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einseitig von der Bergbehörde geschlossen worden.
Ebenso kann es mit oder wider seinen Willen von
der Bergbehörde in ein Bergbaufeld umgewandelt
werden. Damit erlangt der Schürfer das Berg-
werkseigentum, das für ihn eine binnen gewisser
Frist zu erfüllende Betriebseröffnungspflicht zur
Folge hat. Kommt er dieser Pflicht nicht nach,
so kann sein Bergwerkseigentum von der Berg-
behörde wieder aufgehoben werden. Im übrigen
ist natürlich auch das Bergwerkseigentum ein ver-
erbliches und veräußerliches Recht und kann auch
einseitig durch Verzicht aufgegeben werden.
Für die Farbigen hat das im vorigen dar-
gestellte Recht, insbesondere der Grundsatz der
Schürf= und Bergbaufreiheit, keine Geltung. Sie
können das Recht, die der Schürf= und Bergbau-
freiheit unterworfenen und damit vom Verfügungs-
rechte des Grundeigentümers ausgeschlossenen
Mineralien aufzusuchen, nur so erlangen, daß es
ihnen vom Reichskanzler oder mit seiner Geneh-
migung vom Gouverneur besonders verliehen wird.
Doch sind sie, außer in Südwestafrika, überall in
Afrika und der Südsee am subjektiven Bergrecht
ohne weiteres insofern beteiligt, als ihnen ermög-
licht ist, die Gewinnung von Eisen, Kupfer,
Graphit und Salz für eigene Rechnung im Tag-
bau zu betreiben. Insoweit ist die Schürf= und
Bergbaufreiheit der Weißen außer Kraft gesetzt.
Doch kann sie durch den Reichskanzler oder mit
seiner Zustimmung durch den Gouverneur wieder
für anwendbar erklärt werden.
Der Fiskus kann zunächst gerade, wie die pri-
vaten Weißen, nach dem Grundsatz der Schürf-
und Bergbaufreiheit subjektive Bergrechte erwer-
ben. Außerdem sind ihm in gewissen Gebieten
ausschließliche Sonderberechtigungen vorbehalten.
Schließlich erhebt er vom Schürfer, der ein Schürf-
feld belegt hat, eine Schürfgebühr sowie vom
Bergwerkseigentümer eine Feldessteuer und eine
Förderungsabgabe.
Von der Förderungsabgabe erhält in Südwest-
afrika unter Umständen auch der Grundstückseigen-
tümer einen Teil. Im übrigen sind die Pflichten
und Rechte des Grundstückseigentümers oder son-
stiger Bodenberechtigten gegenüber Schürfern und
Bergbautreibenden im wesentlichen wie in Preußen
gestaltet. In besonderer Weise wird auf den
Grundeigentümer Rücksicht genommen, wenn er ein
Eingeborner ist. Der Bezirksamtmann hat näm-
lich zu bestimmen, inwieweit das Schürfen auf
Eingebornenland zulässig ist.
Für den die subjektiven Bergrechte betreffenden
privaten Rechtsverkehr, namentlich für ihre Ver-
äußerung und Belastung ist die Einrichtung eines
besondern Berggrundbuches angeordnet.
Ein grundsätzlich anderes Bergrecht hat Kiau-
tschou. Hier gilt nicht Schürf= und Bergbaufrei-
heit, sondern das Bergregal. Das subjektive
Bergrecht steht hier also ausschließlich dem Fiskus
zu, was in dem besondern Charakter dieser Kolonie
seinen Grund hat.
Kolonisation, innere.
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Aus Staatsrecht, Verwaltungsrecht, Weißen-
rechtspflege, Farbigenrechtspflege und Bodenrecht
bestehend, ist somit das Kolonialrecht ein unge-
heures Rechtsgebiet, umfassender eigentlich als
jede andere Rechtsdisziplin, interessant für die Er-
kenntnis, hochbedeutsam für die deutsche Rechts-
entwicklung, in hervorragendem Maße national.
Um so weniger ist es zu verstehen, daß an den
meisten deutschen Hochschulen dem Kolonialrecht
noch die offizielle Pflegestätte fehlt.
Literatur. Quellen: Publikationsorgane für
die Quellen des K.s sind das Reichsgesetzblatt, der
Reichsanzeiger, das Deutsche Kolonialblatt, das
Verordnungsblatt für das Kiautschougebiet u. in
verschiedenen Kolonien amtliche Anzeiger. Beson-
ders publizierte Quellen sind die Reichshaushalts-
etats u. die Etats der Schutzgebiete nebst den amt-
lichen Denkschriften über die Entwicklung der
Schutzgebiete.
Quellensammlungen: Die deutsche Kolo-
nialgesetzgebung (seit 1893, 11 Bde); das Schutz-
gebietsgesetz nebst seinen Ergänzungsgesetzen usw.,
zum Handgebrauch zusammengestellt im Reichs-
marineamt (1901); Deutsche Kolonialgesetzgebung,
hrsg. von Zorn (1901).
Literatur: v. Stengel, Die Rechtsverhält-
nisse der deutschen Schutzgebiete (1901); Gareis,
Deutsches K. (1902); Köbner, Deutsches K., in
Kohlers Enzyklopädie der Rechtswissenschaft II
(1904) 1077ff; v. Hoffmann, Deutsches K. (1907);
Naendrup, Entwicklung u. Ziele des K.S8 (1907);
Höpfner, Das Schutzgebietsgesetz (1907); v. Hoff-
mann, Verwaltungs= u. Gerichtsverfassung der
deutschen Schutzgebiete (1908); Sieglin, Die ko-
loniale Rechtspflege (1908); Weber, Die koloniale
Finanzverwaltung (1909). (Die beiden letztgenann-
ten Schriften bilden Heft 1 u. 2 der von Naendrup
herausgegebenen kolonialrechtl. Abhandlungen.)
Bezüglich weiterer Literatur wird auf die zitierten
Werke verwiesen. Wertvolle kurze Referate über
die neuere kolonialrechtl. Literatur bietet Giese in
zwei systematisch angelegten Aufsätzen, die unter
dem Titel „Die Fortschritte der deutschen Kolo-
nialrechtsliteratur im Jahre 1905“ bzw. „in den
Jahren 1906/08“ in der Zeitschrift für Kolonial-
politik, Kolonialrecht u. Kolonialwirtschaft 1907,
164 ff, bzw. 1909, 504 ff erschienen sind.
[Naendrup.])
Kolonisation, innere. I. Begriff;
Geschichtliches. Unter innerer Kolonisation ver-
steht man die planmäßige Begründung neuer An-
siedlungen im Heimatsbereich eines Volkes. Man
rechnet also nicht dazu die planmäßige Besied-
lung eines Nachbarstaates durch ein eroberndes
oder seine Machtsphäre ausdehnendes Volk. So
kann z. B. die Erschließung Sibiriens durch Be-
gründung neuer russischer Siedlungen nicht als
ein Akt der innern Kolonisation bezeichnet werden,
jedoch ist die Tätigkeit der Bauernbank in Ruß-
land als innere Kolonisationsarbeit anzusehen.
Ebenso ist die Schaffung von Heimstätten in den
Vereinigten Staaten Amerikas eine innere Sied-
lungstätigkeit. Zweck der innern Kolonisation
ist entweder der Ausbau, die Aufschließung des
Landes und die Nutzbarmachung der heimischen