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Wagenladungsgüter“, im Teil I, Abt. B des
deutschen Eisenbahngütertarifs zu ersehen; alle
daselbst nicht genannten Güter gehören zur all-
gemeinen Wagenladungsklasse. Im großen und
ganzen kann man sagen, daß Spezialtarif 1 für
Ganzfabrikate, Spezialtarif II für Halbfabrikate
und Spezialtarif III für Rohprodukte gilt.
Der Frachtberechnung nach den Sätzen der
Hauptklassen wird ein Gewicht von mindestens
10 000 kg für jeden verwendeten Wagen, der
Frachtberechnung nach den Sätzen der Nebenklassen
ein Gewicht von mindestens 5000 kg für jeden
verwendeten Wagen zugrunde gelegt, auch wenn
das wirkliche Gewicht weniger als 10 000 bzw.
5000 ka beträgt.
Für Sendungen von weniger als 10 000, aber
mehr als 5000 kg wird die Fracht für das
wirkliche Gewicht nach der Nebenklasse oder für
10 000 kg nach der Hauptklasse für jeden ver-
wendeten Wagen berechnet, je nachdem die eine
oder andere Berechnung eine billigere Fracht ergibt.
Durch den von den Spediteuren eingerichteten
Sammelberkehr ist auch denjenigen, die nur Stück-
güter zu befördern haben, Gelegenheit gegeben,
gegen mäßige Vergütung der Wohltat des billigen
Tarifs teilhaftig zu werden. Die Spediteure
sammeln die Stückgüter und bringen sie dann als
ganze oder halbe Wagenladung zur Versendung.
Die Transportgebühren setzen sich zu-
sammen aus Streckensätzen und Abfertigungsge-
bühren. Die Streckensätze betragen pro 1 tm je
nach der Entfernung für die allgemeine Eilgut-
klasse 22— 12 Pfennig, halb soviel für den Spe-
zialtarif für Eilgüter und die allgemeine Stückgut-
klasse, 8 Pf. für den Spezialtarif für Stückgüter,
6,7 Pf. für die allgemeine Wagenklasse Al, 6 Pf.
für die allgemeine Wagenklasse B, 5 Pf. für Spe-
zialtarif A-, 4,5 Pf. für Spezialtarif I, 3.5 Pf.
für Spezialtarif II, 2,6 Pf. bzw. über 100 km
2,2 Pf. für Spezialtarif III. Die Abfertigungs-
oder Expeditionsgebühren werden für 100 kg in
Pfennigen berechnet und steigen mit der Ent-
fernung. Uber 100 km betragen sie für die all-
gemeine Eilgutklasse 40 Pf., für Spezialtarif für
Eilgüter, Frachtstückgüter und A. 20 Pf., für
B, I, II und III 12 Pf.
Besondere Transportgebühren bestehen für die
Beförderung von Leichen (40 Pf. für das km, bei
Schnellzügen 60 Pf., dazu Abfertigungsgebühr
von 6 M für den Wagen), Fahrzeugen und leben-
den Tieren. Eine Weiterentwicklung des Tarifs
findet unter dem Einfluß der sog. ständigen Tarif-
kommission und des Verkehrsausschusses in der
Weise statt, daß Güter aus den allgemeinen
Wagenladungsklossen in die Spezialtarife bzw.
aus teureren in billigere Spezialtarife versetzt
werden. Es sei hervorgehoben, daß umfangreiche
Deklassifikationen für Holz und Holzwaren im
Interesse der einheimischen Forstwirtschaft statt-
gefunden haben, und daß sämtliche Futtermittel
in den Spezialtarif III versetzt worden sind.
Eisenbahnen.
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Ausnahmetarife,deren wichtigste Staffel-
tarife sind, bestehen für eine große Reihe von
Gütern; in Preußen z. B. für Steinkohlen, Roh-
stoffe, Dungmittel, Eisen und Stahl, Holz usw.,
endlich besondere Seehafenausnahmetarife.
Im großen Durchschnitt ist bei normalspurigen
Eisenbahnen Deutschlands die Einnahme für
1 tkm auf 3,60 Pfennig anzusetzen (s. Sp. 1566).
Über die Frachtentarife Osterreichs vl. Gesch.
der E. der Osterr.-Ungar. Monarchie III 177/272
und (betreffs Ungarns) 435/442. Die Tarife der
österreichischen Bahnen, namentlich der Staats-
bahnen, sind im allgemeinen auf kurze Entfernun-
gen etwas höher, auf weitere Entfernungen dagegen
niedriger als die der Bahnen im Deutschen Reich.
3. Personentarife. Zu Beginn der Ent-
wicklung des Personenverkehrs wurde bezüglich des
Fahrpreises zunächst nur unterschieden zwischen
der Beförderung in einem gedeckten oder in einem
offenen Wagen. Die offenen Personenwagen
mußten aber bald wegen ihrer Gesundheitsschäd-
lichkeit abgeschafft werden. Bei den geschlossenen
Wagen richtete man dann entsprechend den drei
Gesellschaftsklassen drei Klassen ein, wofür als
Fahrpreis in Deutschland ungefähr 3, 5 und 7
Silbergroschen für die Meile erhoben wurden.
Als später, insbesondere nach Gewährung der
Freizügigkeit, auch der Arbeiterstand sich der Be-
nutzung der Eisenbahn zuwandte, führte man für
ihn auf vielen Bahnen Norddeutschlands eine be-
sondere IV. Klasse ein, die ursprünglich äußerst
einfach und ohne Sitzgelegenheit war. Eine solche
„Stehklasse“ hat zeitweise auch bei den badischen
Staatsbahnen und bei der Main-Neckarbahn —
seit ihrer 1846 erfolgten Eröffnung — bestanden
und hatte bei dieser eine Frequenz bis zu 61, 2%%.
Der Personenverkehr nimmt fortgesetzt sehr zu und
hat sich in den letzten 10 Jahren fast verdoppelt;
im Jahr 1905 kamen auf den Kopf der Bevölke-
rung Deutschlands durchschnittlich 20 Reisen gegen
32 in England. Nach Einführung des metrischen
Maßsystems wurden die Preise nach Personen-
kilometer und Pfennigen normiert. Zurzeit be-
tragen in Deutschland die Fahrpreise für ein Per-
sonenkilometer IV. Klasse 2 Pfennig, III. Klasse
(1½ X 2 -) 3 Pf., II. Klasse (1 X 3)
4,5 Pf. und I. Klasse (½ X 4,5 = 6,75 ab-
gerundet auf) 7 Pf. Zu bemerken ist indes, daß
das rechtsrheinische Bayern und Baden keine
IV. Klasse haben, daß sie aber als III b-Klassen
in Personenzügen (nicht in Eil= und Schnellzügen)
eine III. Wagenklasse zu 2 Pf. (graue Karten)
führen. Neben dem gewöhnlichen Fahrpreis wer-
den Schnellzugszuschläge erhoben, und zwar für
1— 5 ku 0.50 X in I. u. II. Kl., 0.25 K in der III. Kl.
76—150 „ 1,00 „ „ „„ 0,505 „ „
über 150 „ 2,00 „ „ „ „ „ 1,00 „„„ „ „
Die Fahrpreise der zusammenstellbaren Fahr-
scheinhefte betragen einschließlich der Zuschläge
für Schnellzugsbenutzung für ein Personenkilo-
meter in der III. Klasse 3,2 Pfennig, in der
II. Klasse 4,8 Pf. und in der I. Klasse 7,3 Pf.