279 Kirchliche Abgaben — Klerus. 280
werden, weil solche coemeteria remota nicht als rechte. Daß an diesen Rechten Besitz und Er-
Pertinenzen des Kirchengebäudes und präsumtives sitzung möglich ist, daß Streitigkeiten über dieselben
Eigentum der Kirche behandelt werden können. in neuerer Zeit der Entscheidung des Zivilrichters
Vielmehr trifft hinsichtlich der Fernkirchhöfe allein unterworfen wurden, steht dieser Auffassung nicht
die Parochianen, die Pfarrgemeinde, die Last der im Wege; sonst müßte man ja auch dem Patronats-
Herstellung und Instandhaltung des Gottesackers. " recht die Natur eines kirchlichen Individualrechts
Diese gemeinrechtlichen Grundsätze betreffend die bestreiten. Wir glauben, daß jene Begräbnis-
Kirchhofsbaulast haben jedoch bloß subsidiäre Be= und Friedhofsordnungen der jüngsten Zeit volle
deutung und sind nur anwendbar, sofern nicht be= Billigung verdienen, welche alle Folgerungen aus
sondere Gesetze oder Gewohnheiten eine andere der angeblichen Privatrechtsnatur des Rechts an
Norm vorschreiben. Regelmäßig wird der Kirchen- den besondern Familiengräbern und -grüften aus-
fabrik die Verpflichtung nur dann auferlegt, wenn drücklich ablehnen und die Entscheidung etwaiger
die für die Grabstellen eingehobenen Gebühren in solche Rechte betreffender Streitigkeiten, unter Aus-
die Kirchenkasse fließen. Ist den Angehörigen schluß des Zivilrechtsweges, den Verwaltungs-
anderer christlicher Bekenntnisse ein Recht der Mit= behörden überweisen, welchen die Aussicht über die
benutzung eingeräumt, so sind dieselben ebenso
wie die katholischen bzw. protestantischen Paro-
chianen zu den entsprechenden Beiträgen und Um-
lagen für die Herstellung und Erhaltung des Fried-
hofes heranzuziehen. Wo jedoch die Angehörigen
des andern Bekenntnisses noch dem Pfarrzwang
unterworfen sind, oder wo die Beitragepflicht
partikularrechtlich allen Grundeigentümern ohne
Unterschied des Bekenntnisses auferlegt ist, können
Angehörige anderer Bekenntnisse zu Beiträgen für
die Erhaltung eines Konfessionskirchhofes selbst
dann herangezogen werden, wenn ihnen kein Recht
der Mitbenutzung zusteht.
Das Erträgnie des Kirchhofes fällt von
Rechts wegen grundsätzlich dem Kirchhofseigen-
tümer zu; eine Ausnahme hiervon ist nur dann
begründet, wenn eine besondere gesetzliche Anord-
nung (val. z. B. preuß. Allgem. Landrecht TI II,
Tit. 11, 88 667, 819, 820) dritten Personen ein
Nutzungsrecht zuspricht oder der Eigentümer selbst
einem Dritten das Nutzungsrecht überlassen hat.
Daher ist regelmäßig der Kirchhofseigentümer
sowohl zur Verwertung des Baum= und Gras-
nutzens wie zum Bezuge der Gebühren für die
Benutzung der Grabstellen berechtigt. Werden
Grabstellen vom Kirchhofseigentümer zu dauern-
der Benutzung überlassen, welche über die Zeit des
sog. Gräberturnus hinaus aufrecht bleiben soll, so
erlangen die Erwerber solcher „Familien-oder
Erbbegräbnisse“, besonderer oder „nreser-
vierter Gräber“ (häufig — schon bei Glück, Er-
läuterung der Pandekten XI 400 — mißbräuch-
licherweise „eigene“ Gräber genannt) nicht das
Friedhofsverwaltung zusteht.
Literatur. Aichner, Das kirchl. Begräbnis u. die
Chömeterien, im Archiv für kath. Kirchenrecht 1 25fff
80 ff; F. J. Moulart, De sepultura et coemete-
rüs dissert. histor.-iurid. (#wen 1862); Gar-
basso, Del diritto di sepolcro etc. (Casale 1894);
Pranzataro, Hdiritto disepolcroetc.(Turin 1895);
Alb. Borstorff, Die Pflicht der Unterhaltung der
= K. nach gemeinem kath. u. protest. Kirchenrecht usw.,
in der Zeitschrift für Kirchenrecht XXI 258 ff uRn
XXII 127 f; Chr. Meurer, Der Begriff u. Eigen-
tümer der heiligen Sachen 1 (1885) 208 ff; II 18 ff;
v. Wittken, Die Rechtsverhältnisse der K., ein-
schließlich der erblichen Familienbegräbnisse, in den
Beiträgen zur Erläuterung des deutschen Rechts,
3. Folge, Jahrg. VI (1882) 662 ff; L. Ruland,
Die Gesch. der kirchl. Leichenfeier (1900); W. H.
Meunier, Das kirchl. Begräbniswesen, mit be-
sonderer Berücksichtigung d. Erzdiözese Köln (1900);
F. Hawelka, Studien zum österr. Friedhofsrecht,
in den Wiener Staatswissenschaftl. Studien VI
(1904) 1.
Aus den Gebieten des französischen Rechts: J.
Mooren, über Eigentum u. Benutzung der K. auf
dem preuß. Gebiete des linken Rheinufers (1857);
Bauerband im Archiv für kath. Kirchenrecht IX
279f; XVI 447 ff; XVII 94 fs, 353 ff; J. J. Hir-
schel, Das Eigentum an den kath. Kirchen nebst
Zugehörungen nach der französischen Gesetzgebung
(1867; s. auch Archiv für kath. Kirchenrecht XXXII.
3 ff); Meurer, Der Begriff u. Eigentümer der hei-
ligen Sachen II (1885) 326 ff, 408 ff; Moulart,
De sepultura et coemeterüs dissert. histor.-iurid.
(Löwen 1862) 295 ff; Leon Roux, Le droit en
matière de sepulture etc. (1875). (Singer.])
Kirchliche Abgaben (f. Kirchensteuer,
Eigentum des Grabplatzes, welches vielmehr dem Zehnt
Kirchhofseigentümer verbleibt. Dem Erwerber
und seinen Rechtsnachfolgern steht nur das Recht
zu, den Grabplatz als Begräbnisstätte jener Per-
sonen zu benutzen, deren Beisetzung auf dem Grab-
platz nach den Vereinbarungen bei der Bestellung
des Rechts bzw. nach den lokalen Ordnungen und
dem Herkommen gestattet ist. Die herrschende
Lehre erklärt das Recht an solchen reservierten
Gräbern, Familiengrüften usw. für ein „privates
ehnt.
Kirchliche Gemeinde s. Gemeinde (Bd II,
Sp. 457 fl. 1
Kirchliche Statistik s. Religionsstatistik.
Klerus. [Klerus und Laien; die Aufnahme
in den Klerikalstand; der Klerus als Träger der
Kirchengewalt (potestas ordinis et iurisdictio-
nis); die Standespflichten und die Standesvor-
kechte des Klerus.)]
I. Klerus und LTaien. 1. Begriff. Jesus
Gebrauchsrecht". In Wahrheit handelt es sich Christus hat seine Kirche als eine Gesellschaft mit
hier vielmehr um öffentlich-rechtliche bzw. bei kon= lehrenden, befehlenden, regierenden Gliedern einer-
fessionellen Friedhöfen um kirchliche Individual= seits und lernenden, gehorchenden, regierten ander-