247 Kirchensteuer. 248
für jegliche Vermögensleistung der Kirchenmit= keine Erlaubtheit der Trennung von der Kirche
glieder zur Deckung des kirchlichen Aufwandes. noch eine Möglichkeit der Lösung des Bandes, das
In diesem weiteren und allgemeineren Sinne aber den Katholiken mit der Kirche verknüpft. Aber die
bedeutet Kirchensteuer so viel als freiwilliger Bei-
trag, kirchliches Almosen, freiwillige Oblation oder
Beisteuer. Einer derartigen Leistung fehlt das
Moment des Zwanges, das aber zum Rechts-
begriff der Steuer notwendig gehört. Denn eine
Steuer ist der Pflicht= oder Zwangsbeitrag,
den der Staat oder eine andere öffentlich-recht-
liche Körperschaft zur Befriedigung ihrer Bedürf-
nisse von den ihrer Gewalt unterworfenen Rechts-
subjekten erheben kann.
Daß der Kirche das Recht zusteht, Zwangs-
beiträge oder Steuern von ihren Mitgliedern zu
fordern, ergibt sich aus ihrer Natur als einer
notwendigen und sichtbaren Gesellschaft, gilt als
durch positive Gesetzgebung statuiertes gemeines
Recht, wird von den Kanonisten übereinstimmend
vertreten und durch die kirchliche Praxis doku-
mentiert. Als von Christus gestiftete äußere sicht-
bare Gemeinschaft und als vollkommene Gesell-
schaft mit Gottesdienst, Priestern und Gottes-
häusern bedarf die Kirche materieller Mittel. Zur
Erwerbung, zum Besitz und zur Verwaltung von
Vermögen hat sie ein ursprüngliches, vom Staate
unabhängiges und legitimes Recht. Den Mit-
gliedern der Kirche obliegt die Pflicht, derselben
die zur Erreichung ihres übernatürlichen Zweckes
notwendigen materiellen Mittel zu reichen. Wo
diese nicht oder nicht in hinreichendem Maße frei-
willig dargeboten werden, steht der Kirche das
Recht zu, sie zu fordern, eventuell unter Anwen-
dung von Strafen und Zwangsmittel. Die Be-
rechtigung der Kirche, Zwangsbeiträge oder
Steuern zu erheben, und die Verpflichtung der
Kirchenglieder, solche zu leisten, wird begründet
bald mit der Natur des Gesellschaftsverbandes,
welche fordert, daß diejenigen, welche die Vorteile
der Gemeinschaft genießen, auch für deren Existenz-
mittel und die Kosten ihrer Wirksamkeit auf-
kommen, bald mit der Göttlichkeit, Notwendigkeit
und gottgewollten Fortdauer der Kirche bis zum
Ende der Tage.
Die Pflicht, der Kirche Steuern zu entrich-
ten, wenn sie solche fordert, ist eine rein persönliche.
Sie entsteht und hört auf mit der kirchlichen Mit-
gliedschaft, und ihre Höhe für den einzelnen richtet
sich nach der Größe seines jeweiligen Vermögens.
Solang ein Katholik zur Kirchengemeinschaft ge-
hört, hat er das Recht, die Dienste der Kirche für
sich und die seiner Familiengewalt unterstehenden
Personen in Anspruch zu nehmen und die kirch-
lichen Vorteile zu genießen. Diesem Rechte ent-
spricht aber die persönliche Pflicht, nach seinem
Vermögen und seinen individuellen Verhältnissen
die Kirche mit materiellen Mitteln, sofern sie solche
benötigt oder fordert, zu unterstützen. Mit dem
förmlichen Austritt aus der Kirchengemeinschaft
endigt nach geltendem Rechte diese Verpflichtung.
Zwar kennt das kanonische Recht grundsätzlich
heutige Praxis wendet keinen äußern Zwang mehr
an und sieht von materiellen Verpflichtungen ab-
gefallener Katholiken gewöhnlich ganz ab.
Die Anordnung von Kirchensteuern, die
Fixierung ihrer Höhe, die Bestimmung der Art
ihrer Eintreibung und der Weise ihrer Verwen-
dung steht für die ganze Kirche dem Papste, für
die Diözesen den Bischöfen zu; in den einzelnen
Pfarr= und Filialkirchengemeinden üben dieses
Recht mit oberhirtlicher Zustimmung die gesetz-
lichen Organe der Kirchenvermögensverwaltung
aus. Vom prinzipiellen Standpunkt der Kirche
aus muß dem Staate jede Befugnis abgesprochen
werden, die kirchliche Besteuerung irgendwie un-
günstig zu beeinflussen, zu beaufsichtigen, zu be-
schränken oder zu verbieten. Wie das Besteue-
rungsrecht an sich nach den kirchenrechtlichen
Grundsätzen nicht von einer staatlichen Anerken-
nung abhängig ist und noch weniger erst durch die
staatliche Verleihung existent wird, ebensowenig
bedarf nach den gleichen kanonischen Prinzipien
seine Ausübung einer staatlichen Genehmigung
oder kuratelbehördlichen Beaufsichtigung. Das
Besteuerungsrecht ist im Wesen und in der Be-
stimmung der Kirche begründet, ist ein ihrer Natur
innewohnendes Recht. Als notwendige Folge-
rung hieraus ergibt sich, daß der Kirche der Ge-
brauch dieses Rechts in allen denjenigen Staaten
freistehen muß, woselbst sie als öffentlich-rechtliche
Körperschaft ohne ausdrückliche vermögensrecht-
liche Beschränkung anerkannt oder zugelassen ist.
Nicht immer wurde von der weltlichen Gewalt
diese Konsequenz beachtet. Es finden sich im
Gegenteil die weitgehendsten staatlichen Eingriffe
in das kirchliche Besteuerungsrecht auch in solchen
Staaten, in denen die Kirche durch Verfassungs-
gesetze als öffentlich-rechtliche Korporation an sich
unbeschränkte Anerkennung und Aufnahme ge-
funden hat. Anderseits fehlen auch nicht Fälle, in
welchen die Kirche bereitwilligst die Hilfe des
Staates und seiner Organe bei der Anordnung
und Erhebung von Steuern angenommen hat.
Die Entwicklung des kirchlichen
Steuerrechts setzt in der Zeit des Anfanges
der Kreuzzüge ein. In den ersten christlichen Jahr-
hunderten konnte der kirchliche Vermögensbedarf
gedeckt werden durch die den alttestamentlichen
Vorschriften nachgebildeten Primitien, durch reich-
liche freiwillige Gaben sowie durch Schenkungen
unter Lebenden und von Todes wegen. Hierzu
gesellten sich später die Stolgebühren als freiwillige
Reichnisse zum Unterhalt der Pfarrgeistlichkeit
und seit dem 6. Jahrh. die von kirchlichen und
staatlichen Gesetzen vorgeschriebenen, zumeist an die
Pfarrer entrichteten Zehnten. Letztere werden viel-
sach als die ersten allgemeinen Kirchensteuern be-
trachtet. Soweit die zwangsweise Erhebung der-
selben ins Auge gefaßt wird, von welcher schon