Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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seits gegründet (societas inaequalis). Dem- 
gemäß reden die kirchlichen Rechtsquellen konstant 
von einem kraft göttlichen Rechts unterschiedenen 
Laien= und Klerikalstande (status ecclesiasticus 
Ccommunis und specialis; vgl. c. 7, C. XlI, 
d. 1: Duo sunt genera christianorum: cle- 
rici-laici; Konzil von Trient: Sess. XXIV, 
. 4). Zutreffend schreibt v. Schulte (Die Lehre 
von den Quellen des kath. Kirchenrechts (1860!] 
7): „Die Kirche hat . eine feste Ordnung; in 
ihr ist ein Fundamentalunterschied zwischen Hier- 
archie (lehrende, leitende), Stand des Klerus, und 
Laienstand (hörende, gehorchende Kirche); jener 
ist hauptsächlich angeordnet, um die Gnadenmittel 
zu bereiten und zu spenden, und hat deshalb ge- 
wisse ausschließliche Befugnisse.“ Und an einer 
andern Stelle (S. 451) sagt er: „Wer Katholik 
sein will, kann keine Kirche wollen, die nicht durch 
den Klerus regiert werde.“ 
Als Laien (vom griech, J##s; vgl. Justins 
Dialog. c. Tryph. c. 123; Clemens Rom., Epist. 
1, 40) bezeichnet man die getauften Gläubigen, 
welche zwar hinsichklich des Gebrauches der kirch- 
lichen Gnadenmittel (besonders der Sakramente) 
bestimmte Rechte und entsprechende Pflichten 
haben, jedoch des Rechts der Teilnahme an der 
Kirchengewalt (potestas ecclesiastica) durchaus 
entbehren. Die geringen Abweichungen von dieser 
Regel bestehen nur infolge besonderer kirchlicher 
Einräumung (z. B. die auch Laienlehrern vielfach 
erteilte Erlaubnis zur Erteilung des Religions- 
unterrichtes (missio canonical und das gemein- 
rechtlich anerkannte Patronatsrecht). In Ablehnung 
eines von den Gnostikern, Montanisten, Katharern, 
Reformatoren u. a. ausschließlich zugegebenen all- 
gemeinen Priestertums (val. die irrtümlich gedeu- 
tete Stelle 1 Petr. 2, 5. 9) kennt das kirchliche 
Recht nur den Klerus als Träger der Kirchen- 
gewalt. 
Die Bezeichnung Klerus leitet sich von dem 
griech. Osso her, welches Wort zunächst so- 
viel als Los, dann durch Losung zugefallener An- 
teil an einer gemeinsamen Sache, Erbteil, schließ- 
lich Eigentum oder Besitztum überhaupt bedeutet 
(ogl. Schleußner, Lexicon graeco-lat. in N. T. 
v. U'#so). Der Gebrauch des Wortes Klerus er- 
klärt sich nichtetwa — wie u. a. Augustinus (Enarr. 
in Psalm. 67, n. 19) und Isidor von Sevilla 
(ogl. c. 1, D. 21) glaubten — als Reminiszenz 
an die durch das Los erfolgte Wahl des hl. Mat- 
thias zum Apostel (Apg. 1, 26). Auf die richtige 
Deutung führen vielmehr die in der Heiligen 
Schrift dem Worte Klerus beigegebenen näheren 
Bestimmungen: „Kirchendienst“ (bgl. Apg. 1, 17: 
6 M#ipog risg 3tuoviac)h bzw. „Gott“ (ogl. 4 Mos. 
8, 20: Ego pars et hereditas tua). Demnach 
ist der dem Klerus Angehörige, der Kleriker, je- 
mand, der den Kirchendienst bzw. Gott selbst zum 
Anteil hat. Obschon alle Glieder der Kirche, ja 
alle Menschen überhaupt Gott angehören (ogl. 
Pf. 23, 1; 5 Mos. 6, 13; 10, 20; Matth. 4, 10; 
Klerus. 
  
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Röm. 1, 25), muß dies doch bei den Klerikern in 
ganz vorzüglicher Weise der Fall sein, indem sie 
einerseits den Dienst Gottes sich zur ausschließ- 
lichen Lebensaufgabe gewählt haben und ander- 
seits bei Gott ein Gegenstand seiner besondern 
Gnade und Fürsorge, sein besonderes Eigentum 
geworden sind nach Art des alttestamentlichen Levi, 
der kraft göttlicher Anordnung nicht, wie die 
übrigen Stämme des Volkes Israel, einen Teil 
des Landes Kanaan zum Besitztum erhielt, sondern 
in seinen männlichen Angehörigen als Priestern 
und deren Dienern (Leviten) ausschließlich zur 
Verrichtung des Gottesdienstes bei der Stiftshütte 
bestimmt wurde und zu seinem Lebensunterhalte 
von den übrigen Stämmen Israels den Zehnt 
und andere Abgaben erhielt (ugl. 4 Mos. 18, 20 
bis 23; 5 Mos. 18, 1 ff; Joh. 13, 33). Solcher 
Auffassung entspricht die Etymologie des hl. Hie- 
ronymus: Igitur Clericus, qdui Christi servit 
ecclesiae, interpretatur primo vocabulum 
suum et nominis definitione prolata nitatur 
esse, duod dicitur. Si enim Miipos gracce, 
„sors“ latine appellatur: propterea vocantur 
clerici, vel quia de sorte sunt Domini, vel 
qduia Dominus sors, id est pars, clericorum 
est. Qui autem vel ipse pars Domini est vel 
Dominum partem habet, talem se exhibere 
debet, ut et ipse possideat Dominum et pos- 
sideatur a Domino. Als ziemlich gleichbedeutend 
mit Klerus, Kleriker können die besonders in der 
deutschen und slawischen Sprache üblichen Be- 
zeichnungen „geistlicher Stand“, „Geistlicher" 
gelten. Diese Namen erinnern an des Geistlichen 
hohen Beruf, das Seelenheil der ihm unterstellten 
Gläubigen nach Kräften zu fördern und sich einer 
„pneumatischen“ Gesinnung zu befleißigen, die im 
Gegensatz zum Welt= und Fleischessinne steht. 
Der Ordensstand (status regularis) ist 
den beiden Ständen des Klerus und der Laien 
nicht als ein dritter Stand in der Kirche koordi- 
niert. Die Ordenspersonen (religiosi, regulares, 
moniales) gehören, soweit sie nicht etwa zugleich 
Kleriker sind, dem Laienstande an. Indes werden 
sie alle (auch die weiblichen) in Rücksicht auf ihren 
erhabenen Beruf von der Kirche vor den übrigen 
Laien bevorzugt, und insbesondere erfreuen sie sich 
einzelner Vorrechte oder Privilegien des klerikalen 
Standes (z. B. des privilegium fori und cano- 
nis). Sämtliche Angehörige der Orden und ordens- 
ähnlichen Kongregationen gehören sonach in ge- 
wisser Beziehung auch zum Klerus, wenn man das 
Wort in einem weiteren Sinne faßt. 
2. Die Aufnahme in den Klerikal- 
stand. Sie ist nur männlichen Personen möglich 
(1 Kor. 14, 34) und geschah ursprünglich durch 
die Ordination für eine bestimmte Kirche. Heute 
erfolgt sie dagegen durch eine die Aussonderung 
aus dem Laienstande bewirkende Zeremonie, näm- 
lich durch den Empfang der Tonsur. Die Tonsur 
hat keinen Weihecharakter und teilt keinerlei 
Kirchengewalt mit, gliedert auch nicht in die
	        
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