Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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entsprechende Anwendung. Das Konkursgericht 
ist zur Anordnung der zur Aufklärung erforder- 
lichen Ermittlungen befugt; dagegen wird dem- 
selben auf die Verwaltung der Masse ein Einfluß 
nur noch in wenigen Punkten zugestanden. b) Der 
Konkursverwalter wird vom Gericht ernannt; 
jedoch können die Konkursgläubiger in der ersten 
Generalversammlung statt des ernannten einen 
andern wählen. Der Konkursverwalter steht unter 
Aufsicht des Gerichts. Er ist für die Erfüllung 
der ihm obliegenden Pflichten, welche in der 
Sammlung, Verwaltung und Verwertung der 
Masse bestehen, allen Beteiligten verantwortlich, 
hat Anspruch auf Erstattung barer Auslagen so- 
wie auf Vergütung für seine Geschäftsführung 
und ist verpflichtet, bei Beendigung seines Amtes 
einer Gläubigerversammlung Schlußrechnung zu 
legen. c) Ein Gläubigerausschuß kann provi- 
sorisch durch das Gericht bestellt, definitiv durch 
die Generalversammlung gewählt werden, um auf 
Grund eines widerruflichen Mandatsverhältnisses 
in Wahrung der Interessen der Konkursgläubiger 
den Verwalter bei seiner Geschäftsführung zu 
unterstützen und zu überwachen, insbesondere auch 
den Geschäftsgang zu kontrollieren und die Kasse zu 
revidieren. d) Die Gläubigerversammlung wird 
mittels öffentlicher Bekanntmachung durch das 
Konkursgericht berufen und findet unter dessen 
Leitung statt. Die Beschlüsse der Gläubiger- 
versammlung, welche nur bestimmte, allen Gläu- 
bigern gemeinsame Angelegenheiten, insbesondere 
die Genehmigung wichtigerer Maßregeln der 
Masseverwaltung, zum Gegenstande haben, wer- 
den als Regel mit absoluter, nach den Forderungs- 
beträgen zu berechnender Stimmenmehrheit gefaßt 
und binden die nicht erschienenen Gläubiger. Das 
Gericht hat die Ausführung eines Beschlusses der 
Gläubigerversammlung auf Antrag des Verwalters 
oder eines überstimmten Gläubigers zu untersagen, 
wenn der Beschluß dem gemeinsamen Interesse 
der Konkursgläubiger widerspricht, e) Der Ge- 
meinschuldner ist zur Auskunftserteilung über alle 
das Verfahren betreffenden Verhältnisse und even- 
tuell zur Leistung des Offenbarungseides ver- 
pflichtet. Er darf sich von seinem Wohnort nur 
mit Erlaubnis des Gerichtes entfernen und kann 
auf dessen Anordnung im Falle der Pflichtverletzung 
sowie behufs Sicherung der Masse zwangsweise 
vorgeführt und in Haft genommen werden. 
In dem Konkursverfahren sind folgende Ab- 
schnitte zu unterscheiden: a) das Eröffnungs- 
verfahren. Die Eröffnung des Konkursver- 
fahrens setzt die Zahlungsunfähigkeit des Gemein- 
schuldners voraus (welche insbesondere bei er- 
folgter Zahlungseinstellung anzunehmen ist) und 
kann nur auf Antrag des letzteren oder eines Kon- 
kursgläubigers eintreten. In ersterem Falle hat 
der Gemeinschuldner ein Verzeichnis der Gläubiger 
und Schuldner sowie eine Ubersicht der Vermögens- 
masse einzureichen. Im zweiten Falle hat nach 
erfolgter Glaubhaftmachung der Forderung des 
Konkursrecht. 
  
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Gläubigers und der Zahlungsunfähigkeit des 
Schuldners das Gericht den letzteren zu hören, 
eventuell die erforderlichen Ermittlungen anzu- 
ordnen; dasselbe kann ferner alle zur Sicherung 
der Masse dienenden einstweiligen Anordnungen 
treffen, insbesondereein allgemeines Veräußerungs- 
verbot an den Schuldner erlassen. Die Abweisung 
des Eröffnungsantrags kann erfolgen, wenn eine 
den Kosten des Verfahrens entsprechende Konkurs-= 
masse nicht vorhanden ist. Gleichzeitig mit Erlaß 
des Eröffnungsbeschlusses ernennt das Gericht den 
Konkursverwalter, verordnet einen (nicht über einen 
Monat hinauszusetzenden) Termin zur Beschluß- 
fassung über die Wahl eines andern Vexwalters 
sowie über die Bestellung eines Gläubigeraus- 
schusses, erläßt den offenen Arrest in betreff der 
dem Gemeinschuldner schuldigen Zahlungen und 
Leistungen und bestimmt die Anmeldefrist und 
den allgemeinen Prüfungstermin. Eröffnungs= 
beschluß, offener Arrest, Anmeldefrist und Termin 
sind durch den Gerichtschreiber sofort öffentlich 
bekannt zu machen; außerdem erfolgt an die be- 
kannten Gläubiger und Schuldner des Gemein- 
schuldners besondere Zustellung. 
b) Behufs Feststellung der Teilungsmasse 
hat der Verwalter das gesamte, zur Konkursmasse 
gehörige Vermögen sofort in Besitz und Verwal- 
tung zu nehmen und zu verwerten. Die einzelnen 
zur Konkursmasse gehörigen Gegenstände sind 
aufzuzeichnen, demnächst Inventar und Bilanz 
anzufertigen und Abschriften derselben auf der 
Gerichtschreiberei zur Einsicht der Beteiligten 
niederzulegen. Der Verwalter kann vom Gemein- 
schuldner die Leistung des Offenbarungseides ver- 
langen. In der ersten Gläubigerversammlung hat 
derselbe über die Entstehung der Zahlungsunfähig- 
keit des Gemeinschuldners, über die Lage der 
Sache und über die bisher ergriffenen Maßregeln 
zu berichten. Die Gläubigerversammlung beschließt 
über die Bewilligung einer Unterstützung an den 
Gemeinschuldner und dessen Familie, über Schlie- 
ßung oder Fortführung des Geschäftes sowie über 
Hinterlegung oder Anlage der Gelder, Wertpapiere 
und Kostbarkeiten, endlich über die Art und Zeit 
der Berichterstattung und Rechnungslegung seitens 
des Verwalters. Bei gewissen wichtigeren Ver- 
fügungen soll nicht lediglich das Ermessen des 
Verwalters entscheiden, sondern derselbe gehalten 
sein, die Genehmigung des Gläubigerausschusses 
bzw. der Gläubigerversammlung einzuholen und 
dem Gemeinschuldner von der beabsichtigten Maß- 
regel Mitteilung zu machen. 
JO0) Die Feststellung der Schuldenmasse 
wird durch die Anmeldung und Prüfung der 
Konkursforderungen bewirkt. Die Anmeldung 
muß Betrag und Grund der Forderung und des 
beanspruchten Vorrechts enthalten; sie ist entweder 
bei Gericht schriftlich einzureichen oder zum Proto- 
koll des Gerichtschreibers anzubringen unter Bei- 
fügung der urkundlichen Beweisstücke. Sämtliche 
Anmeldungen, welche der Gerichtschreiber sofort
	        
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