Staat die frühere
Lehnsordnung verdrängte, war das Aufkommen
eines allgemeinen Landesbewohnereides der Aus-
druck der Verdrängung der bisherigen stufenweisen
Gesellschaftsgliederung durch den einen Gegen-
satz von Souverän und Untertan. In den Terri-
torien des alten deutschen Reichs erhielten die
Untertanenpflichten eine besondere Bekräftigung
durch den Huldigungseid (homagium plenum s.
universale). Derselbe wurde beim Regierungs-
antritt des Landesherrn von allen Untertanen ge-
leistet, außerdem von den in den Staatsverband
eintretenden Personen bei erfolgter Aufnahme oder
Niederlassung und von den im Staat Geborenen
bei erlangter Volljährigkeit. Einen ähnlichen Eid
forderte man häufig auch von solchen Personen,