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Bornhak, Die weltgeschichtl. Entwicklung des
K., in der Internat. Wochenschrift für Wissenschaft,
Kunst u. Technik 1908, 427 ff; Bucher, Der Par-
lamentarismus wie er ist (1855); Grey, Die par-
lamentar. Regierungsform (aus dem Englischen
übersetzt von Graf Leo Thun, 1863); Loening, Die
Repräsentativverfassung im 19. Jahrh. (Rede,
1899); Graf v. Pfeil-Burghauß, Das Wesen des
modernen K. u. seine Konsequenzen (1890); Richter,
Die rechtl. Natur der modernen Volksvertretung
(1893); Wesen u. Unwesen des modernen K., seine
Untauglichkeit für Preußen (1852, anonym).
Bolzani, Die Verantwortlichkeit der preuß. Mi-
nister u. ihre prakt. Geltendmachung (1909); Hat-
schek, Das Interpellationsrecht im Rahmen der
modernen Ministerverantwortlichkeit (1909); Jel-
linek, Verfassungsänderung u. Verfassungswand-
lung (1906); Rosegger, Petitionen, Bitten u. Be-
schwerden usw. (1908).
Pölitz, Die europäischen Verfassungen seit dem
Jahre 1789 bis auf die neueste Zeit (3 Bde, 1832
bis 1833); Stoerk, Handbuch der deutschen Ver-
fassungen (1884); Dareste, Les constitutions mo-
dernes (Par. 1891).
Chauffron, La Chambre des députés Ssous la
Restauration etc. (Par. 1908); B. Constant,
Cours de Politique constitutionelle (21833); ders.,
Betrachtungen über Konstitutionen, über Ver-
teilung der Gewalten u. die Bürgschaften in einer
konstitutionellen Monarchie (übersetzt von Stolz,
1814); John Stuart Mill, Betrachtungen über
Repräsentativ-Regierung (übersetzt von Eduard
Wessel, 1873); Sismonde de Sismondi, For-
schungen über die Verfassungen der freien Völker
(übersetzt von Schäfer, 1837). [Wellstein.)
Konsuln. I. Entwicklung des Konsular-
wesens. Das Konsularwesen läßt sich nicht in
Zusammenhang mit Einrichtungen der Staaten
des klassischen Altertums bringen, sondern geht in
seinen Anfängen auf folgende zwei Institute zurück.
1. Die infolge der Kreuzzüge von den großen
Handelsstädten Italiens, später auch Frankreichs
und Spaniens in Syrien, Palästina und Agypten
gegründeten Handelsniederlassungen machten ein
richterliches Organ für die Entscheidung von
Handelsstreitigkeiten der Angehörigen derselben
Heimatsstadt unter sich und mit den Fremden,
wie auch überhaupt zum Schutze des Handels und
der Handels= und Schiffahrtsprivilegien gegenüber
den Ortsbehörden erforderlich. In den Handels-
städten des südlichen Europas gab es bereits früher
derartige von den Kaufleuten gewählte Vorsteher
mit richterlicher und polizeilicher Gewalt, con-
sules, consuls des marchands, juges-mar-
chands genannt. In gleicher Weise wird nun
auch in den neuen Niederlassungen im Orient die
Wahrnehmung der gemeinsamen Handelsinteressen
derartigen Organen (consules ultramarmi, con-
suls d'outre-mer oder à T’étranger, rectores,
bailones, baiuli) anvertraut. Ihre Entschei-
dungen fällen sie gemäß dem herrschenden Persona-
litätsprinzip nach heimischem Rechte.
Als dann seit Mitte des 14. Jahrh. der Norden
Europas sich mehr und mehr dem Handel er-
Konsuln.
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schließt, werden auch in den rasch aufblühenden
Niederlassungen an der Nord= und Ostsee seitens
der italienischen, französischen, spanischen und be-
sonders der hanseatischen Städte ähnliche Funktio-
näre bestellt. Die Hansestädte haben ihren „Alder-
mann“, England seinen „Kourtmaster“, Holland
seinen „Konservador“, andere ihre Konsuln, Pro-
tektoren, Gouverneurs usw. Die Befugnisse dieser
Organe sind die gleichen wie die der consules.
Maßgebend sind auch hier heimischer Brauch und
heimisches Recht.
Sobald sich aber seit Ende des 15. Jahrh. und
besonders nach dem Westfälischen Frieden die ein-
zelnen europäischen Territorien zu geschlossenen
und einheitlichen Staaten umformten, die Staats-
gewalt alle auf ihrem Gebiete befindlichen Per-
sonen dem eignen Landesrecht unterwarf, war mit
diesem Territorialprinzip das bisherige Personal=
system unvereinbar, konnte eine Gerichtsbarkeit
fremder Konsuln, selbst nur in Handelsstreitig-
keiten, nicht mehr geduldet werden. Bot ja doch
auch das verbesserte Gerichtswesen den fremden
Kaufleuten jetzt größere Sicherheit für eine un-
parteiische Rechtspflege als vordem. So schied
denn im Okzident aus der Kompetenz der Konfuln
die Gerichtsbarkeit in Handelsstreitigkeiten aus.
Schutz der Handelzsinteressen ihrer Landsleute,
deren Vertretung vor den Landesbehörden, rein
schiedsrichterliche Tätigkeit und gewisse Befugnisse
der Handels- und Schiffahrtspolizei waren die
Aufgaben, auf welche sich nunmehr die Konsuln
beschränkt sahen. Dazu kam aber noch ein weiteres.
Waren die Konsuln aus ursprünglich gewählten
Vertretern ihrer handeltreibenden Landsleute all-
mählich zu offiziellen Repräsentanten ihres Staates
geworden, so mußte ihre Bedeutung und ihr Ein-
fluß noch mehr gemindert werden, als seit Mitte
des 17. Jahrh. allgemein ständige Gesandtschaften
eingeführt wurden.
2. Eine gänzlich andere Entwicklung nahm das
Konsularwesen im Orient. Nachdem die von den
Kreuzfahrern besetzten Gebiete definitiv unter die
Herrschaft des Islam gekommen waren, erlangten
nach und nach die dortigen Konsuln eine Stellung,
welche die ihrer Vorgänger oder ihrer Amtsgenossen
im Okzident weitaus überragen sollte. Um die
Interessen der christlichen Handelsniederlassungen
sicher zu stellen, schlossen die westeuropäischen
Mächte mit der mohammedanischen Staatsgewalt
besondere Verträge, „Kapitulationen“ ab, kraft
deren eigne Organe, Konsularrichter, zur
Pflege und Handhabung des nationalen Rechts
der Handeltreibenden bestellt wurden. War somit
auch zunächst ihre auf die Wahrung der Handels-
interessen beschränkte Kompetenz nicht weiter be-
messen als die ihrer Vorgänger, der consules
ultramarini, so steigerte sich dieselbe im Laufe
der Zeit doch in dem Maße, daß ihnen über die
Jurisdiktion in Handelsstreitigkeiten hinaus die
Ausübung der gesamten Zivil= und Strafgerichts-
barkeit und die volle Polizeigewalt über ihre